Martin Schulz: Freund oder Gegner des Veganismus?
Ausgerechnet auf der Internetseite der Fleischwirtschaft liest man dann doch etwas vom SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz zum Thema Tierschutz:
Es gehe darum, „auf lokaler Ebene für eine nachhaltige Landwirtschaft mit gesunden Lebensmitteln zu sorgen und den Landschafts- und den Tierschutz endlich ernst zu nehmen“.
Seine Essenswahl lässt jedoch wenig Zweifel, in welche Richtung dies gehen würde:
Zum Lunch mit der Wochenendausgabe der Financial Times wählte Martin Schulz zu Mineralwasser, Tomaten- und Grapefruitsaft Foie gras – Stopfleber. Dies tat er mit einer „beeindruckenden Missachtung für die Befindlichkeit von Tierschützern, wie der Begleiter notiert“, berichtet mu-web.de.
Der Satz bedarf der Korrektur. Denn es geht nicht um die Befindlichkeit von Tierschützern, sondern um das Befinden von Tieren. Das Befinden der Vögel scheint Martin Schulz in der Tat nicht zu interessieren. Mit dem Konsum ihrer Leber legitimiert er eine fürchterliche Tortur.
So verwundert es auch nicht, dass im Greenpeace-Magazin nachzulesen ist, dass die Umweltverbände und ihre Repräsentanten auf Schulz nicht gut zu sprechen seien. Martin Schulz habe sich die ganzen Jahre für Umweltschutzpolitik kaum interessiert. Aufgefallen sei er vorwiegend für sein Eintreten für die Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Umweltpolitische Bedenken oder Bedenken des Verbraucherschutzes hätten ihn dabei offenbar nicht interessiert.
Aus veganer Sichtweise sollten wir die Dinge betrachten, wie sie sind:
Der "Hoffnungsträger" Martin Schulz ist kein Hoffnungsträger für die Tiere. Mit der veganen Lebensweise hat er soviel zu tun wie ein Schlachter mit Mitgefühl. Es fehlt Martin Schulz an einem reifen ethischen Fundament, welches Menschlichkeit auch auf unseren Umgang mit Tieren ausdehnt und welches versteht, dass eine wahrhaft menschenwürdige Welt nur möglich ist, wenn wir alle Arten von Grausamkeit und Ausbeutung überwinden.
Veganer sind eine kleine Minderheit in der auf Tierausbeutung und Tiernutzung ausgerichteten Gesellschaft. Sie wollen sich nicht damit abfinden, dass hinter den Toren der Schlachthäuser und landwirtschaftlichen Betriebe der Mensch tagtäglich die Hölle auf Erden errichtet. Im politischen Machtspektrum sind Veganer nicht ernsthaft repräsentiert.
Dies wird sich nur langfristig ändern können. Voraussetzung ist, dass es dem Veganismus durch konsequente Aufklärungsarbeit und Schaffung von Anreizen zur Verhaltensänderung gelingt, erheblich mehr Menschen als derzeit für die vegane Lebensweise zu gewinnen. Hierfür wird wiederum auch die Verbeiterung und bessere Verfügbarkeit des veganen Angebots sowie der Widerstand gegen antivegane Strategien der Fleischindustrie (Verbot fleischähnlicher Bezeichnungen) von zentraler Bedeutsamkeit sein.
Der Stopfleber-Freund Martin Schulz wird für den Veganismus sicherlich keine Hilfe leisten. Er vertritt letztlich einen strukturkonservativen Standpunkt, der die Ausblendung der Interessen von Umwelt und Tieren mit einem Einsatz für die „kleinen Leute“ verwechselt. Dass in Wirklichkeit beispielsweise die Gesundheit gerade auch der weniger gut verdienenden Schichten durch das Fastfood der Tierausbeutungsindustrie besonders oft geschädigt wird, nimmt er nicht einmal zur Kenntnis. Hier für Aufklärung und Abhilfe sorgen, wäre eine sozialpolitische Maßnahme, die weit über manche nur an den Symptomen kurierende Abmilderungsvorschläge von Martin Schulz hinausgehen würde.
Übrigens befindet sich Martin Schulz mit seinem Stopfleberkonsum in bester Gesellschaft mit seinen konservativen Freunden aus CDU/CSU, die sich gemeinsam mit der AfD engagiert für den Konsum von Schweinefleisch einsetzen
Weihnachtsgans, Osterlamm, Stierkampf, Schweinefleisch- und Stopfleberkultur, sie sind alle Ausdruck der gleichen Tierverachtung. Anderswo sind es Hundefleischfestivals. Die kulturelle Prägung solcher Praktiken wird oft als Rechtfertigung angeführt. In Wirklichkeit verweist diese kulturelle Prägung aber auf den Gewaltcharakter von Kulturen, die es nicht zu bewahren, sondern zu überwinden gilt.
Wer meint, dafür durch Stimmabgabe bei Wahlen einen Beitrag leisten zu können, irrt, jedenfalls derzeit, wo sich die vegane Bewegung nach wie vor erst im Aufbruch befindet.