Keine Notwendigkeit für Omega-3 Fettsäuren Supplementierung bei veganer Ernährung
Eine neue Übersichtsarbeit durch T. A. Sanders, veröffentlicht im American Journal of Nutrition, diskutiert, inwiefern vegan oder vegetarisch lebende Person eine Omega-3-Fettsäuren-Supplementierung und zwar speziell von EPA oder DHA durchführen sollten.
Hintergrund ist, dass vegan lebende Personen direkt über ihre Ernährung weder EPA noch DHA aufnehmen. Auch Vegetarier nehmen über ihre Ernährung nur minimale Mengen an EPA und DHA auf. Vegetarier und Veganer haben entsprechend geringere Mengen an DHA in Blut und Gewebe, auch wenn die über pflanzliche Lebensmittel aufgenommen α-Linolsäure (ALA) über EPA in DHA verwandelt werden kann.
In dem Übersichtsartikel wird ausgeführt, dass Studien darauf hindeuteten, dass eine hohe Aufnahme von EPA und DHA günstige Auswirkungen auf einige kardiovaskuläre Risikofaktoren habe. Hieraus abgeleitet werde, dass EPA und DHA die Alterung der Arterien verzögern und die Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen verringern könnte. Allerdings scheine diese Befunde gemäß der Übersichtsarbeit vorwiegend für Dosen zu gelten, die nicht mehr durch die Ernährung allein aufgenommen werden können, sondern selbst bei fleischbasierter Ernährung einer Supplementierung bedürften.
Allerdings werden zusätzlich Längsschnittstudien benannt, die zeigten, dass eine erhöhte Aufnahme von EPA und DHA über die Ernährung tatsächlich mit einem geringeren Risiko, an einer Herzerkrankung zu erkranken und insbesondere an ihr zu sterben, assoziiert zu sein scheint. Jedoch seien solche protektiven Effekte teilweise, wenn auch weniger konsistent, ebenfalls für die in Rapsöl. Sojaöl und Walnussöl enthaltene α-Linolsäure (ALA) gefunden worden.
Demgegenüber haben nach Darlegung der Übersichtsarbeit kontrollierte experimentelle Untersuchungen mit Supplementierungen von EPA, DHA und ALA bisher keinen eindeutigen gesundheitlichen Vorteil für eine Supplementierung belegen können.
Während insofern eine mögliche Wirksamkeit von EPA und DHA im Raum steht, der Arterienveralterung und dadurch Herzerkrankungen entgegenwirken zu können, weist Sanders umgekehrt darauf hin, dass die Arteriensteifigkeit als Maß der Arterienalterung bei vegan lebenden Personen im Durchschnitt geringer sei als bei Personen, die Fleisch essen. Auch sei das Risiko, eine Herzerkrankung zu entwickeln, bei Veganer und Vegetariern um ca. 1/3 gegenüber Fleischessern reduziert.
In der Gesamtbewertung gelangt Sanders zu dem Schluss, dass eine Notwendigkeit einer Supplementierung von EPA oder DHA bei einer veganen Ernährung nicht belegt sei.
Die Schlussfolgerung von Sanders ist übrigens auch konsistent mit der vor kurzem durch Fodor, Helis, Yazdekhasti [&] Vohnout erfolgten Widerlegung der Theorie, dass Eskimos wegen hohen Fischkonsums ein geringeres Herzerkrankungsrisiko aufweisen würden. Diese Autoren gelangten dabei ebenfalls zu der Schlussfolgerung, dass ein positiver Effekt von Fischöl auf die Herzgesundheit nicht belegt sei.
Grundsätzlich spricht aus veganer Perspektive nichts dagegen, synthetisch hergestelltes EPA oder DHA zu supplementieren. Allerdings ist hierfür zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Befunde keine Notwendigkeit erkennbar.
Deutlich wird zudem, dass es nicht immer zu richtigen Schlüssen führt, wenn eine Diskussion sich zu sehr an Einzelstoffen orientiert und dabei die Gesamtheit aller aufgenommenen Stoffe vernachlässigt. Selbst wenn es richtig sein mag, dass im Durchschnitt eine erhöhte Aufnahme von EPA und DHA über die Ernährung günstig ist, zeigt die Sachlage der im Durchschnitt herzgesünderen Veganer, dass die vegane Ernährung die geringere Aufnahme an EPA und DHA offenbar kompensieren kann. Denn obwohl vegan lebende Personen tatsächlich kein EPA und DHA direkt über ihre Ernährung aufnehmen und auch geringere Blutwerte von EPA und DHA aufweisen, sind sie doch gesundheitlich gegenüber typischerweise Fleischessern im Vorteil.
Auch Studien anhand von übergeordneten Indices der Gesundheit einer Ernährungsform bestätigen, dass die vegane Ernährung einer gesundheitlich optimalen Ernährung am nächsten kommt (siehe hier). Es besteht also für Veganer kein Anlass, sich aufgrund einer Diskussion über Einzelstoffe verunsichern zu lassen.