Wiedereröffnung der Wirtschaft aus veganer Sicht

Wiedereröffnung der Wirtschaft aus veganer Sicht

Erholung für Umwelt und Tiere

Der Himmel klart auf, die Flüsse werden wieder durchsichtig, Delphine kehren zurück. In Indien können einige Städter erstmals wieder die Berge des Himalayas sehen. Weltweit geht die Luftverschmutzung zurück. Wildtiere werden gesehen, wo sie längst verschwunden waren.

Die Corona-Epidemie macht uns zweierlei plastisch deutlich:

  • das Ausmaß, in dem unsere Produktion die Umwelt zerstört
  • die Geschwindigkeit, mit der wir gegensteuern können, mit der sich die Umwelt erholen kann und mit der wir daher auch den Klimawandel stoppen können

Covid-19 könnte und sollte uns allen Anlass geben, über unsere bisherige Lebensart nachzudenken und diese zu ändern.

Vorher hieß es, wir könnten quasi nichts tun oder höchstens in Mikroschritten vorangehen, um womöglich den Klimawandel wenigstens zu begrenzen.

Nun ist klar, dass wir unsere die Umwelt zerstörende Produktion in Zeiten der Bedrohung sofort und wirksam herunterfahren können.

Die menschlichen Gesellschaften und die Versorgung brechen nicht zusammen. Individuelle Härten, die sich ergeben, sind eine Frage der gesellschaftlichen Verteilung und können korrigiert werden, wenn dies gesellschaftlich gewollt ist.

Tierausbeutung als Ursache und Antreiber der Infektionsausbreitung

Wir sehen ein weiteres aus veganer Perspektive wenig überraschendes Phänomen:

  • überall auf der Welt fallen die Schlachthäuser und die Einrichtungen der Fleischproduktion durch die höchsten Infektionsraten und Masseninfektionen auf. Mit diesen gefährden Sie die gesamte Gesellschaft. Indirekt wird auf diesem Weg der Virus auch in die Alten- und Pflegeheime getragen

In den USA wurden diese Schlacht- und Fleischproduktionsanlagen übrigens durch Donald Trump per speziellem Erlass gegen Regressforderungen geschützt, damit sie bloß nicht schließen. Es wurde sogar angeordnet, dass sie offen bleiben müssen, weil sie unverzichtbar seien.

Die Masseninfektionen in der Fleischindustrie resultieren aus einer besonders unverantwortlichen Behandlung der Mitarbeiter. Dass eine Industrie, die der Tötung und Zerstückelung leidensfähigen Wesen dient, die eigenen menschlichen Mitarbeiter ebenfalls schlecht behandelt und sie hohen Risiken aussetzt, ist nicht erstaunlich.

Als Zoonose fand der neue Coronavirus seinen Ursprung in der Tierausbeutung. Die Tierausbeutung treibt seine Ausbreitung weiter voran.

Lernt die Gesellschaft aus Corona?

Leider gibt es derart wenig Anzeichen dafür, dass die menschlichen Gesellschaften die Herausforderung des Virus erkennen, annehmen und zu einer nachhaltigen Produktion- und Lebensweise wechseln würden - dies, obwohl der Klimawandel vor der Tür steht.

Wir beobachten das Gegenteil:

  • die heruntergefahrenen oder geschlossenen Produktionszweige rufen nach schneller oder sofortiger Wiedereröffnung - ihre Produktion auf nachhaltig umstellen wollen sie nicht. Sie wollen aufholen, was sie verloren haben
  • die Einrichtungen der Tierausbeutung, Schlachtung und Fleischproduktion bleiben selbst dann weitgehend geöffnet, wenn sie sich als Virenschleudern erweisen

Das bemerkenswerteste ist aber:

  • Menschen gehen auf die Straße und fordern die Wiedereröffnung der gesamten Wirtschaft und des gesamten gesellschaftlichen Lebens

Ob es ihnen bewusst ist oder nicht – diese Menschen sind die Fußtruppen derjenigen, die für die Fortsetzung des verhängnisvollen Wegs einer nicht nachhaltigen Produktion und der Tierausbeutung eintreten.

Sie sind die Fußtruppen und Erfüllungsgehilfen der Klimawandel-Leugner und der Tierausbeutung-Industrie, die beide nichts sehnlicher wünschen als den Fortbetrieb aller Anlagen und Betriebe, die die Umwelt zerstören und Tiere töten.

Die Demonstranten tragen aktiv dazu bei, dass das Nachdenken über eine nachhaltige Produktion und einen Wechsel zur veganen Lebensweise nicht stattfindet. Stattdessen wird ausgerechnet die Fortsetzung der bisherigen Produktions- und Lebensweise als Menschenrecht und Recht auf Freiheit propagiert.

Der Veganismus und die Bewegung gegen den Klimawandel haben es bisher nicht geschafft, zu einer veränderten Prioritätensetzung in der Gesellschaft beizutragen. Kurzzeitig sah es so aus, aber jetzt rufen sie auf den Straßen „wir sind das Volk“ und meinen: Weiter so wie zuvor!

Wir beobachten überall - auf den Straßen, in den Medien und in der Politik - einen rasant schnellen Rückfall in Egoismus und die vorherige Rücksichtslosigkeit:

  • Rücksichtslosigkeit gegenüber all denjenigen Menschen, die sich bei einer schnellen Öffnung der Wirtschaft infizieren und Schaden leiden werden
  • Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt. Die Chance wird verpasst, aus dieser Situation zu lernen und nicht auf Geschwindigkeit, sondern Veränderung und Nachhaltigkeit zu setzen
  • Rücksichtslosigkeit gegenüber den Tieren, denen keine Chance gegeben wird, als Objekt menschlicher Ausbeutung auszudienen. Man fantasiert lieber über Impf- und Bill Gates Verschwörungen, als dass man über die Virenschleudern der Tierausbeuter reden würde - vor diesen versammeln sich die Demonstranten nicht

Der Denkfehler derjenigen, die diesen Prozess des Protests für die alte Wirtschaftsordnung vorantreiben, ist die Verwechslung von Rücksichtslosigkeit und Egoismus mit Freiheit.

Sie stehen ein für eine Gesellschaft, die auf Teufel komm raus produziert, selbst wenn die Produkte eigentlich nicht gebraucht werden.

  • Freiheit ist für sie, jeden Schnickschnack in den verschiedensten Farben und bitte sofort kaufen zu können, ganz egal, was die Folgen für die Umwelt sind. Alles soll wieder öffnen wie zuvor und am besten sofort. Früher nannten diesen Konsum gesellschaftskritische Menschen "Konsumterror", jetzt bezeichnen unkritische Mitläufer diesen Terror als "Freiheit"
  • Freiheit ist es offenbar auch, riesige Fresstempel zu bevölkern, in denen sich Menschen Unmengen nicht nachhaltiger und auf Leid beruhender Essensmengen einverleiben, während in anderen Teilen der Welt Freude besteht, wenn genug Reis vorhanden ist.
  • Freiheit ist es schließlich auch, durch lautes Geschrei und ohne jede Barriere anderen Menschen Tröpfchen in Mund und Nase zu befördern, die Millionen Viren enthalten und auf diesem Weg wiederum andere Menschen infizieren können.

Nachdenken über die Folgen

In welchem Ausmaß manche Menschen die Konsequenzen ihrer Forderungen nicht reflektieren, wurde mir in den letzten Tagen durch die direkte Korrespondenz mit einer erheblichen Anzahl an Menschen, die mir wegen meines Attila-Artikels schrieben, deutlich:

  • so beklagte sich eine Schreiberin über die viele Chemie in unserer Umwelt und in den Lebensmitteln, forderte aber die Öffnung der Wirtschaft, ihre Schließung sei nicht verhältnismäßig. Dass sie damit die Öffnung auch eben derjenigen Wirtschaft fordert, die zu der von ihr beklagten Umweltvergiftung führt, schien sie nicht bedacht zu haben
  • ähnlich ging es auch anderen Schreibern und Schreiberinnen, denen offenbar gar nicht bewusst war, dass sie tatsächlich die Interessen einer umweltzerstörenden und damit tier- und menschenverachtenden Produktionsweise vertreten und ihre Forderungen das glatte Gegenteil von Nachhaltigkeit, Entschleunigung und Solidarität sind

Wenn wir die sofortige Öffnung der Wirtschaft fordern, bedeutet dies, dass wir mit dieser Wirtschaft übereinstimmen. Die Aufklärung des Himmels, die Entgiftung der Flüsse, die Rückkehr der Delphine, das Sichtbarwerden des Himalaya - all dies soll - und zwar möglichst sofort - rückgängig gemacht werden.

Ich las, dass die Wirtschaftsleistung Deutschland sich insgesamt um ca. 2 % aufgrund der Corona-Krise reduzieren wird.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit, des Umweltschutzes, des Tierschutzes, der Chance zum gesellschaftlichen Nachdenken und der Weiterentwicklung zu einer solidarischen Gesellschaft, wäre eine Reduktion um 10 % sicher besser gewesen.

Eine Gesellschaft, die Unmengen an unnötigen, zum Wegwerfen gedachten und die natürlichen Lebensgrundlagen unseres Planeten zerstörenden Produkten erzeugt, angeblich um durch diese sinnlose und zerstörerische Produktion Arbeitsplätze zu schaffen, geht einen falschen Weg.

Geben wir dieser Erpressung (sonst gibt es keine Arbeitsplätze!) nach, können wir gleich aufhören, gegen den Klimawandel und für eine vegane Ernährung zu kämpfen. Schließlich schaffen auch Schlachtanlagen, Waffenfabriken und Kohlekraftwerke Arbeitskräfte.

Vegan ist nachhaltig

Der vegane Weg ist ein anderer:

  • Leben, Nachhaltigkeit und Umwelt gehen vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Recht auf Leben und Nachhaltigkeit gehen ebenfalls vor dem Wunsch, sich in Fresstempeln zu ergötzen und dort riesige Pizzen mit viel Fleisch und Käse oder blutige Steaks zu verzehren. Leider wird auch dies wohl demnächst wieder zum Alltag gehören, die Demonstranten demonstrieren jedenfalls dafür

Als Veganer und Veganerinnen sind wir in diesen Zeiten aufgerufen, auf diese Sachverhalte hinzuweisen und uns für eine nachhaltige Lebensweise einzusetzen, was die einzige Chance ist, auch die Sache der Tiere voranzubringen.

Corona hat uns erfreulicherweise gezeigt, dass eine sofortige Umkehr weltweit möglich ist und eine für die Umwelt tödliche Produktion heruntergefahren werden kann.

Nun zeigt uns Corona leider auch erneut, wie schnell Menschen vergessen, wie schnell sie sich an Risiken gewöhnen und bereit sind, diese in Kauf zu nehmen, und wie wenig sie darüber nachdenken, wo unsere echten Prioritäten als Menschen und als menschliche Gesellschaft liegen und wie wir uns, unsere Umwelt und die Tiere schützen können.

Begegnen wir Menschen, die gemeinsam mit den Interessenvertretern der Industrie, Teilen der CDU/CSU, FDP, AfD und Verschwörungstheoretikern der verschiedensten Coleur für die Öffnung der Wirtschaft eintreten, sollten wir ihn deutlich machen, für welche Wirtschaft und Produktion sie hier eigentlich eintreten:

  • für die Zerstörung unserer Umwelt und die Tötung von Tieren!

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