Bei Öko-Test schneiden vegane Produkte überwiegend positiv ab
Vor einiger Zeit geisterten düstere Meldungen durch die Medien, gemäß derer vegane Produkte gesundheitsschädlich seien. Ihren Ursprung hatten diese Berichte in einem Marktcheck der Verbraucherzentrale Hamburg, der tatsächlich eine durchschnittliche Überlegenheit veganer Produkte gegenüber konventionellen Produkten fand (siehe unsere Berichte hier und hier). Die Verbraucherzentrale hatte jedoch den eigentlichen Befund in ihrer Zusammenfassung unerwähnt gelassen und die Ergebnisse einseitig negativ dargestellt. Ergebnis war eine Presselberichterstattung, die geeignet war, Menschen davon abzuhalten, zu der bei Weitem sozial und ökologisch verträglicheren sowie gesundheitsförderlichen veganen Ernährung zu wechseln.
Es folgte ein Fernsehbericht von plusminus, in dem eindringlich und unterlegt mit suggestiven Bildern vor einer veganen Ernährung gewarnt wurde (siehe unsere Berichte hier und hier). Dabei wurden Aussagen einer Professorin für Ernährungsmedizin in einen so vereinseitigten Kontext gesetzt, dass deren tatsächliche Meinung geradezu ins Gegenteil verkehrt wurde.
Genauso schlimm waren im Bericht wiedergegebene Statements der Verbraucherzentrale Bayerns, die davor warnte, dass vegane Lebensmittel angeblich vor gesundheitlich bedenklichen Zusatzstoffen geradezu strotzen würden. Basis dieser Feststellung sollen 30 durch plusminus vorgelegte vegane Lebensmittel gewesen sein.
Auf Nachfrage durch vegan.eu teilte die bayerische Verbraucherzentrale mit, dass man nicht mehr wisse, um welche Produkte es sich gehandelt habe. Offenbar wurden also Urteile ohne jede eigene Dokumentation abgegeben. Auf eine zweimalige Email-Anfrage nach den untersuchten Produkten reagierte plusminusseinerseits nicht. So konnten wir unsere Absicht nicht umsetzen, alle 30 Produkte noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen und so unseren Lesern und Leserinnen repräsentative Angaben über deren Zusammensetzung zur Verfügung stellen zu können.
Diese geringe Transparenz lässt vermuten, dass eine Nachprüfung der beanstandeten Lebensmittel möglicherweisen den gleichen Schluss ergeben hätte, wie bereits die Überprüfung des Warenchecks der Verbraucherzentrale Hamburg. Hier zeigte sich nämlich, dass die Mehrheit der Produkte ohne Aromastoffe auskam und ¾ der Produkte, die Zusatzstoffe verwandten, nur solche Zusatzstoffe einsetzte, die auch für Bio-Lebensmittel zugelassen sind.
Leider bleibt dies eine Vermutung, da plusminus die Herausgabe der Liste der untersuchten Lebensmittel verweigert und die bayerische Verbraucherzentrale nach eigenen Angaben keinerlei Kenntnis darüber hat, über welche Lebensmittel sie sich überhaupt geäußert hat. So bleiben die Aussagen von plusminus und der bayerischen Verbraucherzentrale unüberprüfbar, was im Übrigen sicherlich nicht den Zielen von Transparenz und Verbraucherschutz dient.
Nunmehr hat das MagazinÖko-Test 26 vegane Lebensmittel unter die Lupe genommen und gelangt zu einer mehrheitlich positiven Bewertung, wie es anhand der einzelnen Testergebnisse ablesbar ist. Insbesondere ist keine Spur davon erkennbar, dass vegane Lebensmittel voll von gesundheitlich bedenklichen Zusatzstoffen wären.
Dennoch gibt es auch kritische Befunde. So finden sich in mehreren Lebensmitteln chemische Verbindungen aus den verwandten Kunststoffverpackungen, so dass sogar einige Lebensmittel als mangelhaft oder ungenügend klassifiziert wurden. Dies ist allerdings sicherlich kein spezifisch veganes Problem, sondern es ist ein allgemeines Problem von in Kunststoff verpackten Lebensmitteln, welches es zu beheben gilt.
Moniert wurde außerdem, dass in wenigen Produkten Hefeextrakt verwandt wurde, was allerdings eine durchaus zweifelhafte Bewertung ist, weil es sich bei Hefeextrakten um natürliche Produkte handelt, die nichts mit isolierten Glutamaten zu tun haben. Die ca. 5% Glutamate, die in Hefeextrakt vorhanden sind, erlauben es nicht, Hefeextrakt als einen Geschmacksverstärker zu klassifizieren. Entsprechend ist Hefeextrakt explizit auch in Bio-Lebensmitteln erlaubt, wo Geschmacksverstärker verboten sind. Ganz im Gegensatz zu isolierten Glutamaten enthält Hefeextrakt zusätzlich auch B-Vitamine und Mineralstoffe. Studien, die gesundheitlich negative Auswirkungen von Hefeextrakt naheliegen würden, liegen nicht vor. Tatsächlich sind Glutamate übrigens ebenso in Tomaten, Algen und in Getreide enthalten.
In einem Tofu-Produkt fanden sich zudem Spuren von gentechnisch modifizierten Soja. Dies ist umso bedauerlicher als es nicht Schuld der Herstellerfirma gewesen ist, sondern deutlich macht, dass Verunreinigungen auch von Bio-Produkten mit gentechnisch modifiziertem Soja nicht ausschließbar sind. Dies spricht freilich nicht gegen Sojaprodukte, zumal durch Fleischkonsum – wenn auch indirekt - bei Weitem mehr Soja und insbesondere auch gentechnisch modifizierter Soja konsumiert wird.
Ebenso wenig wie die Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg oder die intransparenten Behauptungen der bayerischen Verbraucherzentrale kann Öko-Test für seine Untersuchung eine Repräsentativität beanspruchen. Die Produkte scheinen eher willkürlich ausgesucht worden zu sein und es wurden - bis auf eine Ausnahme - nur Bio-Produkte untersucht. Es fehlt ein Vergleich mit konventionellen veganen Produkten und es fehlt insbesondere auch ein Vergleich mit nicht-veganen Produkten. Hier wäre es wünschenswert, wenn künftig in einzelnen Produktsparten, wie z.B. „Wurst“, „Aufstrich“ oder „Käse“, solche direkten Vergleiche erfolgen würden.
Auch wenn die Öko-Test Befunde insofern sicherlich nicht der Stein der Weisen sind, machen sie doch deutlich, dass die Negativschlagzeilen der letzten Zeit über vegane Produkte mit ihren Generalisierungen im Hinblick auf den angeblich ungesunden Charakter veganer Lebensmittel unberechtigt waren. Die Öko-Test Untersuchung ist so ein erster Schritt zu einer objektiven Beurteilung veganer Lebensmittel. Nicht vergessen werden sollte allerdings, dass vegane Ersatzprodukte aus gesundheitlicher Sichtweise immer nur eine Ergänzung einer vollwertigen veganen Ernährung auf der Basis von frischem Gemüse, Obst und Getreideprodukten sein sollten. Man kann bei einer veganen Ernährung ohne Weiteres auf Fleisch- und Käseersatz verzichten, unverzichtbar ist demgegenüber eine abwechslungsreiche und vollwertige Ernährung auf der Basis möglichst unverarbeiteter oder wenig verarbeiteter Lebensmittel.