Weltvegetariertag 2012: Wie ist unser Verhältnis zu den Vegetariern?
Die Erklärung von Maqi zum Weltvegetariertag kann im Original nachgelesen werden, hier wird nur ein Auszug dokumentiert, um einen Eindruck von der zum Ausdruck kommenden Sichtweise zu vermitteln und diese dann zu diskutieren.
Erklärung von Maqi:
„ Am 1. Oktober ist Weltvegetariertag. Kaum ein Tag wäre geeigneter, klar zu machen, dass Vegetarier für ihren Milch- und Eikonsum Rinder und Hühner töten....Die Realität kratzt am Selbstbild des vermeintlich "tierfreundlichen", tatsächlich tierrechtsverletzenden Vegetariers, die Fassade ist längst abgebröckelt; zum Vorschein kommen qualgezüchtete Vögel und Säugetiere, vergaste Küken, abgeschlachtete Hennen, Kälber und dauerschwangere Kühe: all das für den Konsum der Ovo-, Lakto- und Ovo-Lakto-Vegetarier...Dennoch weiß inzwischen jeder, was Vegetarier Rindern und Hühnern antun – auch mit "Biomilch" und "Bioeiern", die gern als letzter Strohalm der Rechtfertigung dienen....So bleibt Vegetariern nur, ihre Ignoranz zu hegen, die in der Frage gipfelt, was, wenn keinen Käse, sie denn aufs Brot legen sollten – womit sie lediglich demonstrieren, wie armselig die übliche vegetarische Kost im Gegensatz zu abwechslungsreicher veganer Ernährung ist....Selbst das Wort "Vegetarier" ist muffig geworden, viele nennen sich mittlerweile verniedlichend "Veggies" (so gibt es einen "Veggie Street Day", "Veggie-Paraden"), wohl auch, um so scheinbar Vegetarier und Veganer zu subsumieren und davon abzulenken, dass Veganer eben auf der anderen Seite stehen, die einzigen sind, die keine Tiere ausbeuten, misshandeln und ermorden, um ihre Leichen, ihre Sekrete usw. zu konsumieren. Einen Tag, der wohl noch besser geeignet ist, darauf hinzuweisen, dass Vegetarier Mörder sind, gibt es: den Weltvegantag (an jedem 1. November). Die Tierrechtsinitiative Maqi appelliert an alle Unveganer, ihren blutigen Konsum einzustellen, die Tierrechte auf Freiheit und psychische und physische Unversehrtheit zu achten und somit vegan zu werden – heute, gleich welcher Tag es ist“.
Wie ist diese Erklärung zu bewerten?
Eigentlich sind die Inhalte der Erklärung durchaus in vielen Aspekten korrekt. Die Produktion von Milch und Eiern sowie auch aller anderen tierischer Produkte ist unauflösbar mit der Ausbeutung und Tötung von Tieren verbunden. Alles andere ist eine Illusion. Richtig ist wohl auch, dass viele diese Realität nicht in Gänze zur Kenntnis nehmen und deshalb lieber wegsehen oder sich auf ein Nicht-Wissen, was in Wirklichkeit ein Nicht-Wissen- Wollen ist, zurückziehen.
Ebenso richtig ist: Die effektivste und letztlich die einzige Möglichkeit, um durch den Menschen Tieren zugefügtes Leid zu mindern, ist der Veganismus, weil nur bei veganer Lebensweise wir als Menschen aufhören, andere Tiere intentional und unnötig auszubeuten und zu töten.
Der Fehler von Maqi ist nach unserer Einschätzung nicht ein prinzipieller, sondern ein strategisch-taktischer:
Wenn Maqi glaubt, dass durch rein verurteilende Sprache und Niedermachung des Vegetarismus die Ausbreitung der veganen Lebensweise gefördert wird, dürfte dies ein Irrtum sein. Wenn Vegetarier keinen Deut besser sein sollen als Fleischesser, sondern nur als Gegner des Veganismus betrachtet werden, dann reduzieren wir die Motivation von Fleischessern, auf ihren Fleischkonsum zu verzichten.
Bei 0,1% vegan lebender Menschen in der Gesamtbevölkerungist die Vorstellung, ein substantieller Anteil der fleischessenden Bevölkerung würde von einem auf den anderen Tag nunmehr Veganer werden, völlig unrealistisch. Den Zwischenschritt über den Veganismus ist nahezu jeder Veganer vorher gegangen, und zwar nicht, weil sie die Rechte von Tieren brechen, sondern weil sie die Rechte von Tieren schützen wollten.
Die Erkenntnis, dass Tiere leidensfähige Wesen sind und wir sie deshalb nicht töten sollten, teilen Veganer mit vielen Vegetariern. Veganer und Vegetarier sind daher keine Gegner, sondern Ähnlichgesinnte auf unterschiedlichem Niveau von ethischer Reflektion und praktischer Konsequenz.
Den Veganismus zu fördern, heißt daher, gegenüber der fleischessenden Bevölkerung für den Fleischverzicht zu werben, den Schritt zum Vegetarismus zu begrüßen, und dennoch auf die Notwendigkeit und Machbarkeit einer komplett veganen Lebensweise hinzuweisen.
„Alles oder Nichts“, mag schön klingen, aber es beinhaltet die Gefahr, dass am Ende tatsächlich nicht das Alles, sondern das Nichts dabei herauskommt.
Außerdem verkennt Maqi, dass selbst dann, wenn Vegetarier niemals Veganer werden, sie dennoch bereits jetzt zur Minderung von Tierleid beitragen. Denn während sie die Ausbeutung von vorwiegend Kühen, Hühnern und Schafen mitverschulden, würde unzähligen anderen Tieren in einer vegetarischen Gesellschaft das Leid und der Tod erspart, der ihnen jetzt in den Schlachthöfen oder in den Fischernetzen bereitet wird. Allein das Ende der abermilliarden Leben vernichtenden Fischerei wäre für die Tiere ein unermesslicher Gewinn.
Richtig ist, dass die meisten Vegetarier derzeit keine Veganer werden. Richtig ist ebenfalls, dass Vegetarier durch ihren Konsum Tierleid mitverursachen. Richtig ist jedoch ebenso, dass Vegetarier bereits jetzt zur Minderung des Tierleides beitragen und gleichzeitig die Gruppe an Menschen darstellen, die am ehesten künftig für die vegane Lebensweise gewonnen werden kann.
Solange wir in einer fleischessenden Gesellschaft leben gilt: „Je mehr Vegetarier, desto besser für die Ausbreitung der veganen Lebensweise und desto besser für die Tiere“.
Erst wenn wir in der fernen Zukunft eine mehrheitlich vegane Gesellschaft sein sollten, wird der Vegetarismus nicht mehr als Fortschritt, sondern als Rückschritt zu bewerten sein. Entscheiden wir uns aber jetzt für die komplette Abgrenzung vom Vegetarismus und zur gänzlichen Verurteilung seiner Protagonisten, werden wir am Ende nur einen Beitrag dafür leisten, den Zeitpunkt der Entstehung einer veganen Gesellschaft bis zum Sankt Nimmerleinstag zu verschieben.