Veganer können Vitamin B12 Mangel leicht vermeiden
Die vegane Ernährung erfreut sich zunehmender Popularität. Auch wenn die Anzahl vegan lebender Menschen noch gering ist - 2008 lebten offenbar in der Bundesrepublik Deutschland lediglich 0,1% der Bevölkerungvegan - wird in den Medien immer mehr über die vegane Ernährung berichtet. Es treten außerdem verstärkt Prominente in Erscheinung, die sich aus unterschiedlichen Gründen für die vegane Ernährung entschieden haben, unter ihnen auch Bill Clinton, der sich aufgrund einer Herzerkrankung mittlerweile komplett vegan ernährt und dabei eine deutliche Steigerung seines Wohlbefindens schildert. Solche Berichte stimmen wiederum überein mit wissenschaftlichen Befunden, die positive Auswirkungen einer pflanzenbasierten Ernährung auf die häufigsten schwerwiegenden Erkrankungen, wie Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes aufzeigen. Vor dem Hintergrund solcher Studienbefunde erklären mittlerweile auch die internationalen wissenschaftlichen Fachautoritäten auf dem Gebiet der Ernährung, dass eine gut geplante vegane Ernährung für Menschen aller Altersstufen geeignet ist und die Gesundheit fördern kann.
Dennoch weisen insbesondere fleischessende Menschen, aber manchmal selbst Vegetarier, in der Diskussion mit vegan lebenden Menschen oftmals auf angeblich mit einer veganen Ernährung einhergehende Mangelerscheinungen hin. Auch in den Diskussionen auf unseren eigenen Facebook-Seiten zeigt sich immer wieder, dass gerade bei den Thematiken von Schwangerschaft und Kinderernährung eine vegane Ernährung nicht selten geradezu als kriminell betrachtet wird, obwohl weltweit nur wenige Einzelfallberichte über tatsächliche Schäden bei vegan aufwachsenden Kindern vorliegen und diese wenigen Einzelfälle ausnahmslos in hohem Ausmaß nicht geeignete und einseitige vegane Ernährungsweisen betrafen, bei denen u.a. keinerlei Vitamin B12 Supplementierung oder Aufnahme über angereichterte Produkte stattfand.
Vitamin B12 – was sind die tatsächlichen Auswirkungen einer veganen Ernährung?
Dieser Frage hat sich nun erstmals eine experimentelle Längsschnittstudie gewidmet, die soeben von den Autoren Madry et al. (2012) veröffentlicht wurde:
20 Omnivoren (Mischköstler) wechselten in der Studie über einen Zeitraum von 5 Jahren zu einer veganen Ernährung. 10 Personen nahmen dabei mit Vitamin B12 angereicherte Lebensmittel zu sich, während 10 weitere Personen sich ausschließlich mit nicht angereicherten Lebensmitteln ernährten.Demgegenüber nahm niemand ein Vitamin B12 Supplement ein.
Nach 5 Jahren zeigte sich im Vergleich zu den Ausgangswerten eine abnahme des Vitamin B12 im Blut, wobei diese Abnahme des Vitamin B12 allerdings ausschließlich in der veganen Gruppe, die keine angereicherten Lebensmittel konsumierte, beobachtet wurde, während bei der veganen Gruppe mit Konsum von mit Vitamin B12 angereicherten Lebensmitteln keine Abnahme des Vitamin B12 beobachtet wurde.
Darüber hinausgehend, zeigte sich, dass - ausgehend vom Vitamin B12 Gehalt im Blut - bei zwei der 10 Personen, die keine angereicherten Lebensmittel konsumierten, ein Vitamin B12 Mangel eingetreten war. Die Feststellung eines Vitamin B12 Mangels im Blut ist nicht gleichzusetzen mit einer Erkrankung, dennoch erhöht sich hierdurch das Risiko, dass es im weiteren Verlauf zu mit Vitamin B12 Mangel assoziierten Erkrankungen kommen könnte.
Deutlich wird, dass Vitamin B12 Mangel als Risikofaktor tatsächlich durch eine vegane Ernährung entstehen kann, wenn keinerlei Supplemente eingenommen werden und gleichzeitig keine mit Vitamin B12 angereicherte Lebensmittel konsumiert werden.
Die positive Nachricht ist, dass ein Vitamin B12 Mangel bei veganer Ernährung leicht vermeidbar ist, wenn auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 über die Nahrung durch angereicherte Lebensmittel geachtet wird. Damit ist die Einnahme mit Vitamin B12 angereicherter Lebensmittel eine Alternative zu der ansonsten zu empfehlenden regelmäßigen Supplementierung von Vitamin B12 durch entsprechende Präparate.
Wer die Einnahme von Supplementen ablehnt, dem wird dringend angeraten, auf die ausreichende Zufuhr von Vitamin B12, z.B. durch Vitaminsäfte oder angereicherte Getreideflocken, zu achten. Diese Empfehlung entspricht ebenfalls der Position der Vegan Society.
Vitamin B12 ist das Hauptargument der Kritiker der veganen Lebensweise. Diese Kritiker blenden die vielfältigen positiven Auswirkungen der veganen Lebensweise auf die menschliche Gesundheit typischerweise aus, übersehen aber vor allem, dass die Vitamin B12-Problematik sofort alle ihre Relevanz verliert, wenn auf eine hinreichende Zufuhr von Vitamin B12 durch direkte Supplementierung oder durch Verzehr angereicherter Lebensmittel geachtet wird.
Die vegane Ernährung kann ein Vitamin B12-Bewusstsein sogar im allgemeineren Sinne fördern. Vitamin B12 Mangel ist nämlich keineswegs lediglich an eine vegane Ernährung gebunden, sondern tritt sehr oft mit steigendem Lebensalter vermehrt auf, was vielen Menschen aber nicht ausreichend bekannt ist, der Nicht-Veganer, jedenfalls derzeit, kaum auf ihre Vitamin B12 Einnahme achten.
Bei guter Planung und Achtsamkeit insbesondere bezüglich der Vitamin B12 Zufuhr stehen einer veganen Ernährung keinerlei Bedenken entgegen, während eine vegane Ernährung umgekehrt das Potential verspricht, die Gesundheit in vielfältiger Art und Weise zu fördern, das Leid der Tiere zu mindern, die Umweltverschmutzung zu reduzieren und auch zur Überwindung des Welthungers beizutragen. Denn die Nutztierhaltung, der sich die vegane Lebensweise entgegenstellt, ist wichtige Ursache für die globale Probleme in all diesen Bereichen.
Neben der Vermeidung von Risiken für die eigene Person sollten vegan lebende Menschen auch im Interesse der weiteren Ausbreitung der veganen Lebensweise unbedingt auf eine ausreichende Vitamin B12 Einnahme achten, da ansonsten nicht nur in einem langfristigen Verlauf gegebenenfalls bei ihnen gesundheitliche Schäden auftreten könnten, sondern dies gleichzeitig den Ruf des praktizierten Veganismus beschädigen würde. Leider besteht hier nach wie vor Informations- und Lernbedarf, wie Studien zeigen, die über Vitamin B12 Mangel bei sich langjährig vegan ernährenden Personen berichten, ein Befund, der ärgerlich und komplett unnötig, weil leicht vermeidbar ist.