Mira Landwehr: Wenn Kritik nicht mehr kritisch ist

Mira Landwehr: Wenn Kritik nicht mehr kritisch ist

Verriss unserer Umfrage zu  Verschwörungstheorien und rechtslastigem Denken

Mira Landwehr hat ein Buch mit dem Titel “Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“ geschrieben, in dem sie unter anderem die These vertritt, dass große Teile der veganen Bewegung eine gefährliche Nähe zu rechtslastigem Denken aufweisen. Es gehe dabei – so der Untertitel – um den Zusammenhang von Tierliebe und Menschenhass in der veganen Tierrechtsbewegung.

Dieses Buch soll hier aber zunächst gar kein Thema sein. Viemehr geht es um ihren Artikel über unsere Umfrage unter Veganern zu Verschwörungstheorien und rechtslastigem Denken.

Dieser Review unserer Umfrage durch Mira Landwehr ist ein einzigartiger Verriss, ausnahmslos.

Das muss nicht schlecht sein, denn eine schlechte Umfrage sollte auch entsprechende Kritik erhalten dürfen. Allerdings sollte ein solcher Verriss starke Argumente haben und seinen Standpunkt belegen können. Denn ein Verriss, dem diese starken Argumente fehlen, wird zur Denunanziation.

Leider ist der Verriss von Mira Landwehr durch schwere Fehler sowie in Teilen durch eine diffamierende Vorgehensweise gekennzeichnet, was Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit begründet.

Ich präsentiere hier zunächst zusammenfassend die wesentlichen Schlussfolgerungen meiner kritischen Sichtung des Verrisses von Mira Landwehr.

Anschließend werden diese Schlussfolgerungen (und weitere) detailliert im Text belegt und begründet.

Zusammenfassende Schlussfolgerungen

Die Verfasserin hat einen Review unserer Umfrage zu Verschwörungstheorien und rechtslastigem Denken bei vegan lebenden Personen vorgelegt, der ein reiner Verriss ist.

In ihrer Argumentation sind schwere Fehler und Unzulänglichkeiten enthalten, die ihre Schlussfolgerungen widerlegen:

  • die Verfasserin kennt Standard-Methoden der Fragebogenvorgabe nicht und vermutet Manipulation hinter Randomisierungen von Fragenreihenfolgen und Fragenpräsentationsdynamiken.
  • die Verfasserin wirft unserer Umfrage gleichzeitig das Gegenteil vor: Wir hätten unsere Umfrage einseits darauf ausgerichtet, dass verstärkt Fragen zugestimmt werde (Akquieszenz, Jasage-Tendenz) und andererseits hätten wir gleichzeitig unsere Umfrage darauf ausgerichtet, dass Verschwörungsdenken nicht zugestimmt werde. Beides zusammen geht aber nicht. Denn hätten wir den Fragebogen darauf ausgerichtet, die Zustimmungsrate zu maximieren, dann hätte die Bejahung von Verschwörungsdenken zunehmen und nicht abnehmend dürfen. Welche Möglichkeit möchte die Verfasserin nun wählen?
  • die Verfasserin behauptet, in der Umfrage seien nur Merkmale des Essverhaltens abgefragt worden, nicht aber beispielsweise Wolle oder Leder. Das ist falsch, beide wurden abgefragt und zahlreiche weitere Merkmale auch. Die Verfasserin hat offenbar den Fragebogen nicht sorgfältig gelesen, den sie kritisiert.
  • die Verfasserin spekuliert, es hätten sich Personen als vegan und milchtrinkend bezeichnen können. Ja, das stimmt, aber alle, die sich als vegan und milchtrinkend bezeichneten, wurden aus der Auswertung ausgeschlossen. Eine Verfälschung dadurch war also ausgeschlossen. Das wurde ausführlich im Artikel, den die Verfasserin kritisiert, beschrieben. Sie scheint es nicht gelesen zu haben.
  • die Verfasserin überschätzt massiv den Einfluss von sozialer Erwünschtheit und von Lügen, gibt dazu irreführende (das Thema nicht betreffende) Referenzen auf einen Tagesspiegelartikel an, ignoriert den gesamten Forschungsstand zu diesen wichtigen Fragestellungen und übersieht völlig, dass die kritisierte Umfrage mit ihrem anonymen Format dazu geeignet war, Effekte von sozialer Erwünschtheit eher zu reduzieren und Menschen mit Verschwörungsdenken eher anzuziehen als abzuschrecken.
  • die Verfasserin vertritt die These, dass vegan lebende Menschen, die Verschwörungstheorien anhängen, sich in der Umfrage nicht hätten ausreichend äußern können. Als einen Kronzeugen führt sie einen Mann mit rechtslastigem Denken und Islamhass auf, der auf seiner Facebook-Seite gemeinsam mit anderen Gleichgesinnten u.a. darüber diskutiert, dass halal keine Vielfalt dulde von vegan bis Schweinefleisch. Er selbst kommentiert, dies führe zur Umma, dem islamischen Paradies im Diesseits. Der Herr ist nicht vegan, sondern wird erst durch Mira Landwehr selbst zum Veganer gemacht, um ihn gegen uns ins Feld führen zu können. Mit diesem Vorgehen zeigt die Verfasserin eine gefährliche Nähe zu einer unzulässigen und verfälschenden Form der Auseinandersetzung und Diskussion, wie sie typischerweise von Verschwörungstheoretikern praktiziert wird.
  • die Verfasserin lässt die im Artikel zur Umfrage ausführlich gegebenen Erläuterungen zu vielfältigen Kontrollmechanismen völlig außen vor und wirft der Umfrage dennoch mangelnde Kontrolle vor. Sie scheint auch diesen Abschnitt nicht gelesen zu haben.
  • die Verfasserin agiert im luftleeren Raum mit ihrer Kritik, sie ignoriert alle vorliegenden empirischen Befunde, die zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sind, nämlich dass rechtslastiges Denken bei vegan lebenden Menschen besonders selten ist, Stattdessen bestätigt sie sich selbst, in dem sie einen ihr zustimmenden Bekannten mit gleicher Meinung zitiert, der ein erfahrener Beobachter der veganen Szene sei. Dem kommt keinerlei Belegkraft zu.
  • die Verfasserin greift Einzelfragen auf und macht zudem viele sehr allgemeine Aussagen, von denen manche falsch sind. Sie geht aber mit keinem Wort auf die Hauptergebnisse der Umfrage und das gebildete Gesamtmaß zur Verschwörungsaffinität ein. Sie hat die Hauptergebnisse offenbar nicht zur Kenntnis genommen.
  • die Verfasserin gibt ihrem Glauben Ausdruck, dass man Fragen verschleiern müsse, um valide Ergebnisse zu erzielen. Dies widerspricht den Befunden der empirischen Persönlichkeitspsychologie. Das Risiko von auf Verschleierung beruhender Testfragen besteht darin, dass gar nicht erfasst wird, was bei einem Menschen tatsächlich vorliegt, sondern was Untersucher darüber glauben. Dies Problem ist bei direkten Fragen geringer. Diese Umfrage bezieht sich auf direkte Fragen. Dies war gewünscht und so haben wir es dargestellt. In der Persönlichkeitspsychologie haben sich solche direkten Fragen als hochgradig wirksam und valide erwiesen.
  • die Verfasserin arbeitet mehr oder weniger subtil diffamierend. Sie unterstellt eine böse Absicht und eine Vorabmanipulation der Ergebnisse durch Fragenauswahl. Sie belegt dies nicht. Sie beschäftigt sich ernsthaft mit dem Status einer Limited und dem Haftungskapital und sie gibt unserer Dating-Plattform Gleichklang.de unberechtigt das Label esoterisch. All dies hat mit einer kritischen und sachlichen Auseinandersetzung nichts zu tun. Mit eben dieser Vorgehensweise von Mira Landwehr greifen Verschwörungstheoretiker alle Befunde an, die ihren Theorien widersprechen. Mira Landwehr verfällt in das gleiche Muster. Ihre Argumentation ist damit strukturell genauso schwach wie die Argumentation von Verschwörungstheoretikern, die sie eigentlich bekämpfen möchte.
  • insgesamt ergibt sich folgender Eindruck: Mira Landwehr gefallen die Befunde von uns nicht, dass bei vegan lebenden Menschen rechtslastiges Denken weniger verbreitet ist als in der Allgemeinbevölkerung. Nach dem Motto “was nicht sein darf, kann nicht sein“ hat sie einen Verriss voll von Fehlern verfasst, der gleichzeitig an mehreren Stellen deutlich zeigt, dass es hier bei der Kritikerin an Wissen zu Umfragemethodik und Fragebögen fehlt.

Sichtung der Kritik von Mira Landwehr im Detail

Im Folgenden gehe ich auf die Kritik von Mira Landwehr im Detail ein unter verschiedenen Überschriften, die miteinander in Verbindung stehende, aber  unterscheidbare thematische Aspekte betreffen.

Wer gerne nach eigener Reihenfolge zu einer bestimmten Thematik lesen möchte, kann auf die Sprunglinks klicken.

Allerdings ist ein Lesen in der Reihenfolge empfehlenswert, weil es Bezüge von späteren Anmerkungen auf frühere Anmerkungen gibt, die sonst schwer verständlich sein mögen:

Themenbereiche

ein schwerer Verdacht

die scheinbar mangelnde Kontrolle

die falsch erfassten Veganer

ein scheinbar schlechtes Antwortformat

die Hauptbefunde übersehen

ein bedenklicher Kronzeuge

eine Selbstbestätigung im luftleeren Raum

eine verzerrte Darstellung der Stichprobe

ein doppelter Standard

eine besondere Titulierung

ein paar herausgegriffene Details

die vermisste Verschleierung

die vermeintliche Unmöglichkeit, zu antworten

die abbrechenden Verschwörungstheoretiker (dieser Abschnitt eingefügt am 02.06.2020)

Worte, die in den Mund gelegt werden

eine Kritik, die nicht mehr kritisch ist

ein schwerer Verdacht

Der Ausgangspunkt der Kritik der Verfasserin ist ihre Vermutung, diese Umfrage sei durchgeführt worden, um ein gewolltes Ergebnis zu erzeugen.

Auf ihren Kommentaren bei vegan.eu und facebook behauptet sie dies sogar noch stärker als im Artikel:

Die Umfrage ist ein Witz. Ein Blick in den Fragebogen macht schnell deutlich, dass hier vermutlich bewusst und kaum verschleiert auf ein bestimmtes, erwünschtes Ergebnis hin abgefragt wurde.

Die Verfasserin behauptet also Manipulation, die vermutlich bewusst gewesen sei. Ein schwerer Vorwurf, den nur erheben sollte, wer ihn auch beweisen kann. Denn kann der Beweis nicht geführt werden, ist genau diese Art des Vorwurfs ein bekanntes Argumentationsmuster von Verschwörungstheoretikern:

  • unerwünschte Befunde werden ignoriert und als offensichtlich manipuliert zurückgewiesen

Allerdings scheint die Verfasserin tatsächlich einen Hinweis zu finden, der womöglich Übles befürchten lassen könnte - Zitat:

  • der Fragebogen wurde zudem offenbar noch während der Umfrage und auch nach Veröffentlichung der Ergebnisse verändert und erweitert

In ihrer Anmerkung in einer früheren Version ihres Artikels schrieb sie ursprünglich hierzu:

[6] Stand: 25.5.2020. Zwischen 16 und 20 Uhr habe ich die Tests an diesem Tag in unterschiedlichen Browsern durchgeführt. Während dieser Zeit änderte sich die Anzahl der Fragen und teilweise die Reihenfolge der Antwortmöglichkeiten.“

Was ist hier geschehen?

Bei Fragenuntersuchungen gibt es Methoden, um sogenannte Reihenfolgeffekte von Fragen besser kontrollieren zu können.

Eine Methode zur Kontrolle solcher Effekte ist die Randomisierung im Einzelfall:

  • die Reihenfolge vorgegebener Antwortmöglichkeiten in einem Block wird in diesem Fall also pro Testteilnehmer per Zufall bestimmt, so dass sich mögliche Reihenfolgeeffekte ausmitteln.

So wurde es auch bei unserer Umfrage gehandhabt und schon ist das scheinbare Mysterium aufgelöst.

Aber was ist mit der Anzahl der Fragen?

Diesen Fragebogen konnten alle bearbeiten und einsehen:

  • Fleischesser, Pescetarier, Vegetarier, Veganer etc.. Die Auswertung bezog sich aber nur auf vegan lebende Personen, die zusätzlich zu der Eigenbezeichnung “vegan“ den Konsum tierischer Lebensmittel verneint hatten

Die vegane Lebensweise wurde detailliert erhoben im Hinblick auf Dauer, Motive und Strengegrad.

Aber natürlich kann die vegane Lebensweise nicht bei Fleischessern erhoben werden:

  • wenn also jemand angab, Fleisch zu essen oder vegetarisch zu sein, wurden die Fragen zur veganen Lebensweise nicht mehr gestellt. Dadurch änderte sich folgerichtig auch die Anzahl der Fragen

Fachlich gesprochen, bestanden also dynamische Fragenabhängigkeiten im Fragebogen. Dies ist eine völlig angemessene Methode.

Bei Standard-Umfragesoftware, wie dem hier verwandten Surveymonkey, werden Randomisierung und dynamische Fragenabhängigkeit daher auch zur Einstellung standardmäßig angeboten.

Die Verfasserin hat dies missverstanden und sähte mit ihrem Artikel am 26.05.2020 völlig unberechtigt Zweifel bezüglich der Authentizität und Rechtschaffenheit der Befragung.

Mittlerweile hat die Verfasserin (was zu begrüßen ist) wenigsten diesen offensichtlichen Irrtüm korrigiert, aber nur in einer Fußnote, die viele nicht lesen, so dass der Vorwurf im Hauptartikeltext unverständlicherweise aufrechterhalten bleibt und weiterhin eine denunziatorische Wirkung auf die Leserschaft entfaltet.

In der neuen Fußnote heißt es

[Edit, 29.5.2020: Auf eine Presseanfrage vom Montag, 25. Mai 2020, in der ich vegan.eu nach dem exakten Wortlaut des gesamten Fragebogens ersuchte, erhielt ich bisher keine Antwort. Anscheinend wurden Randomisierungen und dynamische Fragenabhängigkeiten, wie Gebauer auf meinen Kommentar unter seiner Analyse schreibt. Das ändert nichts daran, dass die Formulierung der Fragen bzw. Thesen höchst problematisch ist und dazu geführt hat, dass Menschen, die sich selbst als vegan lebend bezeichnen und offenbar dem Verschwörungsdenken anhängen, die Umfrage abgebrochen haben, wodurch das Ergebnis verzerrt wurde.]

Mit dem letzten Satz zur Ergebnisverzerrung werde ich mich später befassen.

Für den Moment ist mir folgender Aspekt aber wichtiger:

  • worauf lässt es schließen, dass die Verfasserin den unsinnigen Vorwurf überhaupt erst erhoben hatte?

Die Verfasserin hat sich unsere Umfrage angeschaut und in einer Art detektivischer Motivation festgestellt, dass man diesen nicht zweimal ausfüllen kann, außer wenn man dafür extra den Browser wechselt.

Bei diesem Unterfangen stellte sie nun fest, dass sich Antwortformate in ihrer Reihenfolge und die Anzahl der Fragen tatsächlich veränderten.

Träfe ich auf so eine Situation, würde ich als erstes denken:

  • aha, sie randomisieren die Antwortformate und es gibt dynamische Antwortabhängigkeiten“

Es entstünde gar kein Fall, der zu klären wäre.

Jedem, der sich mit Umfragen und Umfragemethodik ein wenig auskennt, wäre dies sofort klar gewesen - schließlich handelt es sich um eine Standardmethodik.

Nicht so aber Mira Landwehr, was zeigt, dass sie selbst von Fragebogenerhebungen wenig versteht.

Dies ist deshalb ein Problem, weil die Verfasserin in ihrem Artikel, auch unter Verweise auf allgemeine Literaturreferenzen den Eindruck erweckt, unsere Umfrage methodenkritisch kritisieren zu wollen und zu können

Die Verfasserin ist Journalistin und weder Psychologin noch Soziologin und sie wurde hier mit einem Fragebogen konfrontiert, der übrigens vorwiegend psychologisch aufgebaut war.

Es ist nachvollziehbar, dass sie das Prozedere nicht sofort versteht und irrtümliche Vermutungen aufkommen.

Anstatt aber sofort Böses zu vermuten und dies zu veröffentlichen und dadurch einen ungerechtfertigten Beigeschmack zu erzeugen (subtile Stimmungsmache), hätte Mira Landwehr sich ein wenig in Fragebogenmethodik einlesen oder nachfragen können, was es damit auf sich hat.

Nun soll sie allerdings (wie sie sagt) eine Presseanfrage geschrieben haben, die sie in ihrer ersten Version des Artikels unerwähnt ließt. (Typischerweise liest man bereits von Anfang an in Artikeln, dass eine Presseanfrage gestellt und beispielsweise nicht beantwortet wurde)

Sicher ist jedenfalls, dass bei uns keine Presseanfrage eingegangen ist.

Auch finde ich übrigens die Erwartung einer Antwort am gleichen Tag recht viel verlangt (die Verfasserin veröffentlichte ihren Artikel am 26.05.2020).

Vor allem aber hätte die Verfasserin ohne weiteres per Facebook zu uns Kontakt aufnehmen können, zumal sie auch unsere Seite durchaus nutzt, um in Kommentaren Stimmung gegen unsere Umfrage zu machen. Es wäre ein leichtes gewesen, uns zu erreichen, wenn es gewünscht gewesen wäre.

Zusammenfassend, ensteht so bei mir noch vor der Sichtung der eigentlichen inhaltlichen Aspekte ein bedenklicher Beigeschmack:

  • wir sehen hier eine Autorin, der eine nicht eingegangene Presseanfrage erst später einfällt (nachdem sie kritisiert wurde), anderen ohne Grund Manipulation vorwirft und von dem Thema, um das es geht, nämlich Fragebogenmethodik, jedenfalls so wenig versteht, dass sie die Verwendung allgemein akzeptierter Standardmethoden (Randomisierung, dynamische Fragenabhängigkeiten) als verdächtig erlebt und dies sogleich ohne Recherche öffentlich macht

Ich komme nun zu einer stärkeren inhaltlichen Auseinandersetzung mit von der Verfasserin vorgebrachten Argumenten gegen die Studie.

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die scheinbar mangelnde Kontrolle

Relativ am Anfang ihres Artikels meint Mira Landwehr, das größte Problem indentifiziert zu haben:

  • sie spricht von den eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten bei der anonymen Onlinebefragung. So könne sich eine 35-jährige Frau, die ab und zu Käse isst, als 18-jährige Straight-Edge-Veganer ausgeben

Tatsächlich ist das Beispiel der Verfasserin denkbar schlecht gewählt, denn genau diese Probandin, die sie skizziert, wird durch das Kontrollraster der Studie herausgefiltert ud konnte niemals in die Datenerhebung eingehen.

Das wird im Artikel zur Umfrage auch ausführlich erklärt, offenbar hat Mira Landwehr dies aber nicht gelesen.

Ich komme später hierauf noch einmal zurück.

Zunächst möchte ich auf mögliche Verzerrungsfaktoren (Antworttendenzen) eingehen, die Mira Landwehr sehr ausführlich thematisiert, wobei sie von zwei Verzerrungstendenzen annimmt, dass sie durch unsere Umfrage maximiert worden seien:

  • soziale Erwünschtheit (positivere Selbstdarstellung) und Akquieszenz (Tendenz, einer Frage unabhängig vom Inhalt zuzustimmen)

Dabei vertritt Mira Landwehr dezidiert die These, dass in unserer Untersuchung das Ausmaß zu Verschwörungstendenzen unterschätzt worden sei - das ist die Haupthese ihres gesamten Artikels. Sie impliziert zudem, dass Befragte sich als vegan bezeichnet hätten, weil sie sich sozial erwünscht darstellen wollten.

Aber schon kommt das erste Problem mit dieser Argumentation.

  • die Verfasserin bemüht gleichzeitig als Bedenken gegen unsere Umfrage die sogenannte Ja-Sagetendenz, oder Akquieszenz, eine mögliche Antworttendenz, die übrigens ebenfalls ausnahmslos in allen Befragungen auftreten kann.

Wörtlich heißt es bei der Verfasserin:

“darunter versteht man in der empirischen Sozialforschung eine inhaltsunabhängige Zustimmungstendenz von Befragten. Wird häufig nach dem gleichen Muster abgefragt (Stimmt / Stimmt nicht), kann sich diese Tendenz zusätzlich verstärken“

Die Verfasserin meint also, Personen hätten bei uns womöglich zu oft “stimmt“ gesagt, auch wenn sie einer Aussage inhaltlich nicht echt zugestimmt hätten. Sie verkennt, dass sie damit ihre ganze Argumentation völlig außer Kraft setzt:

  • die Verfasserin vermutet, dass wir die Häufigkeit von “Verschwörungsdenken“ unterschätzt haben
  • gleichzeitig vermutet die Verfasserin aber, dass wir in unserer Umfrage die Jasage-Tendenz maximiert hätten
  • wenn wir die Jasage-Tendenz maximiert hätten, wäre jedoch besonders oft den “Verschwörungsdenken“ zugestimmt worden
  • wir hätten also demnach nach der eigenen Darstellung der Verfasserin Verschwörungsdenken nicht unterschätzt, sondern überschätzt

Es geht hier also um den Kern der Sache, nämlich ob wir Verschwörungsdenken unterschätzten, was der Hauptvorwurf der Verfasserin ist, oder ob wir es überschätzten, was sie kurioserweise ebenfalls vorwirft.

Aber die Verfasserin kann doch nicht beides gleichzeitig wollen!

Wie konnte die Verfasserin diesen Fundamentalwiderspruch in ihrer eigenen Argumentation übersehen?

Die Antwort ist nach meiner Einschätzung Folgende:

  • die Verfasserin kann zwar allgemeine Literaturquellen benennen und auch grundsätzlich mögliche Antworttendenzen richtig definieren, sie versteht aber die Auswirkungen dieser Antworttendenzen nicht und diskutiert zudem überhaupt nicht die tatsächliche Stärke solcher Tendenzen (siehe unten weitere Ausführungen hierzu)

Es fehlt der Verfasserin offensichtlich an echtem, anwendbarem Wissen zur Fragebogenmethodik. Denn sonst wäre ihr ein derartiger katastrophaler Widerspruch in ihrer Argumentation sicher nicht passiert.

Noch einmal zur Verdeutlichung des enormen Ausmaßes des Denkfehlers der Verfasserin:

  • die Verfasserin wirft uns ernsthaft vor, unseren Fragebogen so gestaltet zu haben, dass Menschen zu oft den Fragen zustimmen, also Verschwörungen angeben, auch wenn sie nicht daran glauben. Gleichzeitig wirft sie uns vor, dass wir die Fragen so gestaltet haben, dass Menschen Verschwörungen verneinen, obwohl sie an sie glauben. All das hätten wir zudem vermutlich bewusst geplant

Dies geht nicht zusammen, das Argument der Verfasserin ist ein unauflösbarer Widerspruch in sich selbst.

Im Übrigen ist der Diskurs der Verfasserin zu Antworttendenzen zu oberflächlich und unvollständig. Es gibt noch viel mehr mögliche Tendenzen. Solche Tendenzen ändern zudem in größeren Datensätzen meistens kaum etwas an den Gesamtergebnissen, weil sie sich ausmitteln und die große Mehrheit der Befragten nach Inhalt beantwortet. Im folgenden Ausschnitt zur sozialen Erwünschtheit gehe ich auf diese Aspekte mit Referenzen näher ein.

Soziale Erwünschtheit

Mira Landwehr übertreibt bei weitem die möglichen Auswirkungen von sozialer Erwünschtheit und schildert sogar (über soziale Erwünschtheit hinausgehend) ein Bild von allgemein grandios lügenden Menschen, die sich beispielsweise als regelmäßige Biofleischkonsumenten ausgeben würden. Hätte sie Recht wäre jede Befragung mit direkten Fragen unsinnig, da sowieso gelogen würde.

Zitat der Verfasserin:

  • “Würde man glauben, was Menschen zu ihrer Ernährung befragt immer wieder angeben, nämlich dass sie ganz wenig Fleisch essen, und wenn, dann nur Hochwertiges vom Bauern ums Eck, wo die Hühner fröhlich im Hof herumgackern und nach Regenwürmern picken und die Kühe Namen statt Nummern tragen, friedlich auf der Weide grasen und ihre Kälber um sich haben, man könnte sich nur schwerlich erklären, wer dann das ganze Billigfleisch aus der industriellen Tierhaltung kauft, die für 98 Prozent der deutschen Fleischproduktion sorgt.“

Die Verfasserin fährt fort:

  • “Menschen stellen sich üblicherweise besser dar, als sie tatsächlich sind – umweltbewusst, obwohl sie regelmäßig Auto fahren, vegan lebend, obwohl sie Ausnahmen machen, wenn sie unterwegs sind. Das ist normal, aber das muss man wissen und in so einer Untersuchung berücksichtigen.“

Zunächst einmal ist die Darstellung  der Verfasserin hier nicht seriös, denn sie beruft sich als Quelle auf einen Artikel im Tagesspiegel, der aber - wenn man ihn liest – in keiner Weise die blumigen Behauptungen der Verfasserin stützt:

  • jeder kann es nachlesen, nichts steht dort von den Erzählungen der Verfasserin und es geht in Wirklichkeit um ein ganz anderes Thema, nämlich die Konsistenz zwischen Einstellungen und Verhalten, welches seit Jahrzehnten ein virulentes Thema der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie darstellt

Es geht darum, dass die Konsistenz zwischen Einstellungen (z.B. für höheren Preis auf Fleisch) und dem eigenen Verhalten (z.B. Kauf von billigem Fleisch) aus verschiedensten Gründen, die jetzt den Rahmen hier sprengen würden, oftmals nur moderat ist.

Mit diesem sehr interessanten Forschungsthema hat sich unsere Umfrage nicht beschäftigt, Die Verfasserin vermischt Dinge, die nicht zusammengehören und verfehlt damit das Thema.

Es erinnert ein wenig daran, dass die Verfasserin am Anfang plötzlich von Interview redet. Interview und Fragebogenuntersuchung sind aber zwei verschiedenen Methodenklassen, die in aller Regel in verschiedenen Kapiteln oder sogar in verschiedenen Büchern abgehandelt werden.

Die Verfasserin scheint diese Unterschiede nicht zu kennen und sie verwechselt zudem die wichtigen Theman soziale Erwünschtheit und Lügen (auch zwei verschiedenen Themen!) mit dem Thema der Konsistenz von Einstellungen und Verhalten (ein drittes Thema).

Umgangssprachlich gesprochen wirft die Verfasserin verschiedene Dinge in einen Topf, die sie dann miteinander verquirlt, so dass am Ende niemand mehr erkennen kann, was in der Suppe eigentlich enthalten war.

Ernsthaft gesprochen:

Bei methodenkritischen Analysen ist es essentiell, Aspekte differentiell voneinander zu trennen, um zu einer korrekten Gesamteinschätzung zu gelangen. Diesem Anspruch wird die Verfasserin nicht gerecht.

Lügen also alle wirklich?

Es ist nicht so, dass die Leute reihenweise im Sinne von Schönreden dezidiert lügen oder verzerren und daher quasi alle Umfragen, die direkte Fragen stellen, unsinnig wären. Mit direkten Fragen werden wertvolle Ergebnisse erzielt, wie die Persönlichkeitsychologie, die psychologische Spozialpsychologie und die Ernährungswissenschaft Tag für Tag präsentiert.

Tatsächlich neigen Menschen zwar dazu, sich auf Biofleisch etc. zur Rechtfertigung ihres Fleischkonsums zu berufen - hier hat die Verfasserin Recht. Fragt man aber konkret nach, wie oft, wann und wo sie Biofleisch kaufen, wie sie sich in Restaurants verhalten etc., dann erklären einem die gleichen Menschen, dass sie eben kaum Biofleisch kaufen.

Wenn ausreichend konkretisierte Fragen gestellt werden, werden mehrheitlich korrekte Antworten gegeben.

Ansonsten müssten sich nach der Logik der Verfasserin in Umfragen übrigens auch mehrheitlich Menschen als vegetarisch oder sogar vegan bezeichnen, auch wenn sie es nicht sind. Das tun sie aber nicht, sondern der Veganer-Anteil bleibt im Regelfall bei ca. 1%, was der Realität entsprechen dürfte.

Wichtig ist dabei erneut, wie konkret die Fragen gestellt werden, um den Anteil von vegetarisch und vegan lebenden Menschen nicht zu überschätzen. Präzise Fragen sind notwendig, um korrekte Antworten zu erhalten.

Soziale Erwünschtheit empirisch gesehen

Ich komme nun etwas ausführlicher auf das Thema der sozialen Erwünschtheit zu sprechen, weil Mira Landwehr diesem Thema in ihrem Review breiten Raum einräumt:

  • soziale Erwünschtheit ist empirisch ein sehr komplexes Phänomen, wobei es in der Psychologie maßgebliche Wissenschaftler gibt, die dies Phänomen als Antworttendenz/Verzerrung für überschätzt halten. Entscheidender inhaltlicher Fokus solcher Einschätzungen ist, dass man recht oft zeigen kann, dass soziale Erwünschtheit gar keine Verzerrung darstellt, sondern der Realität entspricht: Menschen, die hohe Werte in sozialer Erwünschtheit aufweisen (hierfür gibt es bestimmte Skalen), verhalten sich auch im Durchschnitt tatsächlich sozial erwünschter. Wenn dem aber so ist, dann handelt es sich weniger um eine verzerrende Antworttendenz als um die Beschreibung der Realität.
  • von daher sieht Uziel (2011) soziale Erwünschtheit in Wirklichkeit als Ausdruck von Selbstkontrolle an.
  • McGrath et al (2010) haben in einem Überblicksartikel umfassend untersucht, ob direkte Selbstangaben maßgeblich durch Verzerrungstendenzen, wie unsorgfältiges/zufällige Antworten, Acquiszenz, positives Impression-Management (soziale Erwünschtheit), negatives Impression-Management (sich negativ darstellen), Tendenz zu Extremantworten oder Tendenz zu mittleren Antrworten in relevantem Ausmaß beeinflusst werden und dies durch Kontrolltechniken korrigierbar sei. Letztlich findet er nur für zufälliges/unsorgfältiges Arbeiten ausreichende empirische Belege.
  • im deutschen Raum gehören Piedmond et al (2000) zu den Kritikern der Annahme, dass Antworttendenzen Testverfahren massiv verfälschen würden und man dagegen Kontrollskalen einsetzen müsste

Aus solchen und ähnlichen Gründen hat der aktuell weltweit mit am meisten gebrauchte und am besten untersuchte Persönlichkeitsfragebogen NEO-FFI (NEO-Fünf-Faktoren-Inventar nach Costa und McCrae) auf den Einbezug einer sozialen Erwünschtheitskala komplett verzichtet.

Das Gleiche gilt für das im deutschsprachigen Raum ebenfalls maßgebliche Tierer Integrierte Persönlichkeits-Inventar (TIPI), wie überhaupt für die meisten neueren Verfahren in der Persönlichkeits- und Einstellungsdiagnostik.

Die Selbsteinschätzung mit direkten Fragen zu sensiblen Erlebnisinhalten und Verhaltensweisen steht in diesen Verfahren mit gutem Grund im Vordergrund, weil sich so gute Validitäten (Gültigkeiten) ergeben.

Die Ausführungen der Verfasserin zu den Antworttendenzen sind also viel zu wenig differenziert und erwecken den Eindruck eines großen Problemes, welches aber in diesem Ausmaß womöglich gar nicht existiert.

Zusätzlich missversteht die Verfasserin den Einfluss der hier gewählten Methodik der anonymen Internet-Befragung auf mögliche soziale Erwünschtheit:

Online versus Offline

Eine aktuelle umfangreiche meta-analytische Auswertung über 51 Studien, die soziale Erwünschtheit zwischen einem Offline-Setting (Papierfragebögen) und einem Internet-Setting (Internetumfrage) verglich mit expliziter Berücksichtigung diverser Moderatorvariablen (wie Grad der Anonymität, individuelles oder gruppenspezifisches Testsetting, Möglichkeiten, frühere Items zurückzuverfolgen, der Einbeziehung von Fragen zu besonders sensiblen Themen etc.) gelangte zu dem Ergebnis, dass Online-Befragungen und Offline-Befragungen sich nicht im Hinblick auf diverse Skalen zur Erfassung der sozialen Erwünschtheit unterscheiden

Ebenso findet diese Meta-Analyse übrigens , dass in der Vergangenheit Effekte sozialer Erwünschtheit bei Online-Befragungen überschätzt wurden

Anonym versus identifizierbar

Wie wirkt sich nun “anonym“ auf soziale Erwünschtheit?

Hier gibt es einen nicht ganz so klaren Forschungsstand mit leicht oder moderat widerstreitenden Befunden in folgende mögliche Richtungen:

  • Menschen in anonymen Kontexten sind eher bereit, eigene Schwächen zuzugeben, als wenn sie identifizierbar wären. Je anonymer Menschen sich fühlen, desto eher wären sie demnach bereit, einzugestehen, dass sie beispielsweise sich zwar vegan nennen, aber doch Eier essen, oder dass sie rechtslastig denken, was sie womöglich in einem nicht anonymen Kontext leugnen würden oder dass sie einer Verschwörungsteorie anhängen, obgleich diese von anderen negativ bewertet wird. Ein solcher Befund wird beispielsweise in dieser Studie berichtet, die auch Referenzen auf zahlreiche andere Studien mit gleichem Ergebnis gibt (siehe aber unten weitere Qualifizierungen unter dem Abschnitt zur Korrektheit der Ergebnisse)
  • andere Studien finden keinen Unterschied zwischen der sozialen Erwünschtheit in anonymen und nicht-anonymen Settings
  • eine sehr interessante weitere Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass anonyme Online-Befragungen, die sensible Themen betreffen, verstärkt Teilnehmende anlocken, die eine abweichende, sozial unerwünschte Meinung oder ein anderes eher normativ abweichendes Merkmal aufweisen. Für unsere Studie würde dies bedeuten, dass das Ausmaß´der Verschwörungstheorie überschätzt würde, so wie bereits bei der Jasage-Tendenz und erneut im Widerspruch zur Argumentation der Verfasserin

Der Forschungsstand ist komplex und ich habe hier nur einen kurzen Abriss gegeben. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und ich bin absolut der Meinung, dass unsere Umfrage, wie jede Form der Datenerhebung und Auswertung, kritisierbar ist.

In dem Verriss der Verfasserin ist aber leider sachliche, faire und zielführende Kritik nicht zu finden.

Klar ist in jedem Fall, dass ein anonymes Setting die Effekte sozialer Erwünschtheit nicht erhöht, sondern sie, wenn überhaupt, eher mindert. Zudem könnte unsere Studie die Anzahl der Bejahungen von Verschwörungen tendenziell eher überschätzt haben, weil entsprechende Fragen gerade Personen anziehen können, die zu diesem Denken neigen. Empirische Befunde stützen diese Möglichkeit, was aber nicht heißt, dass dies ein massiver Effekter wäre.

Korrekheit der Ergebnisse

Die oben referenzierte Studie hat noch ein weiteres wesentliches Ergebnis, nämlich, dass ein anonymer Kontext zwar Effekte sozialer Erwünschtheit reduziert, aber die Akkuratheit trotzdem reduzieren mag.

Spezifisch kann ein anonymer Beantwortungskontext womöglich eine mangelnde Sorgfalt bei der Beantwortung von Fragen auslösen. Wenn man nicht durch Identifizierbarkeit gebunden ist, mag man zwar mehr negative Eigenschaften eingestehen, dafür aber einen Fragebogen unsorgfältiger bearbeiten, sich weniger bemühen und dadurch falsche oder sogar unsinnige Antworten geben.

  • genau dieser Sachlage hat sich die Umfrage intensiv angenommen und hat durch die implementierten und genau im Artikel beschriebenen Kontrollmaßnahmen, die unsorgfältiges oder willkürliches Arbeiten erkennen konnten, Abhilfe geschaffen.
  • wer unsorgfältig oder willkürlich arbeitet, wer nicht richtig liest oder zu schnell klickt, der wird statistisch immer irgendwann widersprüchliche Angaben machen, die nicht inhaltlich gerechtfertig werden können (beispielsweise sowohl Zustimmung zu Lockerungen zu früh als auch Zustimmung zu Lockerungen zu spät). Mit den Kontrollvergleichen konnten diese Personen identifizert und ihre Datensätze ausgeschlossen werden. Ich verweise auf die genauen Schilderungen im Artikel

Die von der Autorin selbst angesprochene milchtrinkende Veganerin wäre übrigens niemals in die Auswertung einbezogen worden, weil auch sie durch das Kontrollraster gefallen wäre:

  • so konnte man natürlich angeben, man sei vegan und konsumiere Milch und den Bogen auch weiter bis zu Ende ausfüllen, aber aus der Auswertung wurde man a priori ausgeschlossen

Bis auf eine kurze Erläuterung im weiteren unteren Teil stelle ich diese Kontrollen hier jetzt nicht im Detail dar, weil ich sie bereits ausführlich im Artikel erläutert habe.

Ich hätte aber erwartet, dass eine Verfasserin, die vorwiegend methodenkritische Kritik an meinem Artikel übt, sich hiermit auseinandergesetzt hätte. Das ist leider nicht geschehen.

Mindestens ein Ausfüllversuch der Verfasserin wäre übrigens auch an der Kontrolle gescheitert, selbst wenn sie sie nicht ohnehin erst nach Abschluss der Auswertung an der Untersuchung teilgenommen hätte. Denn die Feststellung, dass die Fragenanzahl sich ändert, zeigt, dass sich die Verfasserin mindestens einmal als nicht vegan bezeichnete und damit in die Untersuchung nicht eingegangen wäre, sie wäre es allerdings sowieso nicht, weil sie den Bogen zu spät nach Ergebnisauswertung ausfüllte.

Zusammenfassend wurden in dieser Umfrage besonders starke Anstrengungen unternommen, um das Datenniveau zu kontrollieren und Antworttendenzen entgegenzuwirken, wobei andererseits empirische Studien zeigen, dass man Antworttendenzen auf keinen Fall überbewerten sollte.

Diese Bemühungen bezüglich Absicherung und Kontrolle erwähnt die Verfasserin in ihrem Verriss nicht. Sie macht schwere logisch-inkonistente Fehler in ihrer Argumentation, gibt nur allgemeine Referenzen und zeigt ein oberflächliches Wissen über Antworttendenzen und deren Konsequenzen.

Für ihre Behauptung, dass wir in der Umfrage Verschwörungsdenken eher unterschätzt hätten, gibt es tatsächlich nicht den geringsten Hinweis, eher könnte eine leichte Überschätzung vorliegen.

Aus nur ihr bekannten Gründen hat die Verfasserin diese Möglichkeit zur leichten Überschätzung des Verschwörungsdenkens in ihrem gesamten Review nicht erörtert. Sie fokussiert sich blind auf ihr "Wunschdenken" = Unterschätzung, nimmt aber nicht die für eine wissenschaftliche Analyse immer notwendigen Falsifikationsprüfung durch Erörterung anderer Alternativen vor. Damit verliert der Review von Mira Landwehr jedes methodenkritische Gewicht, er wird gegenstandslos.

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die falsch erfassten Veganer

Die Verfasserin kritisiert ebenfalls, dass der Begriff vegan nicht angemessen erfasst worden sei:

“Am Anfang werden zwar Ernährungsgewohnheiten relativ präzise abgefragt. Daraus leitet Gebauer jedoch den Schluss ab, dass es sich bei denen, die explizit tierische Produkte ausschließen, um Leute handeln müsse, die vegan leben. Dass Veganer*innen bei der Unterscheidung zwischen Ernährungs- und Lebensweise ausgesprochen pingelig sein können, ist bekannt, wird hier jedoch einfach weggewischt. Nach Leder, Wolle usw. wird nicht gefragt. Wie vegan die Veganer*innen der Umfrage tatsächlich sind, weiß ohnehin niemand.“

Nach Leder, Wolle usw. wurde nicht gefragt?

Jeder mache sich selbst ein Bild – diese Fragen wurden gestellt:

Mira Landwehr schreibt also einen umfangreichen Artikel über eine Umfrage, die sie sich nicht sorgfältig angeschaut hat.

Wie wäre sonst erklärbar, dass sie behauptet, nach Wolle oder Leder sei nicht gefragt worden?

Richtig ist allerdings, dass sich die Datenauswertung im Artikel auf vegan.eu auf diejenigen Personen bezog, die 1. angegeben hatten, vegan zu sein, und 2. in nachfolgenden Fragen mit drei stufigem Antwortformat zusätzlich angaben, kein Fleisch, keinen Fisch, keine Milch und keine Eier zu essen.

Hierzu wurden folgende Erläuterungen im Artikel gegeben:

"In die Umfrage wurden ausschließlich Personen einbezogen, die angaben, vegan zu leben und die zusätzlich jeweils „Nein“ angaben bei Fragen zum Konsum von Fleisch, Fisch, Milch/Milchprodukten und Eiern/Eierprodukten, sowie aller Produkte, die diese Lebensmittel enthalten.

Es wurde also nicht lediglich gefragt, ob jemand vegan lebt, sondern es wurden zusätzlich die oben genannten Lebensmittelgruppen explizit abgefragt.

Dies Vorgehen begründet sich damit, dass auch aus anderen Studien und Umfragen bekannt ist, dass es eine Reihe von Menschen gibt, die die Frage, ob sie vegan leben, bejahen, obwohl sie weiterhin tierische Produkte konsumieren. Es mag sich hier um Menschen handeln, die sich mit der veganen Lebensweise identifizieren, diese aber (noch) nicht umsetzen. Ebenfalls kann es sein, dass der Begriff vegan falsch verstanden wird.

Es ist daher wichtig für die Befragung von vegan lebenden Personen nicht nur die allgemeine Frage nach veganer Ernährung zu stellen, sondern spezifisch zu erheben, ob tatsächlich tierische Produkte nicht konsumiert werden.

An der Untersuchung beteiligten sich ursprünglich 4014 Personen, die angaben, vegan zu leben. Bei 532 Personen zeigte sich, dass diese tatsächlich ebenfalls angaben, mindestens eine tierische Lebensmittelart gelegentlich oder sogar regelmäßig zu konsumieren. Entsprechend wurden diese 532 Personen aus der Auswertung ausgeschlossen.

Nach Ausschluss der 532 Personen verblieben 3452 Personen, die grundsätzlich in die Auswertung eingeschlossen werden konnten.“

Ausdrücklich wurde im Artikel geschrieben, dass es auch weitere Maße gab, auf die sich allerdings diese Auswertung nicht bezieht.

Ich wollte den Artikel nicht weiter textlich aufbauschen und durch zu viele statistische Daten überfluten, weil dies die Lesbarkeit reduziert und viele Leserinnen und Leser von vegan.eu sich tatsächlich nicht für zu detaillierte statistische Analysen interessieren.

Texte werden letztlich dann von vielen auch nicht mehr gelesen. Deshalb wird es eine Serie von Artikeln geben, die alle Aspekte beleuchten und sich dabei auf unterschiedliche Themen beziehen.

Unter dem Abschnitt Fragebogen, wo die Maße geschildert werden, wurde dies benannt, weitere Artikel angekündigt und damit dieser Sachverhalt ausdrücklich transparent gemacht:

  • “Die aktuelle Auswertung bezieht sich nur auf einen Teil der in der Umfrage gestellten Fragen. In weiteren Auswertungen und Artikeln wird auf andere Sachverhalte (zum Beispiel Religionen, diverse politische Meinungen etc.) eingegangen werden.“

Wenn Mira Landwehr also nicht auf die weiteren Artikel warten wollte, die ich bereits angekündigt hatte, hätte sie einfach mit einer einfachen Frage an mich herantreten können, wie sich die Verneinung weiterer Kriterien, wie Leder oder Wolle etc,, auf die Ergebnisse ausgewirkt hätte.

Dies tat sie aber nicht und konnte es nicht tun, weil sie nicht einmal bemerkt hatte, dass alle diese Aspekte und vieles mehr detailliert erhoben worden sind.

Aber auch wenn die Verfasserin hier gravierende Unsorgfalt zeigt, bedeutet dies durchaus nicht notwendigerweise, dass ihre Bedenken falsch sein müssen.

Könnte es sein, dass sich an dieser Studie vorwiegend sogenannte „Ernährungsveganer“ beteiligten und bei Personen, die einen veganen Lebensstil pflegen, ein anderes Ergebnis herausgekommen wäre?

Auch wenn weitere Auswertungen für andere Artikel vorgesehen sind, möchte ich doch diesen Bedenken an dieser Stelle schon kurz gerecht werden:

  • die (sogenannte punktbiseriale) Korrelation zwischen der Skala “Strenge des veganen Lebensstil“ (alle Aspekte aufsummiert, befriedigende interne Konisstenz von Chronbach´s alpha = ,679) und jeder der einzelnen Verschwörungstheorien sowie des Gesamt-Verschwörungsmaßes (hervorragende interne Konsistenz von ,889) erreicht in keinem Fall die Signifikanz und die deskriptiven Werte schwanken zwischen absolut trivialen Werten von ,021 (Gesamtverschwörungsmaß) bis -,022 (Medikamente sind schuld)
  • demgegenüber zeigt sich eine (geringe, aber statistisch signifikante) Korrelation zwischen dem tierethischen Motiv für die vegane Lebensweise und dem Gesamt-Verschwörungsmaß von ,167. Im Durchschnitt bejahten also Personen weniger Verschwörungstheorien, wenn ihre vegane Lebensweise stärker tieretisch motiviert war, wobei eine solche tieretische Orientierung von 87,4% mit der höchsten Zustimmung auf einer vierstufigen Skala beantwortet wurde

Beide Befunde zeigen, dass keine Rede davon sein kann, dass durch die Fokussierung des Artikels auf Menschen, die sich als vegan bezeichnen und Konsum von Fleisch, Fisch, Milch, Eiern verneinten, eine Unterschätzung der Bejahung von Verschwörungstheorien erzeugt worden sei.

Der Einbezug des Strengegrades der veganen Ernährung und des tierethischen Motives führt zu keiner Veränderung oder sogar zu einer (minimalen) Abnahme der Bejahung von Verschwörungsteorien.

Diese letzten Befunde konnte die Verfasserin allerdings natürlich nicht kennen, ich habe sie ja gerade erst als Reaktion auf Ihre Hypothese hier dargestellt.

Die Hypothese der Verfasserin, dass diese Umfrage Verschwörungsdenken unterschätzt haben könnte, wird durch alle von ihr sebst aufgeworfenen Themen (Jasage-Tendenz, anonyme Online-Befragung, veganer Lebensstil statt ernährungsvegan) nicht gestützt, sondern widerlegt.

Eine abschließende Anmerkung zum kritisierten Format der anonymen Online-Umfrage:

  • Online-Untersuchungen werden weltweit duchgeführt. Sie werden mit Recht in wissenschaftlichen Fachpublikationen veröffentlicht, sebst wenn nicht selten weniger Kontrollen implementiert waren als in unserer Umfrage. Sie sind heute die Basis von Master-Arbeiten, Promotionen und Habilitationen. Es ist insofern unberechtigt, wenn die Verfasserin die Probleme der Makro-Methodik übertreibt und die Probleme alternativer Methoden untertreibt, die Auswirkungen von Antworttenzen überbetont und wenn sie es gleichzeitig versäumt hat, sich die Umfrage im Detail anzusehen bzw. es versäumte, sich mit dem, was sie gesehen hat, vertieft zu befassen (angeblich keine Wolle, kein Leder abgefragt, irrtümliche Annahme, milchtrinkende Veganerinnen könnten in die Datenauswertung eingegangen sein, nicht gegebenes Verständnis von Reihenfolgedynamiken und Randomisierungsprozessen, fundamentaler Irrtum bei der Jasage-Tendenz, die die These der Verfasserin genau widerlegen würde, Ausblendung aller in der Umfrage detailliert dargelegter Kontrolltechniken etc.)

Es entsteht der Eindruck, dass Mira Landwehr zu unserer Umfrage ihre Meinung gesagt hat ("Witz"), sich aber jeder methodenkritischen Untersuchung entzogen hat.

Damit ist der Analyse von Mira Landwehr inhaltlich kein höheres Gewicht zuzuweisen als jedem beliebigen Kommentar auf Facebook.

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ein scheinbar schlechtes Antwortformat

Die Verfasserin schreibt:

  • “Der Fragebogen bietet keine Antwortmöglichkeit „Weiß nicht“, „keine Meinung“ oder „Unentschieden“ an (sogenannte „Non-Attitudes“) und zwingt damit zur Entscheidung.“

Die Verfasserin übersieht mit dieser Kritik das mögliche Problem einer anderen Antworttendenz, die schwerer identifiziertbar und kontrollierbar ist als Zustimmungs- oder Ablehnungstendenzen, die die Ergebnisse aber verzerren kann:

  • die Tendenz, die mittlere Antwortkategorie zu wählen, sich also nicht zu positionieren

Diese Tendenz, die alle Fragenformate betrifft, wo es mittlere Antwortstufen gibt, kann zu folgendem Ergebnis führen:

  • eine Person vertritt Überzeugung X, die andere Person Überzeugung Y, wobei beide Überzeugungen aber entgegensetzt sind. Es können also nicht beide gleichzeitig vertreten werden
  • gibt es nun aber eine mittlere Kategorie und es besteht bei beiden Personen eine Antworttendenz zur Wahl der mittleren Kategorie. Deshalb werden diese gegensätzlichen Personen nun dennoch die gleiche Antwort angeben, nämlich Auswahl der mittleren Kategorie, so geht ihre Gegensätzlichkeit in den Daten verloren
  • weil zudem die mittlere Kategorie auch bei gegensätzlichen Fragen wählbar ist, lässt es sich nicht einfach erkennen, ob der Fehler vorliegt oder nicht

Allerdings will ich jetzt auch nicht katastrophisieren:

  • alle diese Tendenzen können bei Befragungen auftreten. Glücklicherweise wissen wir aber, dass sie eben nicht das Bild entscheidend prägen, da die große Mehrheit der Menschen nicht ausgeprägt nach Antworttendenzen antwortet, sondern nach dem Inhalt und diese große Mehrheit die letztlichen Ergebnisse statistisch dominiert
  • die Antwortverzerrungen in größeren Befragungen führen meistens nur zu einem gewissen Rauschen in den Daten, aber verändern nicht grundlegend die Ergebnisse

Insofern sind natürlich auch Antwortformate mit mittlerer Antwortmöglichkeit legitim und werden ebenfalls oft verwandt. Sie können bereichernd sein, wie auch ganz andere Formate, beispielsweise Likertskalen mit ungerader Stufenanzahl (mit mittlerer Stufe) oder mit gerader Stufenanzahl (ohne mittleren Bereich). Ein Teil der Fragen im Bogen wies auch solche anderen Formate auf, worauf die Autorin nicht eingegangen ist.

Grund für das zweistufige Format

Ich hatte bereits im Artikel zur Umfrage begründet, warum ich bei den Verschwörungen dieses zweistufige Antwortformat gewählt habe.

In keiner Weise gibt die Autorin in ihrem Review zu erkennen, dass sie diese Argumente wenigstens gelesen und über sie nachgedacht hat.

Wenn aber die Wahl eines Formates ausführlich begründet wird, dann muss ein seriöser Review auf die dort vorgebrachten Argumente wenigstens eingehen, sie also erörtern, selbst, wenn sie zurückgewiesen werden. Alles andere ist wissenschaftsethisch unzulässig.

Ich zitiere noch einmal aus dem Artikel zur Umfrage:

"Tatsächlich liegt in aller Regel eine Präferenz vor, die zum Ausdruck gebracht werden kann. Wer sich mit bestimmten Verschwörungstheorien beispielsweise noch gar nicht beschäftigt hat, wird in aller Regel „stimmt nicht“ angeben, da eine Bejahung von Verschwörungstheorien ja nur dann möglich ist, wenn eine individuelle Person hierfür tatsächlich positive Anhaltspunkte zu haben glaubt.

Solche zweistufigen Skalen haben in der Persönlichkeitspsychologie (zum Beispiel Fragebögen von Eysenck) eine lange Tradition und führen in der Regel zu guten Ergebnissen, auch wenn sich manche Befragte (in den Kommentaren ) durchaus mehrere Abstufungen gewünscht hätten."

Tatsächlich haben solche zweistufigen Formate verschiedene mögliche Vorteile, wie auch hier in dem Lehrbuch für Forschungsmethoden von Mitchell und Joley (siebte Auflage, 2010, S. 273-274) nachgelesen werden kann:

  • Teilnehmende erleben es als einfacher, zwischen zwei Auswahlen zu unterscheiden als zwischen mehreren
  • wenn es nur zwei Antwortmöglichkeite gibt (Stimmt/Stimmt nicht), ist die Ähnlichkeit der Bedeutung dieser Antworten zwischen Untersucher und Untersuchtem besonders hoch, bei mehr Antwortstufen können unterschiedliche Bedeutungswahrnehmungen entstehen

Genau so gibt es auch mögliche Nachteile:

  • Menschen finden, sie werden durch ein zweistufiges Format nicht ausreichend in ihrer Meinung repärsentiert. Sie haben beispielsweise den Wunsch, Abtreibung nicht nur zu befürworten oder abzulehnen, sondern stark zu befürworten oder stark abzulehnen
  • Wenn es tatsächlich mehrere Stufen in einem Merkmal gibt, verzichtet man als Untersucher bei Wahl eines zweistufigen Antwortmusters auf Informationen, wobei man hiermit Korrelationen nicht erhöht

Die Verfasserin beruft sich allein auf die subjektive Wahrnehmung einer (übrigens kleinen) Anzahl an Personen, die sich durch das zweistufige Format in der Tat, wie in der Forschung bekannt ist, nicht voll repräsentiert fühlten.

Nur führt dies eben nicht zu einer Reduktion der Datenvalidität, was die Verfasserin übersieht. Sie differenziert hier nicht ausreichend zwischen der subjektiven Erlebensebene einzelner Menschen und der objektiven Datenqualität, die im Übrigen auch statistisch prüfbar ist und geprüft wurde. Es resultierte tatsächlich aus den zweistufigen Items eine Gesamtskala mit hervorragender Datenqualität, was bei willkürlichem Antworten nicht möglich gewesen wäre.  Hierauf gehe ich im folgenden Abschnitt ein.

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die Hauptbefunde übersehen

Die Verfasserin hat etwas weiteres bei ihrer Kritik nicht berücksichtigt:

  • für die wesentlichen Hauptauswertungen standen nicht die einzelnen Verschwörungstheorien im Vordergrund, sondern es wurde aus den Antworten auf die 13 Verschwörungstheorien eine neue übergeordnete Variable gebildet, die die “Gesamtneigung zu verschwörungstheoretischem Denken“ abbilden soll

Diese durch Summenbildung erzeugte Variable zeigt dann wiederum beispielsweise sehr konsistente und klar interpretierbare Zusammenhänge zu anderen Fragen, wie der Präferenz für die AfD oder der Frage nach der Distanzierung von rechtslastigem Denken.

Stattdessen fokussiert sich die Verfasserin viel zu punktuell denkend auf die jeweils einzelnen Verschwörungstheorien und sieht dabei am Ende vor lauter Bäumen den Wald nicht.

Selbst diese Aussage muss ich leider zu Ungunsten der Verfasserin einschränken:

  • die Verfasserin fokussiert sich tatsächlich ausschließlich auf eine einzige Verschwörungstheorie (Judentum) in ihrer Kritik und lässt alles andere (abgesehen von der reinen Benennung) aus ihren Überlegungen aus. Sie hat sich also nicht die Bäume angeschaut, sondern nur einen Baum und dabei hat sie nicht bemerkt, dass es einen Wald gibt

Mit dieser Herangehensweise verkennt die Verfasserin die Bedeutung des Gesamtmaßes für die Auswertung und die Interpretation der Ergebnisse, die nämlich weit über die Zustimmung zu einer einzelnen Verschörungstheorie hinausgehen. Das Ganze ist mehr als seine Teile, heißt es dazu in der Gestalttheorie.

In gewisser Weise verfehlt die Verfasserin auch hier so das Thema.

Dies bedeutet aber wiederum nicht, dass kritische Fragen zu diesem Gesamtmaß nicht sinnvoll oder zu erwarten wären.

Wie wohl jeder Leser und jeder Leserin verstehen wird, hatte ich die Ergebnisdarstellung nicht vorwiegend auf statistische Details oder die ausführliche Erläuterung statistischer Verfahren gestützt. Dies ist einfach nicht das Hauptinteresse der Leserschaft meiner Artikel.

Dennoch möchte ich jetzt einige Erläuterungen geben, die die Gültigkeit dieser Umfrage stützen :

  • wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die verschiedensten Verschwörungstheorien miteinander korrelieren. Menschen, die einer Verschwörungstheorie anhängen, neigen also eher dazu, auch anderen Verschwörungstheorien anzuhängen, selbst gegenläufigen
  • weil verschiedene Verschwörungstheorien miteinander korrelieren, kann ein Gesamtmaß gebildet werden, welches die Tendenz zu Verschwörungsdenken quantifiziert
  • genau so ist es auch bei Persönlichkeitsfragebögen: in der Auswertung schaut man am Ende kaum noch auf das einzelne Item, also die einzelnen Antwort auf eine spezifische Frage, sondern auf die übergeordneten Werte für gemessene Konzepte (z.B. Neurotizismus, Offenheit für Erfahrungen etc.), die über Mittelungen gewonnen werden
  • ob ein solches Gesamtmaß wie hier gebildet werden darf, lässt sich wiederum aus den Daten erkennen. Voraussetzung hierfür ist, dass die einzelnen Antworten tatsächlich miteinander korrelieren und dass so ein Maß entsteht, welches eine ausreichende interne Konsstenz aufweist. So etwas kann wiederum nur enstehen, wenn Fragen sorgfältig beantwortet wurden.
  • im vorliegenden Fall zeigte sich das Gleiche wie auch in publizierten Studien: Die verschiedenen Verschwörungstheorien, die wir abfragen, korrelieren miteinander. Jeder einzelne der 78 Korrelationen ist signifikant mit Werten zwischen minimal ,121 (Islam und Mundschutz als neues Hakenkreuz) und ,759 ( Gates und weltweite Angstmache/Kontrolle). Es besteht also ein positiver Manifold in den Korrelationen aller Verschwörungen zueinander. Damit wird ein Befundmuster repliziert, das sich auf eine ähnliche Art und Weise allgemein in der Literatur bei der Abfrage Verschwörungstheorien zeigt. Die Daten verhalten sich also so, wie es anhand in der Literatur publizierter Befunde zu erwarten wäre. Dies ist eine starke Stütze für die Gültigkeit dieser Umfrage. Die Summenbildung war berechtigt. Dies zeigt sich zusätzlich an dem vorher bereits erwähnten Chronbachs alpha, welches einen hervorragenden Wert von ,889 aufweist und damit die Bildung und Interpretation des Gesamtmaß als Tendenz zu Verschwörungsdenken zusätzlich legitimiert

Dies Gesamtmaß hat wichtige Ergebnisse hervorgebracht, unter anderem zeigte sich tatsächlich (was ja auch die Verfasserin vermutet) ein signifikanter Zusammenhang zwischen Parametern rechtlastigen Denkens und der Verschwörungstendenz:

  • AfD-Anhänger bejahten Verschwörungstheorien beispielsweise viel häufiger als Personen, die Gegner der Afd waren. Tatsächlich bejahten fast 90% der AfD Anhänger mindestens eine Verschwörungstheorie, aber nur 12% der AfD-Gegner
  • Personen, die eine Distanzierung von rechtslastigem Denken ablehnten, bejahten Verschwörungstheorien ebenfalls viel häufiger als Personen, die eine Distanzierung forderten.

Ganz offensichtlich hat das Maß eine Bedeutung, es ist weder willkürlich noch sinnlos, es trennt Personen mit anderen Merkmalen voneinander und die Zusammenhänge lassen sich sehr gut interpretieren.

Natürlich hätte Mira Landwehr weitere Informationen zum Gesamtmaß anfordern oder dieses anzweifeln können. Sie tut aber etwas anderes:

  • sie lässt ausgerechnet das wichtigste Maß des gesamten Artikel in ihrer Kritik komplett aus, als ob es dieses Maß gar nicht geben würde. Dies Hauptergebnis der Umfrage erwähnt die Verfasserin nicht, sie hat es offenbar nicht erkannt. Welche Bedeutsamkeit soll ein Review haben, der die Hauptergebnisse eines Artikels auslässt?

Aber es geht noch weiter:

Die Verfasserin erhebt den (diffamierenden) Vorwurf, bei dieser Umfrage hätten wir die Abfragen vermutlich bewusst so konstruiert, dass das Ausmaß des Verschwörungsdenkens bei Veganern unterschätzt werde.

Tatsächlich haben wir gemäß der Daten die Affinität zu Verschwörungsdenken mit ca. 15% benannt. Wir haben bereits dann diese Affinität angenommen, wenn nur eine einzige der 13 Verschwörungstheorien bejaht wurde.

Entgegen der Behauptung der Verfasserin ist die Umfrage so konstruiert, dass die Wahrscheinlichkeit der Erkennung einer vorhandenen Verschwörungstendenz maximiert worden ist. Die Umfrage ist so ausgerichtet, dass Verschwörungsdenken auch wirklich gefunden wird, wenn es existiert. Das glatte Geggenteil zu den Behauptungen von Mira Landwehr liegt also vor.

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ein bedenklicher Kronzeuge

Mira Landwehr beruft sich auf einen Kronzeugen, der tatsächlich bei vegan.eu kommentierte.

Sie gibt seinem Kommentar ausführlichen Raum:

  • „Auf der Facebook-Seite von vegan.eu melden sich einige zu Wort, die offenbar aus dem vermuteten Grund – sie erkannten, dass ihre Einstellungen von den Umfrageersteller*innen nicht ernst genommen und abgelehnt werden – nicht an der Umfrage teilgenommen bzw. diese abgebrochen haben. Unter ihnen Rolf S., der auf seiner Seite AfD-Inhalt teilt und Likes unter anderem an Wolfgang Wodarg, Thomas Röckemann (AfD), eine Xavier-Naidoo-Solidaritässeite, Thilo Sarrazin und Sahra Wagenknecht sowie Juden in der AfD vergeben hat. Eine gewisse Sympathie für Israel und das Judentum lässt sich aus einigen weiteren Likes schließen. Man kann vermuten, dass er Querfrontstrategien gegenüber nicht abgeneigt ist. Sein Kommentar: „Diese drei Themenkomplexe 1. Corona 2. Veganismus 3. Rechtslastigkeit wurden hier willkürlich in Juxtaposition gebracht und in Beziehung zueinander gesetzt. Einen sachlichen Grund dafür gibt es nicht, aber ein Motiv: Erpresste Anbiederei, Impfreklame, Bil-Gates-Schönreden, Corona-ad-infinitum.“ Rolf S. scheint bereits relativ tief in der Echokammer der Verschwörungsgläubigen gefangen zu sein.“

Seksan, der mich bei der Zusammenstellung der Fragen, den Eingaben, der Prüfung der Vorversion etc. unterstützte, hat sich die Mühe gemacht, die durch hochfrequente Postings gekennzeichnete Facebookseite der genannten Person bis zum Posting zum 28.05.2019 zurückzuscrollen.

Er fand zahlreiche verschwörungstheoretische und rechtslastige Aussagen, keine einzige Aussage zu einer veganen Lebensweise, Null Interesse an Tierleid und schließlich im Rahmen zum Islam folgendes Posting am 28.05.2019, wörtliches Zitat:

  • "Halal duldet keine Küchenvielfalt, von vegan bis Schweinesteak"
  • dies stellte der Herr zusammen mit anderen vergleichbaren Aussagen zur Diskussion und kommentierte selbst auf die Frage, wohin dies führe, mit “zur Umma, dem islamischen Paradies im Diesseits“

Diesen Herrn macht die Verfasserin nun zu einem Veganer (!), der angeblich leider unsere Umfrage nicht ausfüllen konnte wegen unserer schlechten Fragen.

Warum wählt Mira Landwehr so einen Kronzeugen und gibt ihm so viel Raum? Warum braucht Sie einen Nicht-Veganer, um unsere Umfrage unter veganen Personen zu diskreditieren?

Die Verfasserin zitiert zusätzlich einen auf mich verwirrend wirkenden Eintrag einer Dame mit wüsten Beschimpfungen von uns, wobei bei Lesen des Eintrages aber mir deutlich wurde, dass diese Dame offenbar befürchtet, wir wollten vegan lebende Menschen als Aluhutträger diffamieren. Diese Dame hatte also den Eindruck, wir würden die Auswahl von Verschwörungstheorien forcieren - so verstehe ich ihr Posting. Die Dame will Veganer vor uns warnen. Unter anderem kritsierte sie, dass wir Antwortformate bezüglich Ja und Nein-Antworten bei Kontrollfragen ausballanciert haben, um Antworttendenzen zu erkennen.

Es gibt immer einzelne Menschen im Leben, die sich über alles aufregen, egal, ob sie Recht oder Unrecht haben. Bei jeder Frage wird es Personen geben, die meinen, man wolle damit die eine oder eben die gegenteilige Antwort provozieren. Aus solchen Äußerungen lässt sich natürlich nichts über die Validität der Umfrage hier erschließen. Mehr lässt sich hierzu aus meiner Sicht nicht sagen.

Ergänzen möchte ich (um nun bei dem anekdotischen Diskurs der Verfasserin kurz mitzumachen), dass ich auch privat Emails von Verschwörungstheoretikern erhalten habe, die sich über die Ergebnisse der Umfrage aufregten. Fast alle waren Fleischesser.

Dabei wurde deutlich, dass diese an der Umfrage bis zum Ende teilgenommen hatten und die Fragen beantworteten. Der Hauptvorwurf war, dass wir diese Fragen (in der Auswertung und auf vegan.eu) als Verschwörungstheorien diffamiert hätten, obwohl es doch Tatsachen seien. Die Leute schrieben mir beispielsweise, wie sehr Gates die Welt kontrolliere. Sie mockierten sich nicht darüber, dass wir dies erfragten, sondern nur darüber, dass wir dies in der Auswertung als Wirklichkeit in Frage stellten.

Das ist aber nur eine Anmerkung am Rande. Grundsätzlich erachte ich einen rein anekdotischen Ansatz, wie er von der Verfasserin prominent verfolgt wird, als wenig zielführend. Die eigentlichen Ergebnisse sind wichtiger.

Festzuhalten bleibt, dass Mira Landwehr für ihre Argumentation rechtslastige Nicht-Veganer als Veganer bezeichnet und diese als Kronzeugen für ihre Position ins Feld führt – für mich eine gefährliche Nähe und auch eine Irreführung ihrer Leser und Leserinnen.

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eine Selbstbestätigung im luftleeren Raum

Die Verfasserin reagiert gegenüber unseren Befunden mit rigoroser Abwertung. Sie nimmt kein Ergebnis von uns zur Kenntnis, selbst nicht den Zusammenhang zwischen rechtslastigem Denken und Verschwören, der umgekehrt eben noch einmal zeigt, dass die Maße valide sind.

Bei rigoroser Abwertung unserer Umfrage und Ausblendung aller Ergebnisse  diskutiert sie aber ebenfalls an keiner Stelle einen Bezug zu anderen, in wissenschaftlichen Journalen veröffentlichten Befunden. Es scheint, sie dreht sich ganz in ihrer eigenen Welt, in die sie keine anderen Stimmen mehr an sich hernalässt, ja sie als störend erlebt, wie ihre unbegründete und extrem heftige Kritik an unserer Umfrage zeigt.

Dabei haben wir in Wirklichkeit nichts anderes getan, als dass wir herausfinden wollten - und zwar ergebnisunabhängig - wie wir in der veganen Community in dieser besonderen gesellschaftlichen Situation stehen. Ich hätte auch andere Ergebnisse mir damals vorstellen können und sie wären ebenso veröffentlicht worden.

Gerade wenn eine Umfrage aber so scharf als „Witz“ kritisiert wird, wäre doch die Frage interessant, was denn andere finden, deren Umfragen vielleicht kein oder weniger ein Witz sind.

Unsere Umfrage ist nicht die einzige Umfrage zu politischen Einstellungen bei vegan lebenden Menschen. So wurde 2017 im wissenschaftlichen Fachjournal Societies eine Studie der Politikwissenschaftlerin Corey Lee Wrenn veröffentlich zum Wahlverhalten von vegan lebenden Menschen in den USA.

  • in dieser Umfrage unter 287 amerikanischen Veganerinnen und Veganern gaben lediglich 4% an, für Trump gestimmt zu haben. Etwas über 6% der Befragten stimmten Trumps Wahlversprechen "Amerika zuerst" zu, 8% waren neutral und 86% lehnten dies ab

Trump ist das Beispiel eines Rechtspopulisten mit klarer Neigung zu Verschwörungsdenken, mindestens nutzt er Verschwörungstheorien für seine eigenen politischen Zwecke.

Wie in Deutschland nach den Befunden unserer Umfrage vegan lebende Menschen eine rechtlastige Partei, wie die AfD, bei weitem seltener unterstützen als dies die Allgemeinbevölkerung tut, so gilt in den USA offenbar das gleiche für Trump nach der Studie von Corey Lee Wrenn.

Mira Landwehr zitiert keine Studien als Argument für ihre Position, sie zitiert nur einen weiteren "Kronzeugen", nach ihren  Worten einen langjähriger kritischen Beobachter der veganen Szene und dessen “persönliche Erfahrungen“.

Sie bestätigt sich selbst durch sich selbst, indem sie einfach nur jemanden zitiert, der die gleiche oder eine ähnliche Meinung hat. Dies hat keinen Belegwert und ist eigentlich das typische Muster von Verschwörungstheoretikern:

  • verweist man sie auf Studien, antworten sie unter Verweis auf den nächsten Verschwörungstheoretiker

Wohlgemerkt, ich will hier nicht sagen, dass Mira Landwehr oder Sebastian Grote Verschwörungstheoretiker seien, in keinster Weise - also bitte nicht missverstehen! Ich weise lediglich darauf hin, dass das Argumentationsverhalten von Mira Landwehr starke Parallelen zu dem Verhalten von Verschwörungstheoretikern aufweist:

  • alles ignorieren oder abwerten, was der eigenen Position widerspricht, und sich durch die Zitierung von Personen mit gleicher oder ähnlicher Meinung zu einem bestimmten Sachverhalt selbst zu bestätigen

Methodisch lässt dies Zweifel an der Tragfähigkeit der Argumentation von Mira Landwehr entstehen.

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eine verzerrte Darstellung der Stichprobe

Die Verfasserin zweifelt die Angemessenheit der Stichprobe an und spekuliert auch hier über Verzerrungsmöglichkeiten:

  • Außerdem werden Teilnehmer*innen zu Beginn der Umfrage von vegan.eu explizit darum gebeten, sie unter ihren Freund*innen und in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Dies könnte einer Verzerrung in Richtung einer bestimmten Gruppe Vorschub leisten, die dann überproportional vertreten ist (eher jüngere, eher internetaffine Menschen, die sich von rechten Tendenzen in der veganen Szene abgrenzen wollen oder diese leugnen und die Umfrage als Möglichkeit sehen, einen „Beweis“ für die von ihnen angenommene Weltoffenheit der veganen Ideologie zu erbringen).“

Die Verfasserin schreibt hier allerdings vorbei an den Darstellungen im Artikel zur Gewinnung der Teilnehmenden und zur Sicherstellung einer hohen Generalisierbarkeit der Befunde.

Ich erlaube mir hier einfach die zentralen Aspekte aus dem Artikel zur Umfrage zu zitieren:

"1809 Personen (57,5%) gelangten zu Umfrage über eine durch uns bezahlte Werbeanzeige bei Facebook oder Instagram, die sich an Personen richtete, die als Interessensschwerpunkte angegeben hatten „vegan“ oder „Tierrechte“.

Diese Anzeigen richteten sich an alle Facebook-Nutzer, die sich für die entsprechenden Themen interessierten, ohne jeden Rückgriff auf andere Sachverhalte, Positionen, Lebensweisen oder eine Kenntnis von vegan.eu oder Gleichklang.de.

Jeder, der sich für vegan oder Tierrechte interessierte, konnte durch diese Anzeigen geworben werden.

955 Personen (30,4%) der Befragten kamen über die Webseite von vegan.eu, die Facebook-Seite von vegan.eu oder über den Newsletter von Gleichklang zur Umfrage. Hier handelt es sich also um Personen, die über unsere eigenen Webangebote rekrutiert wurden.

381 Personen (12,1%) kamen über verschiedenste andere Möglichkeiten zur Umfrage, wie Facebook-Gruppen, Postings auf anderen privaten Facebook-Seiten, Empfehlungen von Freunden oder Bekannten etc.

Repräsentativität und Allgemeingültigkeit

Die Umfrage strebte in ihren Aussagen einen hohen Generalisierungsgrad der Befunde für vegan lebende Menschen an.

Eine repräsentative Stichprobe für alle Veganer im strengen Sinne zu erheben, ist jedoch nicht möglich gewesen:

  • Veganer stellen höchstens ein Prozent der Gesamtbevölkerung dar. Um entsprechend beispielsweise eine repräsentative Stichprobe von nur 500 Veganern zu erhalten, müssten 50.000 Personen der Allgemeinbevölkerung untersucht werden. Dieser hohe Aufwand war nicht möglich.
  • zudem sind keine Merkmale bekannt, nach denen eine repräsentative Stichprobe von vegan lebenden Menschen zusammengestellt werden könnte, wenn nicht auf die Allgemeinbevölkerung zurückgegriffen werden soll. Entsprechend gründen sich auch veröffentlichte Studien und Umfragen zu vegan lebenden Personen in aller Regel nicht auf repräsentative Daten, da die Gewinnung einer im strengen Sinne repräsentativen Stichprobe kaum möglich ist.

Mithilfe der drei verschiedene Rekrutierungswege konnte aber dennoch eine hohe Allgemeingültigkeit der Befunde für vegan lebende Personen erreicht werden. Hierzu wurden sämtliche hier berichteten Befunde nicht nur in der Gesamtstichprobe, sondern auch separat in allen drei Teilstichproben untersucht und auf ihre Konsistenz überprüft.

Die statistische Auswertung zeigte, dass sich die Zustimmungsraten zu den abgefragten postulierten Corona-Verschwörungen, der Bewertung von Attila und den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen sowie zu den Maßen für rechtslastiges Denken zwischen den drei Herkunftsgruppen nicht wesentlich unterschieden.

In allen drei Teilstichproben wurden im wesentlichen identische Ergebnisse erzielt, sodass hier ausschließlich die Ergebnisse aus der Gesamtstichprobe dargestellt werden müssen, für die aufgrund dieser Sachlage eine hohe Allgemeingültigkeit beansprucht werden kann.

Auch wenn eine Repräsentativität im strikten Sinne also nicht gewährleistet werden konnte, ist dennoch von einer sehr guten Generalisierbarkeit der Befunde auf vegan lebende Menschen im Allgemeinen auszugehen.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine tatsächlich repräsentative Strichprobe in einem relevanten Ausmaß andere Ergebnisse erbringen würde"

Die Verfasserin muss dem nicht zustimmen, aber sie sollte in ihrer Kritik darauf eingehen, eben um Schwächen offenzulegen, wenn diese aus ihrer Sicht bestehen. Alles, was dargestellt wurde, zu ignorieren, ist demgegenüber keine legitimte Form der Kritik.

Zusätzlich verpasst es die Verfasserin, sich mit den durchschnittlichen sozio-demographischen Merkmalen der veganen Bewegung auseinanderzusetzen. Dabei gibt es hierzu durchaus auch Forschungsliteratur.

So kann die Verfasserin beispielsweise hier in einem Artikel über die Situation älterer Veganerinnen gerne über die soziodemografische Zusammensetzung der veganen Bewegung weiteres mit Referenzen lesen, wobei sie erkennen wird, dass die vegane Bewegung eine vorwiegend weibliche Bewegung und jüngere ist.

Genau dies zeigt sich auch in unsere Umfrage, was nicht gegen, sondern gerade für die Aussagekraft der erhaltenen Befunde spricht.

Leider lässt die Verfasserin auch den gesamten Abschnitt Einflüsse von Alter, Geschlecht und Bildungsstand komplett aus, denn die dortigen Befunde widerlegen ihre obige Spekulation.

Die dort präsentierten “Befunde implizieren, dass Menschen, die sich für eine vegane Lebensweise entscheiden, unabhängig von Geschlecht, Alter und Bildungsstand ähnliche Grundeinstellungen vertreten“.

Die in der Umfrage dargestellten Ergebnisse zeigen sich bei jüngeren und älteren Menschen, Menschen mit verschiedenen Geschlechtern und bei Menschen mit niedrigerem oder höherem Bildungsstand.

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ein doppelter Standard

Die Ansprüche der Verfasserin scheinen so geartet, dass im Grunde keinerlei empirische Untersuchung der Einstellung von vegan lebenden Menschen oder ihrer Gesundheit oder ihres Ernährungsverhaltens, mehr möglich wäre.

Ich selbst lese nun seit Beginn von vegan.eu die alle Studien auf Englisch oder Deutsch, die sich mit vegan lebenden Menschen beschäftigen, und die ich über Suchbegriffe in wissenschaftlichen Datenbanken oder Crossreferenzierung identifizieren kann.

Ich kann versichern, dass meines Wissens alle auch in wissenschaftichen Fachjournalen veröffentlichten Studien den von der Verfasserin postulierten Ansprüchen nicht genügen können. Das beginnt bereits bei der Erfassung von “vegan leben“, was immer durch Selbstangabe erfasst wird (ob durch Abfrage vegan, Abfrage von Lebensmittelgruppen, oder Fragebögen zu konsumierten Lebensmitteln).

Nach den Postulaten der Verfasserin müsste man die bei allen Studien zu vegan die Menschen rund um die Uhr mit Video- und Audio überwachsen lassen. Wie sonst wären ihre Ansprüche einlösbar?

Hier wird in meiner Sichtweise eine rigid-zwanghafte Sichtweise erlennbar. Ich interpetiere diese aber dezidiert nicht als persönlichkeitsstrukturell, sondern als Abwehr gegen solche Befunde, die nicht der eigenen vorgefertigten Meinung der Verfasserin entsprechen.

Ich kann mir ansonsten den unsachlichen Verriss unserer Umfrage durch die Verfasserin und die in ihr enthaltenen schweren Fehler kaum anders erklären.

Ich finde das gleichzeitg sehr schade, denn über echte Kritik und Diskurs hätte ich mich gefreut.

So stellt sich auch die Frage, auf welcher Basis eigentlich die Verfasserin selbst ihre Beobachtungen anstellt, wie sie sie auswertet und wie sie die Gültigkeit ihrer Befunde gewährleistet?

Ich habe das Buch von Mira Landwehr erst einmal und eher überfliegend gelesen. Was mir aber bereits beim ersten Lesen auffiel ist, dass Angaben zu Quantitäten (z.B. “viele“) ohne Bezug zu empirischen Daten behauptet werden und dass die Auswahl von Protagonisten dem Veganismus als einer zum großen Teil weiblich geprägten Lebensweise nicht gerecht wird.

Ich konnte auch keine Strategien erkennen, die der Kontrolle mögicher Urteilsfehler und Verzerrungen der Beobachungsbasis dienen würden. Dies ist aber nicht nur bei Umfragen, sondern bei jeder Form der Urteilsbildung notwendig.

Für mich ist beim Lesen des Buches bisher nicht erkennbar geworden, dass die Verfasserin versucht hat, eine repräsentative Beobachtungsbasis für ihre weiträumigen Schlussfolgerungen zu finden, diese transparent zu machen und die eigenen Urteile gegen Verzerrungen abzusichern.

Vor diesem Hintergrund bewerte ich den Review unserer Umfrage durch die Verfasserin als einen Ausdruck eines doppelten Standards.

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eine besondere Titulierung

Die Verfasserin teilt am Anfang ihres Artikels noch folgendes mit:

  • Bei Umfragen ist allerdings sehr genau darauf zu achten, wer wem welche Fragen gestellt hat. Dass weder die Journalist*innen noch Rittenau dazu ein Wort verlieren, zeugt von mangelhafter Recherche. Vegan.eu ist mit der esoterischen Datingseite Gleichgklang.de verschwistert, beide sind Teil der Gleichklang Limited, also einer GmbH nicht unähnlich, allerdings mit sehr viel geringerem Mindeststartkapital. Guido Gebauer, Psychologe und Gründer der Datingseite, hat offenbar auch die Umfrage konzipiert und die Auswertung verschriftlicht.“

Was möchte die Verfasserin hiermit eigentlich genau sagen und mit welcher Recherche ist sie zu der Bezeichnung esoterische Datingseite Gleichklang.de gekommen?

Die Vermittlung bei Gleichklang beruht auf einem psychologisch-statistischen Algorithmus. Es gehen keine esoterischen Verfahren ein, auch keinerlei Bezug zur Astrologie. Es wird – sehr zum Ärger mancher Mitglieder – nicht einmal das Sternzeichen erhoben oder mitgeteilt.

Vielleicht verdeutlichen diese Ausschnitte von der Gleichklang-Startseite am besten, als was sich Gleichklang versteht:

Die Gleichklang-Community ist eine Mitglieder-Community und Kennenlern-Gemeinschaft von derzeit etwas über 19000 Mitgliedern, die nach Partnerschaft, Freundschaft oder Reisepartnern suchen und denen Ökologie, Mitgefühl, Solidarität und Mitmenschlichkeit am Herzen liegen.

Unter der Überschrift Berücksichtigung von religiösen und a-religiösen Vorstellungen heißt es dort weiter:

Allen Mitglieder von Gleichklang ist das Bekenntnis zu einer solidarischen, mitmenschlichen und ökologischen Welt gemeinsam. Dies ist, was die Gleichklang-Community miteinander verbindet. Religiöse Unterschiede können demgegenüber bestehen und stehen einem wechselseitigen Kennenlernen nicht im Wege.

Zu Gleichklang kommen Mitglieder mit den unterschiedlichsten religiösen Vorstellungen. Bei uns gibt es Agnostiker und Atheisten ebenso wie es Menschen gibt, die sich zum Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus, Schintoismus oder zu esoterischer Spiritualität hingezogen fühlen. Viele Mitglieder fühlen sich zu mehreren Religionen oder gleichzeitig zu Agnostizismus und religiösen Vorstellungen hingezogen.

Voraussetzung einer Mitgliedschaft bei Gleichklang ist, dass eine Toleranz gegenüber andersartigen Lebensstilen und Denkweisen besteht. Fundamentalisten und Hassprediger, egal zu welcher Religion sie gehören, sollen und werden bei Gleichklang keinen Platz finden.

Schließlich sind wir eine Partnerbörse und ein Kennenlern-Forum für Menschen mit Toleranz und Mitmenschlichkeit, die sich beispielsweise auch für die völlige Gleichberechtigung schwuler, lesbischer, bisexueller oder transsexueller Menschen einsetzen.

Alle Menschen, die sich mit diesen Prinzipien identifizieren können, sind bei uns willkommen, egal welche Religion sie haben.

Natürlich darf die Verfasaserin unsere Selbstsicht kritisch in Frage stellen. Aber auf welcher Basis gelangt die Verfasserin zu der Aussage, wir seien eine estoterische Dating-Plattform?

Weil wir auch Menschen willkommen heißen und nach unserem Algorithmus vermitteln, die sich für Esoterik interessieren, solange diese keine rechtslastigen Tendenzen zeigen?

Dann wären wir aber genau so eine atheistische oder eine muslimische Dating-Plattform. Die Autorin hätte dann alle Attribute gebrauchen müssen. Worin begründet sich ihre Selektivität?

Ich denke, die Verfasserin verwendet das Label esoterisch sehr bewusst im Sinne einer subtilen Manipulation von Bewertungsprozessen.

Was die Ausführungen zu einer Limited und deren Startkapital für diese Umfrage bedeuten sollen, bleibt Mira Landwehr selbst überlassen.

Auch dies scheint der assoziative Versuch zu sein, ohne inhaltliche Substanz und entsprechend unbegründet subtile Vorbehalte zu schaffen.

Wir haben damals Gleichklang 2006 als Limited gegründet, weil wir damals finanziell nicht so gut gestellt waren, um diese als GmbH zu gründen, auch weil wir früh an eine Internationalisierung dachten. Na und?

In jeder Presseerklärung wird übrigens völlig dargestellt, dass vegan.eu durch Gleichklang Ltd betrieben wird. Man muss dazu keinerlei Recherchen führen, denn wir teilen es proaktiv mit.

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ein paar herausgegriffene Details

Während die Verfasserin die Hauptergebnisse und Auswertungen der Umfrage, einschließlich des Gesamt-Verschörungsmaßes, ignoriert, greift sie eine verschwindend geringe Anzahl an Fragen heraus, um an diesen in der Regel vermeintliche, aber im Fall einer Frage, die keine Relevanz für die Untersuchung aufwies, auch eine wirkliche Schwäche aufzuzeigen.

Von den 13 Verschwörungstheorien, die abgefragt wurden, greift die Verfasserin nur eine einzige näher heraus (Judentum), die sie als quasi unbejahbar darstellt. Die Verfasserin verkennt, dass diejenigen, die wirklich glauben, dass das Judentum an Corona schuld sei, diese Frage sehr wohl bejahen und bejahen können, zumal in einer anonymen Online-Umfrage.

Es handelt sich aber fraglos um eine der Verschwörungstheorien, von der wir nicht nur wegen ihrer Absurdität, sondern auch wegen ihrer geringen Postulierung auf den Verschwörungsseiten eine nur sehr geringe Zustimmungsrate erwarten würden. Gleiches gilt für die Islam- und die Homosexuellenverschwörung.

Es ist durchaus wünschenswert, bei einem Fragebogen, gerade wenn ein Gesamtmaß gewählt wird, mehr oder weniger relativ selten oder relativ häufig bejahte Fragen zu mischen. Es spricht nicht das geringste dagegen, nur sehr selten selbst von Verschwörungstheoretikern bejahte Fragen einzubeziehen.

Demgegenüber wurde beispielsweise die Gates-Verschwörung wesentlich häufiger bejaht. Aus dem Gesamtmaß ergab sich ein in hohem Ausmaß konsistenter Gesamtsummenwert, der die Verschwörungsneigung misst. Nichts daran ist anstößig.

Die Verfasserin kritisiert weiterhin folgendes Vorgehen, welches ich im Artikel klar dargestellt habe:

  • “Zehn […] Verschwörungstheorien waren von Anfang an in der Umfrage eingeschlossen, drei Verschwörungen (Islam, Juden, Homosexuelle und Gendertheorie) wurden erst später hinzugefügt, weil diese in den Medien als Verschwörungstheorie berichtet wurden (Juden) oder durch private Korrespondenz an den Verfasser herangetragen wurden (Islam, Homosexuelle und Gendertheorie). Insofern liegen zu zehn Verschwörungstheorien Antworten von 3145 Personen vor, während zu den drei später hinzugefügten Verschwörungstheorien lediglich Antworten von 2171 Personen vorliegen.“

Die Verfasserin schreibt hierzu:

  • “Die Umfrage wurde also bereits während sie noch lief, angepasst. Das ist nicht egal und hätte besser im Vorfeld geklärt werden müssen. Jedes einzelne Wort und auch die Reihenfolge der Antwortoptionen haben Gewicht. Die Bedeutung der Gesamtkomposition eines Fragebogens darf keinesfalls unterschätzt werden.“

Es ist also “nicht egal“, aber die Verfasserin sollte sich nicht auf einem derartigen allgemeinen Statement ausruhen und doch bitte auch präziser benennen, zu welchen Verfälschungen bitte die Hinzufügung von drei weiteren Antworten bei der Erfassung der Verschwörungstheorien geführt haben könnte?

Die Aussage der Verfasserin ist eher eine Art negatives Wischiwaschi, dem es an jeder Spezifikation fehlt.

In Wirklichkeit sind durch die Hinzufügung dieser Abfragen nicht die geringsten Veränderungen zu erwarten gewesen. Die Validität der Umfrage wird durch diesen transparent gemachten Prozess sicher nicht geschmälert.

Ich habe der Verfasserin aber nun den Gefallen getan und die Personen, die noch nicht diese drei weiteren Abfragen präsentiert bekommen hatten, mit denjenigen Personen verglichen, die sie präsentiert bekommen haben im Hinblick auf die Häufigkeit der Bejahung der 10 Verschwörungen:

  • es gibt keinen einzigen signifikanten Unterschied zwischen der Häufigkeit der Bejahung der Verschwörungen zwischen diesen beiden Gruppen

Natürlich hat die Hinzufügung der drei Fragen also tatsächlich keinerlei Auswirkungen gehabt.

Psychologisch hätte ich das nicht anders erwartet und die Aussagen der Verfasserin sind mir eher ein Rätsel.

Als letztes möchte ich auf der konkreten Ebene der Einzelfragen noch eine Kritik der Verfasserin ansprechen und ihr teilweise recht geben, aber nur bei einer einzigen Frage, die zudem nicht in die Ergebnisse einging.

Ich zitiere die Verfasserin hier zunächst im Ganzen:

  • "An einigen Stellen wird das Gebot der sprachlichen Neutralität verletzt. Etwa bei Frage 11, „Wie sehen Sie es?“, bei der es um den Zusammenhang von Tierhaltung und Covid-19 geht. Eine der drei abgefragten Thesen lautet „Corona ist eine Zoonose, also eine Erkrankung, die vom Tier auf den Menschen übergehen konnte wegen unserer Tierausbeutung. Auch um künftige Epidemien zu verhindern, ist eine Umstellung auf vegan notwendig“ (Hervorhebungen: ML; Antwortmöglichkeiten „Stimmt“ oder „Stimmt nicht“). Der Fragebogen ist hier sachlich ungenau – Corona ist keine Erkrankung, sondern ein Virus, genauer: SARS-CoV-2, das eine Atemwegserkrankung (Covid-19) auslösen kann. Schwerer wiegt jedoch, dass er an dieser Stelle suggestiv ist. Wer Veganer*innen fragt, ob „eine Umstellung auf vegan notwendig“ sei (um was auch immer zu erreichen), wird sehr wahrscheinlich eine zustimmende Antwort erhalten. Auch die Verwendung des Begriffs Tierausbeutung ist problematisch, denn er ist – insbesondere bei Veganer*innen – sehr negativ konnotiert und beeinflusst das Antwortverhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit. An Frage 11 wird zudem deutlich, dass der Fragebogen das wichtige Gebot der formalen Balance ignoriert, worunter zu verstehen ist, dass in der Frage bereits „alle – negativen und positiven – Antwortmöglichkeiten enthalten sein“[8] sollen. Frage 11 müsste daher in drei einzelne Fragen aufgeteilt werden."

Die Ausführungen der Verfasserin zu Covid-19 und SARS-COV-2 lasse ich einmal als eine unwichtige Kleinigkeit so stehen.

Die Kritik der Verfasserin ist, dass die Befragten den Sinn des komplexen Satzes quasi nicht verstehen würden und sich vorwiegend durch den letzten Satzteil leiten ließen, der auch suggestiv sei. Die Verfasserin hat insofern Recht, dass hier eine Aufsplittung besser gewesen wäre.

Die kritisierte Frage war allerdings auch in die dargestellte Auswertung gar nicht eingegangen. Einen relevanten Einfuss auf die Gesamtergebnisse hat sie so sicherlich nicht haben können. Diese Frage diente (wie auch im Artikel explizit benannt) nur als Kontrollvariable für eine sorgfältige Beantwortung.

Wer gleichzeitig sagte, “Corona sei eine Zoonose und deshalb … “ und  “Corona habe mit Tierausbeutung nichts zu tun“, der sollte aus der Untersuchung ausgeschlossen werden wegen offensichtich nicht sorgfältigem Lesen oder Antworten.

Immerhin 154 Veganer meinten, dass Corona mit Tierausbeutung nichts zu tun habe. Kein einziger von diesen hatte gleichzeitig die Frage bejaht, von der die Verfasserin meinte, dass sie quasi suggestiv für jeden Veganer zur Bejahung treiben würde. Diese Personen habe die Frage jedenfalls richtig verstanden.

Die Frage hat also nicht den geringsten Einfluss auf die Ergebnisse gehabt, nicht einmal als Kontrollfrage. Es ist ein reines Nebengleis, auf dem die Verfasserin einen gültigen Punkt vorgebracht hat (besser mehrere Teilfragen). Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

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die vermisste Verschleierung

Erst am Ende wird mir klar, wo der unterschiedliche Ansatz der Verfasserin zu dem von mir gewählten Ansatz tatsächlich liegt:

  • die Verfasserin meint, man hätte eine Umfrage erstellen sollen, die besser verschleiere, was man herausfinden wolle

Hier scheint der Knackpunkt zu liegen:

  • die Verfasserin ist im Glauben, dass verschleierte Fragen für die Erhebung psychischer Merkmale geeigneter wären als direkte Fragen

In der Testpsychologie und Persönlichkeitsdiagnostik spricht man hier auch von direkten und indirekten Fragen oder objektiven und subjektiven Tests. Eine extrem stark verschleierte Form von Tests sind sogenannte projektive Tests, die allerdings in der Diagnostik sehr kontrovers sind und deren generaliserbare Gültigkeit vielfach in Frage gestellt wird, wie beispielsweise in dieser Übersichtsarbeit dargestellt wird.

In der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen haben sich als Standard ganz direkte Fragen zu den entsprechenden sensiblen Auffälligkeitsbereichen in Form von Fragebögen und Interviews etabliert. Genau so direkte Fragen, wie sie auch hier in der Umfrage verwandt wurden.

Alle namhaften im deutschen Sprachraum verwandten Persönlichkeitsfragebogen beruhen heute ebenfalls auf direkten Fragen. Die Aussagekraft direkter Fragen ist empirisch belegt. Ich habe im Abschnitt unter soziale Erwünschtheit hierfür Referenzen bereits angegeben.

Laien glauben oft, dass es bei Psychologie vor allem darum geht, irgendetwas Verschleiertes im Hinterkopf zu haben, ja die Probanden in gewisser Weise hinters Licht zu führen. Dieser Ansatz hat sich in der Psychologie jedoch nicht durchgesetzt und ist veraltet. Er entspricht übrigens auch nicht meinem Menschenbild.

Ich möchte aber hierzu noch ein paar Erläuterungen geben, damit deutlich wird, warum der Ansatz der Verfasserin, ja ihre apodiktische Forderung, mit verschleierten Fragen zu arbeiten, gefährlich ist und zu ungültigen Befunden führen kann:

In einem verschleierten Intelligenztest gab es einmal die Frage “Ich esse lieber rohe als gekochte Karotten“. (Hinweis: Ich finde auf die Schnelle die Referenz nicht, ich erinnere mich hieran aus der Zeit meiner Doktorarbeit, ich benutze es hier aber nur als Beispiel, so dass die Referenz nicht bedeutsam ist) Bejaht man dies, spricht dies für eine höhere Intelligenz.

Das mag zu diesem Zeitpunkt in diesem spezifischen untersuchten US-amerikanischen Kulturraum durchaus eine valide Frage gewesen sein. Aber stellen wir uns vor, es kommt eine Epidemie und die Menschen fangen alle an, ihr Essen zu kochen. Womöglich wäre es dann umgekehrt, womöglich würde jetzt die Bejahung nicht höhere, sondern geringere Intelligenz bedeuten.

Das Problem mit verschleierten Fragen ist also, dass wir nicht wissen können, was sie für den Untersuchten wirklich bedeuten, wir wissen nur, was sie für den Untersucher bedeuten. Deshalb können verschleierte Frage zu komplett falschen Interpretationen führen, sogar zu einer Interpretion, die dem Gegenteil der innerpsychischen Wirklichkeit des Untersuchten entspricht.

Wenn man solche verschleierten Fragen benutzt, muss man nicht nur schlüssig mit einem externen Validitätskriterium beweisen, dass diese Frage beim Untersuchten wirklich misst, was sie vorgibt zu messen, sondern man muss diese Überprüfung permanent wiederholen, da jederzeit die tatsächliche psychische Bedeutung sich ändern kann.

Diese Gewährleistung ist nie einfach, aber sie kann mit direkten Fragen viel besser erreicht werden. So können Fragen zur Erfasung von Neurotizims, wie “ich habe oft Stimmungsschwankungen“ (entnommen aus dem International Personality Item-Pool, IPIP) nach den empirischen Befunde bereits seit Jahrzehnten in den verschiedensten Sprach- und Kulturräumen verwandt werden und sie zeigen eine gute Vorhersagekraft für Alltagsverhalten.

Genau das Problem zeigt sich auch bei einem Vorschlag der Verfasserin, nämlich statt des Begriffs Judentum den Begriff “das Finanzkapital“ als Chiffre zu verwenden:

Wäre diese Frage bejaht worden, würde die Verfasserin auf Antisemitismus oder eine Nähe dazu schließen. Diese Interpretation wird auch oft gültig sein, ebenso oft aber wahrscheinlich nicht.

Voraussetzung ist nämlich nicht, dass für die Verfasserin der Begriff “Finanzkapital“ ein Chiffre für das Judentum ist (es geht ja nicht um die Verfasserin), auch nicht ob dies geschichtlich so gebraucht wurde oder wird, egal ob explizit oder implizit (der Untersuchte ist ja nicht die Geschichte), sondern dass dieser Begriff tatsächlich für die individuelle befragte Person in ihren implizien und/oder expliziten emotional-kognitiven Verarbeitungsweisen ein entsprechende Chiffre ist. Was bedeutet dieser Begriff innerpsychisch bei einem Probanden, wie ist er individuell assoziiert?

Um dies wiederum im Einzelfall festzustellen, müsste die Verfasserin erst einmal mit den Probanden ihre individuelle Biografie und ihre Lernerfahrungen (die Lerngeschichte) durcharbeiten und müsste entsprechend über explizite Maße (Befragung) oder über implizite Maße (Reaktionszeitmaße) herausfinden, welches psychischen Assoziationen bei diesem Menschen mit dem Begriff tatsächlich bestehen.

Auch dies kurz verdeutlicht:

  • nehmen wir einmal rein hypothetisch an (dies ist ein reines Gedankenexperiment), eine Jugendliche bekommt von ihrem verarmten Vater mit Blick auf den wohlhabenden Bruder des Vaters, der in einer Bank arbeitet, nach einer finanziellen Auseinandersetzung in einer belastenden Situation gesagt: “das Finanzkapital macht uns kaputt“. Bei der späteren erwachsenen Frau mag dieser Begriff “Finanzkapital“ dadurch so stark assoziiert sein mit Vater und dessen Bruder als singulärer Lernerfahrung, dass er bei ihr überhaupt nicht mit dem Judentum assoziiert ist, sondern ausschließlich mit ihrer Lerngeschichte. Sie hat dann eine komplett andere Bedeutung für diese Frau als die Verfasserin annimmt und wäre in diesem Fall kein Hinweis auf Antisemitismus

Natürlich spielen hier auch Fragen des Bildungsgrades, der Auseinandersetzung mit der Geschichte etc. eine maßgebliche Rolle für die jeweilige tatsächliche innerpsychische Chiffre-Wirkung.

Verschleierte Maße bergen also das Risiko, dass ein Ergebnis am Ende weniger mit dem Untersuchten zu tun hat als mit den psychischen Prozessen und Annahmen beim Untersucher. Dies Risiko ist bei direkten Fragen geringer, weshalb sie heute die Persönlichkeitsdiagnostik dominieren,wo es ja gerade um die Erfassung besonders sensibler Aspekte geht.

Die von uns durchgeführte Umfrage ist keine verschleierte Untersuchung gewesen, sondern eine direkte Abfrage der interessierenden Einstellungen und Meinungen. Als solches ist sie deklariert und genau dies ist auch ihr Anspruch. Die Vermutungen der Verfasserin zur höheren Validität verschleierter Maße teile ich nicht.

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die vermeintliche Unmöglichkeit, zu antworten

Schließlich scheint die Verfasserin das Vermögen von Menschen zu unterschätzen, auf direkte Fragen zu antworten. Aus irgendeinem Grund meint die Verfasserin, dass jemand der beispielsweise glaubt, Corona sei eine harmlose Erkältung, kein “Ja“ sagen könne zu dieser Frage.

Woher die Verfasserin diese Meinung nimmt, weiß ich nicht, mit der psychischen Realität hat sie nach meiner Einschätzung wenig zu tun. Ich war die Liste übrigens  am Telefon mit einer mir bekannten Verschwörungstheoretikerin durchgegangen, die eine Reihe der Verschwörungen bejahte und oft noch kommentierte in der Art  "Ja natürlich, der will uns chippen" und dies dann mit Ausführungen über Tötungen von Kindern in Afrika und Indien durch Impfen ergänzte. Die Beantwortrung erfolgt mit kompletter Leichtigkeit aus dem Grund, dass die Damen eben tatsächlich diese Verschwörungen glaubte und gar keinen Anlass sah, "stimmt nicht" zu sagen.

Das ist natürlich nur ein Einzelbeispiel, aber Menschen, die an eine Verschwörungstheorie glauben, können diese selbstverständlich durch ein “Ja“ bejahen. Allerdings können Menschen, die NICHT an eine Verschwörungstheorie glauben, soche Fragen kaum bejahen. Genau das wollten wir erfassen:

  • wer glaubt und wer nicht an diese Theorien glaubt

Auch in den Kommentaren in der Umfrage sehe ich übrigens, dass diejenigen, die sich kritisch zu Verschwörungen äußerten “Nein“ ankreuzten und die, die sich in ihren Kommentaren positiv zu Verschwörungen äußerten oder diese verteidigten, durch Ja-Antworten auffallen. Verwunderlich finde ich dies nicht. Wir werden diese Kommentare noch alle qualitativ auswerten, was aber dauern wird, da es sehr aufwändig ist.

Allerdings sollten Äußerungen von Verschwörungstheoretiker niemals letztlich als Belege für die Gültigkeit empirischer Befunde ins Feld geführt werden:

  • Verschwörungstheoretiker machen jede Studie und jede Umfrage ausnahmslos nieder, wenn diese nicht einen dezidierten Pro-Verschwörungs-Kurs fahren, oder wenn die Ergebnisse nicht ihren Erwartungen entsprechen. Bereits neutrale Fragen sind für viele Verschwörungstheoreitker unerträglich, wenn sie nicht zu dem Ergebnis führen, welches sie wünschen. Das ist die Esssenz des verschwörungstheoretischen Vorgehens

Dass Mira Landwehr ausgerechnet die subjektiven Äußerungen einer kleinen Anzahl von verschwörungstheoretisch denkenden Einzelpersonen anführt, um ihre eigene Position zu stützen und diese Umfrage zu kritisieren, wirkt insofern wenig überzeugend, zumal sie sich nicht einmal der Frage der Repräsentativität stellt. Mit Einzelbeispielen können wir nahezu alles auf der Welt beweisen. .

Die Verfasserin macht sich damit implizit die Methodik der Verschwörungstheoretiker zu eigen, indem sie nicht nur deren neutrale Angabewn, dass sie etwas glauben oder nicht glauben, als zuverlässig und valide darstellt, sondern auch deren allgemeinere Meinungen zu Umfragemethodiken, Studien und Ergebnissen.

Sachlage ist, dass ausnahmslos Umfragen immer von einigen kritisert werden und auch diese Umfrage wurde sowohl von Verschwörungstheoretikern als auch von Gegnern von Verschwörungstheorien kritisiert.

Hierzu eine Analogie:

Jeder Psychologe, der mit Tests arbeitet, kennt aus eigener Erfahrung Äußerungen von einigen Probanden, dass die Testfragen gar nicht beantwortbar seien, auch wenn dies objektiv nicht stimmt und gültige Ergebnisse resultieren. Das heißt nicht, dass der Test falsch ist

Das gehört zu diesem Metier und die Verfasserin spielt dies Problem maßlos hoch. Sie liefert keinerlei auch nur halbwegs brauchbaren Beleg dafür, dass in dieser Studie spezifisch Verschwörungstheoretiker die Fragen nicht hätten beantworten können. Stattdessen macht sie ihre reine These zur Tatsache, indem sie in ihrem Edit von 29.05.2020 abschließend ersthaft als scheinbarer Fakt feststellt:

  • “Das ändert nichts daran, dass die Formulierung der Fragen bzw. Thesen höchst problematisch ist und dazu geführt hat, dass Menschen, die sich selbst als vegan lebend bezeichnen und offenbar dem Verschwörungsdenken anhängen, die Umfrage abgebrochen haben, wodurch das Ergebnis verzerrt wurde.“

Sachlage ist, wie ich hoffentlich insgesamt sehr deutlich gemacht habe, dass in dieser Umfrage alle Möglichkeiten geschaffen wurden, um Verzerrungen zu vermeiden. Höchsten ließe sich über eine Überschätzung der Verschwörungstendenz diskutieren.

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die abbrechenden Verschwörungstheoretiker

(dieser Abschnitt eingefügt am 02.06.2020)

Brechen Verschwörungstheoretiker den Fragebogen ab, weil ihnen die Fragen zu den Verschwörungstheorien nicht gefallen?

Typischerweise wäre es umgekehrt zu erwarten:

  • Wer bestimmten Einstellungen oder Merkmalen negativ gegenübersteht oder sie für sich dezidiert nicht gegeben erachtet, ist öfter geneigt, einen Bogen abzubrechen

So meinten manche auch, was wir für einen Schwachsinn abfragen würden und brachen ab, weil sie die Verschwörungstheorien ablehnen - besser wäre es freilich gewesen, wenn sie einfach Nein gesagt hätten.

Wir kennen das aber auch bei einem analogen Beispiel bei Gleichklang:

Wir müssen dort eine Reihe von Besonderheiten zu sexuellen Orientierungs- oder Erlebensweisen erfragen, wie Bisexualität, Asexualität etc., aber auch Fragen zu vegan, zahlreichen Religionen etc.

Gelegentlich kommen bei uns Mails an, man könne die Fragen nicht ausfüllen, da man ja nicht bisexuell oder asexuell sei oder keine Buddhistin sei etc.  Oder aber, man weigere sich die Fragen überhaupt auszufüllen, weil die Inhalte bei der eigenen Person nicht gegeben seien.

Noch kein einziges Mal in den 14 Jahren unseres Bestehens kam eine Mail von Bisexuellen oder Buddhisten,  die meinten, die Fragen zu Bisexualität oder Buddhismus nicht beantworten zu können.

Wie erklärt sich dies?

  • wer ein Merkmal aufweist, z. B. den Glauben, Corona sei eine normale Erkältung, hat gar keine Schwierigkeit mit diesem Merkmal und wird daher in aller Regel gar nicht daran denken abzubrechen, sondern Ja sagen

Zu erwarten sind also gerade bei diesen Fragen nicht mehr Abbrüche durch Verschwörungstheoretiker, sondern weniger.

Aber die Abbrecher können auch noch stärker empirisch untersucht werden, um dies abzuschätzen.

Ich hatte dies in einem Facebook-Kommentar auf der Seite von Mira Landwehr in aller Schnelle einmal grob folgendermaßen kalkuliert:

  • "Bei 21 Abfragen der veganen Lebensweise (vor den Verschwörungsfragen), also z. B. Gelatine, Wolle, Seide sowie zu Motiven der veganen Lebensweise etc. haben 212 Personen abgebrochen. Das ist völlig normal, dass in Umfragen mit jeder Frage fast auch immer Abbrüche einhergehen in großen Stichproben. Die Verschwörungen waren 13 Abfragen (für den größten Teil der Stichprobe) und 10 abfragen (für den Teil, der die Frage zu Judentum, Homosexualität, Islam nicht hatte), also 10 für ungefähr ein Drittel, 13 für 2/3. Wir würden nach dieser Rechnung ungefähr allein aufgrund der vorherigen Abbrüche bei den Abfragen zur veganen Lebensweise einen Abbruch von ungefähr 121 für die Verschwörungsfragen unabhängig vom Inhalt sowieso erwarten. Das wäre völlig normal und würde nicht den geringsten Hinweis darauf geben, dass die Fragen schwieriger wären als die vorherigen. Tatsächlich sind die Abbrüche etwas höher, nämlich 28 % mehr als erwartet, es brachen 168 ab, erwartet worden wären ja bei gleicher Schwierigkeit der Fragen 121 Abbrüche (völlig unabhängig vom Inhalt!). Wir diskutieren hier also über 47 Personen mehr. Nun wäre es aber völlig unrealistisch zu meinen, dass diese alle Verschwörungstheoretiker gewesen wären, zumal mir sogar Personen bekannt sind, die dies nicht sind und die abgebrochen haben, weil sie sich mit so einem "inhaltlichen Schwachsinn" nicht beschäftigten wollten. Ich glaube sogar, dass es die Mehrheit sind ... aber ich kann es nicht beweisen. Aber selbst, wenn ich dir konzedieren würde, dass 2/3 dieser zusätzlichen Abbrüche Verschwörungstheoretiker gewesen wären, würden alle Ergebnisse ohne Ausnahme die gleichen bleiben, es könnten sich nur in Kommastellen Veränderungen ergeben, denn die Stichprobe ist so groß, dass ein paar Leute nicht ins Gewicht fallen. Es gibt also nicht den geringsten Hinweis, dass mehr Verschwörungstheoretiker abgesprungen sind und die Daten dadurch hätten inhaltlich verzerrt werden können. Aber selbst wenn 100 % dieser 47 Personen Verschwörungstheoretiker wären, könnte sich nur eine Verschiebung im Bereich von ca. 1,5 % ergeben - aber 100 % ist ja nun wirklich Unsinn und die 1,5 % sind einfach überschätzt. Aber selbst wenn ich dir (völlig unberechtigt) von den 168 Abbrüchen insgesamt 2/3 zur Verfügung stelle (als Verschwörungstheoretiker) hätten sich die Prozente nur sehr gering verschoben und alle Schlussfolgerungen bleiben gleich. Und wenn wir jetzt die absolut irre Annahme machen, dass ALLE 168 Abbrüche Verschwörungstheoretiker gewesen wären (komplett falsche Annahme natürlich), dann bliebe es dabei, dass 80 % der Veganer es nicht sind, selbst dann! ..."

Allerdings hatte ich dies auf die Schnelle bei der Facebook-Diskussion sogar zuungunsten unserer Position kalkuliert. Denn ich hatte die Rechnung nur auf die Personen bezogen, die von uns auch als "echte Veganer" in die Stichprobe eingingen (kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milch). Diese ersten vier Fragen (Fleisch, Eier, Milch, Fisch) hatten insofern per Definition keine Absprünge (weil sie ja das Definitionsmerkmal der Stichprobe waren). Die 212 Absprünge entstanden also nicht aus 21, sondern aus nur 17 Abfragen.

Pro Abfrage ergaben sich also 12,47 Absprünge. Bei den 10 Abfragen zu den Verschwörungstheorien wäre die Erwartung also 125 Absprünge (aufgerundet gerundet von 124,7) und bei den 13 Verschwörungsabfragen 162 Absprünge. Bei 2/3 mal 13 Abfragen und 1/3 mal 10 Abfragen ergibt sich eine Erwartung von 150 Absprüngen für die Verschwörungsfragen. Tatsächlich waren es 168.

Wir haben also nicht 47 übermäßige (wie ich auf Facebook kalkulierte), sondern nur 18 übermäßige Absprünge, bei denen es bestimmt sowohl Verschwörungstheoretiker als auch Nicht-Verschwörungstheoretiker gab. Die Gesamtergebnisse kann dies alles gar nicht tangieren, sie sind einfach zu stark und die Stichprobe ist zu groß.

Zusammenfassend:

Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass vermehrt Verschwörungstheoretiker von der Umfrage absprangen. Aus psychologischer Sichtweise erwarte ich aus den oben geschilderten Gründen sogar das Gegenteil, aber dies kann ich nicht beweisen.
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Worte, die in den Mund gelegt werden

Die Verfasserin schreibt folgendes:

  • “Die Umfrage soll unter anderem eine Antwort auf die verschwörungsideologischen Auswüchse des Vegan-Kochs Attila Hildmann sein und belegen, dass eine überwältigende Mehrheit der Veganer*innen standfeste Demokrat*innen sind und es im Veganismus insgesamt praktisch kein Problem mit allgemeiner Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus, Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus gebe.“

In dem Artikel wurde weder der Begriff Demokrat*innen erwähnt, schon gar nicht standfeste, was immer das ist, noch wurden dargelegt, dass es im Veganismus praktisch kein Problem mit allgemeiner Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus, Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus gebe. Die meisten dieser Begriffe wurden nicht einmal verwandt.

Das Thema der Umfrage war festzustellen, wie viele vegan lebende Menschen Verschwörungstheorien anhängen, wie sie aktuell in der Corona-Krise vertreten werden, wie das Ausmaß der Verschwörungsneigung einzuschätzen ist und welche Zusammenhänge zu Parametern rechtslastigen Denkens bestehen.

Wäre ein anderes Ergebnis herausgekommen, wäre das andere Ergebnis von mir auf vegan.eu veröffentlicht und problematisiert worden. Ich verstehe nicht, woraus Mira Landwehr anderes schließt.

Was die Verfasserin tatsächlich zu stören scheint, ist das Ergebnis der Umfrage, was nämlich zeigt, dass es bei vegan lebenden Menschen eben nun einmal nur relativ wenige Rechte gibt und vegan lebende Personen weniger zu Verschwörungsdenken im Rahmen der Corona-Krise neigen als die Allgemeinbevölkerung.

Die Verfasserin unterstellt (ganz im verschwörungstheoretischen Sinne) eine Absicht, etwas aufzuzeigen, wo die tatsächliche Absicht nur darin bestand, etwas zu untersuchen und dann die Ergebnisse zu veröffentlichen und zu interpretieren.

Ich fürchte aber, Mira Landwehr wird niemals glauben, dass wir weder eine böse Absicht hatten noch etwas manipuliert haben – wie eben auch ein Verschwörungstheoretiker niemals glauben wird, dass Bill Gates nicht die Welt durch Impfungen kontrollieren will.

Wie kann man hier zu einem Konsens kommen?

Wie oben dargelegt haben andere Autoren zum Wahlverhalten von vegan lebenden Menschen in den USA durchaus vergleichbare Beobachtungen gemacht wie in dieser Umfrage. Es gibt also offenbar mehrere "Witze", um die Worte  von Mira Landwehr zu benutzen.

In meiner zusammenfassenden Bewertung habe ich aber in Wirklichkeit in keiner Weise geschrieben, dass keinerlei Problem bestünde:

Zitat:

"Festzuhalten bleibt allerdings, dass es - je nach Frage - ein verschwörungstheoretisches Potenzial unter den befragten Veganern von ca. 10 – 15% zu geben scheint und auch rechtslastiges Denken bei mindestens 1,2% der Befragten (Zustimmung zur AfD) vorliegt.

Zudem ist bereits die neutrale Einstellung zur AfD von 4, 6% als kritisch zu bewerten, weil hier offenbar das destruktive und dem Veganismus entgegengesetzte Potential der AfD von einigen vegan lebenden Menschen nicht ausreichend erkannt wird."

Aus dieser Einordnung macht die Verfasserin: soll … belegen, dass eine überwältigende Mehrheit der Veganer*innen standfeste Demokrat*innen sind und es im Veganismus insgesamt praktisch kein Problem mit allgemeiner Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus, Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus gebe“.

Anders als offenbar die Verfasserin halte ich eine AfD-Zustimmung von 1,2% sehr wohl für ein Problem, ebenso wie eine neutrale Einstellung zur AfD von 4,6% oder eine Verschwörungsaffinität von 10-15%. 15%, aber auch 4,6% sind mehr als „praktisch kein“, zumal es gilt den Anfängen zu wehren.

Warum sieht sich die Verfasserin durch diese Befunde eigentlich nicht stattdessen als bestätigt an, anstatt sie scheinbar mit rasender Wut zu bekämpfen und unsere ganze Umfrage in Bausch und Bogen zu verdammen?

Wäre ich Mira Landwehr, hätte ich diese Befunde als Bestätigung meines Ansatzes gesehen, dass wir auch in der veganen und Tierrechtsbewegung uns vor Menschenhass hüten müssen.

Die Verfasserin kritisiert etwas, was nicht gesagt wurde, wobei sie nicht nur etwas nicht Gesagtes, sondern auch eine vorherige Absicht für dies nicht Gesagte gleich mit erfindet.

Sachlage ist, dass die Problematiken von rechtslastigem Denken und Verschwörungsdenken bei vegan lebenden Menschen deutlich seltener auftreten als in der Allgemeinbevölkerung, was ich auch abschließend klar benannte:

“Veganer weisen demnach nicht nur keine besondere Nähe, sondern im Gegenteil eine besondere Ferne zu Verschwörungstheorien auf.

Übrigens hatte sich die vegane Community bereits lange von Attila Hildman distanziert und diesen immer wieder kritisiert, während er von den Medien viel Aufmerksamkeit bekam und recht lange hochgejubelt wurde.

Dass nun die Ideen und Aktionen von Attila Hildman teilweise in den Medien und in der Öffentlichkeit als Ausdruck des Veganismus gesehen werden, ist objektiv falsch.

Für die vegane Community folgt aus dieser Sachlage, dass es wichtig ist, wachsam zu sein und der Gleichsetzung von Veganismus mit Verschwörungstheorie und Rechtslastigkeit zu widersprechen.“

Die Verfasserin selbst scheint sich in ihrem eigenen Ansatz ausschließlich auf die 1,2 bis 15% fragwürdigen Positionierungen in der veganen Community zu fokussieren, keinerlei Vergleich mit der Ausprägung in der Allgemeinbevölkerung vorzunehmen und die Position der Minderheit zur Position eines großen Teiles der veganen Bewegung zu erklären. Nur deshalb muss sie sich überhaupt so gegen die von uns erhaltenen Befunde wehren, anstatt diese zu akzeptieren und in ihren Ansatz zu integrieren, was ohne weirtees möglich gewesen wäre.

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eine Kritik, die nicht mehr kritisch ist

Offenbar hat sich Mira Landwehr mächtig geärgert, dass es nicht mehr Rechte und Verschwörungstheoretiker unter vegan lebenden Menschen gibt.

Ihre Verärgerung nahm die Verfasserin zum Anlass, einen nicht mehr sachgerechten und kritischen, sondern diffamierenden Review voller Unterstellungen, Auslassungen und Fehler zu veröffentlichen.

Dies ist ein inhaltlicher und mitmenschlicher Umgang miteinander, den ich mir nicht wünsche, der nichts zur Sache beiträgt und den ich sehr bedaure.

 

02.06.2020: Diverse Tippfehler ausgebügelt - sorry!

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