Vegan und Bio-Fleisch: Eine geeignete Kombi?
Soeben berichtet die Zeit über das Unternehmen "Wünsch-Dir-Mahl" , welches den Verkauf von veganen Suppen mit dem Verkauf von Bio-Fleisch verbindet.
Der Artikel ist voll des Lobes und spricht sogar von"vor den Toren der Großstadt, wo sich Rind und Bio-Kartoffel gute Nacht sagen." Zitiert wird André Riedinger, einer der beiden betreibenden Unternehmer, mit den Worten "Ich verstehe vegan als vorwiegend urbane Bewegung, die nach Antworten über die Herkunft von Lebensmitteln verlangt." Dabei sei vegan auf jeden Fall ein Verkaufsargument.
Die Firma setzt auf die Bio-Produktion von Tieren und die Schlachtung der betroffenen Tiere "frisch nach der Bestellung":
"Die männlichen Kälber der kleinen, im Sommer beinahe wild lebenden Mutterkuhherde werden geschlachtet, wenn sie älter als acht Monate sind. Wünsch-Dir-Mahl schickt vor jeder Schlachtung Bestelllisten für das Fleisch von Apfeltraum und anderen Höfen per Mail. Eine Woche nach der Bestellung liefern Riediger und Timm dann Lammrippen oder Rinderbraten direkt ins Haus."
Die genauerer Betrachtung verbirgt sich hinter der scheinbaren Bio-Idylle eine - jedenfalls bei Berücksichtigung der Perspektive der Tiere - Instrumentalisierung von Tieren, deren einziger Lebenswert für die beiden Unternehmer in der Lieferung von Fleisch und damit von Profit für ihr Unternehmen liegt. Das die Kälber dabei acht Monate leben dürfen, liest sich - erneut wenn die Perspektive der Tiere eingenommen wird - als "NUR" acht Monate und ist sicher kein Grund zur Freude.
Die Verbindung mit vegan dient der Firma "Wünsch Dir Mahl" offensichtlich der Gewinnung eines weiteren Kundensegmentes bei Fehlen einer tatsächlich ethisch basierten Begründung für den veganen Konsum. Vegan ist hier tatsächlich nicht mehr als ein Verkaufsargument. Dazu passt die Gleichsetzung der veganen Lebensweise mit einer urbanen Bewegung, womit der Unternehmer Riediger implizit Veganer letztlich als von der Lebensrealität entfernte, verhätschelte Städter darstellt, während die durch ihn betriebene Tötung von Tieren als quasi natürlich erscheint.
Grundsätzlich ist das verstärkte Interesse des Bio-Marktes an veganen Lebensmitteln als positiv zu bewerten. Bedenklich ist aber der Versuch, vegan nur als eine Möglichkeit innerhalb des Bio-Spektrums zu etablieren und dabei nicht nur den veganen Konsum, sondern auch den Konsum von Tierprodukten als ethisch vertretbar zu postulieren. Durch die Assoziation mit vegan und der damit verbundenen Tierfreundlichkeit sollen offenbar andere Produkte, die auf Tierleid beruhen, aufgewertet werden.
Dieser Ansatz ist umso bedenklicher, als dass er nur mit einer unlauteren Argumentation möglich wird, die den Verbrauchern den Blick auf die tatsächlichen Sachverhalte verstellt. Denn die Haltungsvorteile werden bei weitem übertrieben, das Leid der Tiere in der Bio-Produktion wird aber konsequent aus den Marketing-Argumenten ausgeblendet.
Dabei steht auch für die Bio-Tiere am Ende die Schlachtung, die nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Befunden niemals die Sicherheit von Schmerzfreiheit gewährleisten kann (siehe hier, hier und hier). Besonders hoch sind dabei Fehlbetäubungsraten gerade in den örtlichen, kleineren Schlachtbetrieben, denen es an mechanischer Führung der Betäubungsanlagen fehlt und bei denen es daher aufgrund immer wieder und notwendigerweise auftretenden menschlicher Fehler besonders häufig zu Schlachtungen ohne ausreichende Betäubung kommt. Gerade solche Schlachtbetriebe werden aber von der Bio-Branche bevorzugt. Dem Verbraucher wird aber nur das sauber angepackte Fleisch präsentiert, das Sterben des Tieres bleibt hinter undurchsichtigen Wänden verborgen.
Hinter der versuchten Allianz von vegan mit Bio-Fleisch steckt ein verklärendes Bild der Lebens- und Sterbebedingungen von Tieren in der Bio-Produktion. " Wo sich Rind und Bio-Kartoffel gute Nacht sagen", ist dabei ein ebenso absurder und die Tatsachen verdrehender Spruch wie Fernsehwerbungen, bei denen Tiere glücklich in die Dose springen. Impliziert werden soll, das Menschen, die gegen Tierleid sind, nicht vegan leben müssen, sondern auf eine verantwortbare Fleischauswahl achten sollten,obwohl in Wirklichkeit jedes Stück Fleisch durch Tierleid gewonnen wird.
Durch die versuchte Allianz von vegan und Bio wird abgelenkt von der blutigen Realität der Schlachtung und von der Sachlage, dass das Leben leidens- und glücksfähiger Wesen durch die Bio-Fleischproduktion darauf reduziert wird, dass Menschen ihnen das Leben nehmen, um ihre Körperteile zu essen. Dabei ist diese Tötung völlig unnötig, da Menschen vegan nicht nur tierfreundlicher, sondern ebenfalls gesünder und ökologisch nachhaltiger leben können.
Das Beispiel von "Wünsch Dir Mahl" zeigt die Gefahr auf, dass die aktuelle Trend zur veganen Lebensweise von Interessensgruppen aufgegriffen werden könnte, die keinen Bezug zur veganen Lebensweise aufweisen, sondern ihn nur aus wirtschaftlichen Gründen zunächst aufgreifen, letztlich aber umkehren möchten. Denn für Unternehmen, wie "Wünsch Dir Mahl",wäre es letztlich besonders wünschenswert, wenn die Menschen möglichst nicht nur vegan, sondern auch Bio-Fleisch essen würden.