Abgestumpfte Wissenschaft: Vitamin E hält Lammfleisch farbstabil
Während Milliarden Menschen auf der Welt unter Hunger und Unterernährung leiden, hat die Fleischindustrie andere Interessen. Darauf weist auch aktuelle im Fachjournal Meat Science veröffentlichte Studie hin.
Die Studie beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob die Supplementierung der Nahrung von Lämmern mit Vitamin E die Farbstabilität von deren Fleisch nach der Schlachtung erhalten kann:
In die Studie wurden 70 Lämmer im Alter von 6-8 Monaten einbezogen. 10 der Lämmer wurden zu Studienbeginn geschlachtet, um eine Farbkontrolle ohne Supplementierung durchführen zu können. Die anderen Lämmer erhielten entweder reine Graspellets oder mit 30, 150, 275 oder 400 IU vitamin E/kg angereicherte Graspellets. Nach 56 Tagen wurden alle Lämmer geschlachtet, in zwei Hälften geschnitten und entweder für fünf Tage frisch oder für 21 Tage unter Einsatz von Kohlenstoffdioxid (CO2) verpackt. Die Lagerung erfolgte bei 2°C. Im Anschluss wurden Fleischteile für 96 Stunden unter den Bedingungen einer Fleischtheke ausgestellt. Dabei zeigte sich, dass die Fleischfarbe bei Vitamin E-Supplementierung stabiler ist als ohne Vitamin E-Supplementierung. Der maximale Effekt wurde bei einer Dosis von 275 IU erreicht. Die Dosissteigerung auf 400 IU führte zu keiner weiteren Erhöhung der Stabilität.
Diese Studie zeigt mehrere Probleme auf, die aus veganer Sichtweise mit Fleischerzeugung und Fleischkonsum notwendigerweise verbunden sind:
- Das Leben der Tiere wird vollständig auf ihre Funktion als Fleisch-Lieferanten reduziert. Die Tötung von 70 Lämmern für den profanen Zweck, die Stabilität ihres Fleisches messen zu können, wird von den Autoren nicht als ethisches Problem erkannt. Aus veganer Sichtweise wird deutlich, dass die fleischkonsumierende Gesellschaft so stark abstumpft und verroht, dass derartige Studien problemlos durchgeführt und veröffentlicht werden können. Tatsächlich sind solche Studien tägliche Routine, wie aus den Veröffentlichungen in Meat Science sofort erkennbar wird (siehe für ein weiteres Beispiel auch hier). Entsprechende Studien sind aus veganer Sichtweise als natürliche Konsequenz des Fleischkonsums zu bewerten. Wer Tiere züchtet, hält, transportiert und schlachtet, um ihr Fleisch zu konsumieren, beschäftigt sich eben auch mit Fragestellung des Aussehens und der Frischhaltung der Tierkörper. Mit einer auf Achtung oder emotionaler Zuneigung beruhenden Tier-Mensch-Beziehung ist dies unvereinbar. Die Fleischindustrie weist Tieren damit reinen Objektstatus zu. Der tatsächliche Subjektstatus von Tieren wird ausgeblendet.
- Immer wieder wird Veganern vorgeworfen, dass ihre Ernährung unnatürlich sei, weil vegan lebende Personen Vitamin B12 supplementieren müssen. Tatsächlich konsumieren aber Fleischesser täglich indirekt Supplemente, da das Futter für die Tiere, deren Fleisch sie essen, selbst supplementiert wird. Ein erheblicher Teil der internationalen Fleischforschung beschäftigt sich tatsächlich mit Fragestellungen der optimalen Supplementierung. Selbst in der Bio-Tierhaltung ist eine große Anzahl an Supplementen zugelassen. Damit verliert die ohnehin fragwürdige Argumentation gegen die Vitamin B12-Supplementierung von Veganern jede Überzeugungskraft.
- Letztlich sind alle Ressourcen begrenzt. Indem wertvolle Forschungsressourcen in profane Fragen der Fleischqualität investiert werden, werden Ressourcen von anderen tatsächlich wichtigen Fragestellungen abgezogen. Aus veganer Sichtweise zu fordern wäre, dass sich wissenschaftliche Forschung zur Ernährung nicht auf Fleischqualität und Aussehen, sondern auf die nachhaltige Ernährung der Weltbevölkerung durch eine pflanzenbasierte Ernährung beziehen sollten. Die Studien zur Fleischqualität sind eine Verschwendung wissenschaftlicher und materieller Ressourcen, die für weitaus bessere Zwecke einsetzbar wären.