Veganer sollten Wolle stärker ins Zentrum rücken
Nach einer unserer größeren Umfragen unterscheiden sich vegan lebende Menschen in dem Grad an Strenge, den sie bei ihrer veganen Lebensweise zugrundelegen. Während der Verzicht auf Fleisch, Fisch, Eier und Milch Konsens aller Veganer ist, wird der Verzicht auf andere Tierprodukte bei weitem weniger einheitlich geregelt, wobei mit der Dauer der veganen Lebensweise die Stringenz aber kontinuierlich zunimmt. Je länger Menschen also vegan leben, desto mehr nähert sich ihre Lebensweise an das Ideal eines Lebens ohne Nutzung von Tierprodukten an.
Wolle ist ein Tierprodukt, welches durch Veganer nicht einheitlich vermieden wird. 62% der befragten Veganer gaben in unserer Umfrage an, keine Wollprodukte zu verwenden, was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass immerhin 38% der befragten Veganer weiterhin Wollprodukte verwandten. Demgegenüber liegt bei Leder der Anteil derjenigen, die auf den Konsum verzichten, mit 76% deutlich höher. Ein Grund für die weitere Verwendung von Wolle und Leder kann sein, dass diese Produkte nur noch ausgetragen werden, wodurch keine neue Nachfrage geschaffen wird. Entsprechend äußerten sich auch viele in ihren Kommentaren zur Umfrage. Allerdings ist dies nicht der einzige Grund, was bereits die Diskrepanz zwischen Leder und Wolle-Verzicht deutlich macht. Vielmehr deutet das Umfrageergebnis insgesamt darauf hin, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl an Veganern gibt, die die Verwendung von Wollprodukten als nicht oder wenig problematisch erleben und daher als mit ihrer veganen Ernährungsweise vereinbar ansehen.
Grundsätzlich ist die vegane Lebensweise als Weg und Ziel zu verstehen. Menschen beginnen mit der Beendigung des Konsums der offensichtlichsten Tier- und Tierqualprodukte und dehnen den Verzicht dann schrittweise auf weitere Bereiche aus. Auch vor diesem Hintergrund sind Verurteilungen oder Aggressionen gegenüber Veganern, die den Boykott von Tierprodukten noch nicht durchgängig praktizieren, unangebracht und dürften in der Konsequenz durch Abschreckung von der veganen Lebensweise sogar eher kontraproduktiv sein.
Dennoch wird aus der Umfrage sehr deutlich:
Es gibt ein Wollproblem unter Veganern, welches darin besteht, dass der Qualcharakter der Wolle und die Unvereinbarkeit von Wolle mit der veganen Lebensweise noch nicht ausreichend bekannt sind.
Ganz aktuell zeigt eine PETA-Recherche über die Produktion angeblich „nachhaltiger“ Wolle für die Beikleidungsfirma Paragonia in Südamerika das blutige Gesicht der Wolle. Diese Wolle soll aus „verantwortungsvollen Quellen“ stammen. Die PETA-Recherche belegt, dass die Gewinnung der Wolle tatsächlich unter größten Qualen erfolgt, die bis hin zur lebendigen Enthäutung von Lämmern gehen. Leser diesers Artikels werden herzlich gebeten, die Petition auf der Peta-Seite an das Unternehmen zu unterzeichnen, künftig auf Wolle zu verzichten.
Die aufgedeckten Brutalitäten sind keine Einzelfälle. Ähnlich brutale Methoden wurden bereits von PETA in Australien dokumentiert, wobei die Machenschaften der australischen Wollindsutrie auch auf Video dokumentiert wurden.
Die Vorstellung, dass sich Milliarden Menschen in Wolle kleiden können, die von glücklichen Schafen gewonnen wird, die über die Wiesen springen, entbehrt jeder Realität und Umsetzbarkeit. Dort, wo Tiere für den menschlichen Konsum genutzt werden, wird ihr Wert in Form des Produktes gemessen, welches ihnen abgenommen wird. Das Rational der Kostenminimierung und der Einnahmemaximierung herrscht überall, egal ob in konventionellen oder in Bio-Betrieben. Wer Tiere zur Nutzung freigibt, erzeugt Bedingungen, unter denen selbst exzessive Qualpraktiken immer wieder auftreten werden.
Schafe, die zur Wollgewinnung genutzt werden, sterben keines natürlichen Todes und sie liefern ihre Wolle auch nicht freiwillig ab. Sie müssen eingefangen, festgehalten und geschoren werden, wobei hierbei immer wieder selbst schwere Verletzungen entstehen. Am Ende werden die Tiere geschlachtet. Manche von ihnen müssen zuvor noch lange Seereisen erdulden, bevor ihnen ihre Kehlen aufgeschnitten werden. So exportierte Australien 2012 2,28 Millionen Schafe auf dem Seeweg in den mittleren Osten, wobei die durchschnittliche Dauer der Seereise 3 Wochen betrug. Immer wieder kommt es aber auch vor, dass Fahrten sich verspäten, Schiffe zurückgewiesen werden und mit unzähligen leidenden Tieren monatelang im Meer umherirren.
Aus veganer Sichtweise ist Wolle ethisch von Fleisch nicht differenzierbar. Es besteht aber noch Ausklärungsbedarf, um diese Sachlage auch in veganen Kreisen bekannter zu machen!