CDU gegen fleischkritische Informationen in Niedersachsens Schulen
Der durch den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung und Le Monde diplomatique herausgegebene Fleischatlas (siehe auch hier ein Artikel auf vegan.eu zur Ausgabe 2013) informiert umfassend über die Entwicklung des Fleischkonsums und die desaströsen Auswirkungen der Nutztierhaltung auf die Umwelt. Mit Zahlen und Fakten wird das Ausmaß der durch die Nutztierhaltung verursachten Umweltschäden deutlich gemacht und belegt. Der Fleischatlas trägt damit dazu bei, die Sachlage bekannter zu machen, dass die Ernährung auch eine Frage des Umweltschutzes ist.
In der Vergangenheit haben hier die Umweltverbände durchaus keine gute Figur gegeben, indem sie sich nahezu ausschließlich auf andere, in Wirklichkeit weniger wichtige Bereiche, wie den Verkehr oder Tipps zum Energie- und Wassersparen fokussierten. Dabei zeigen Berechnungen des World Watch Institutes, dass die Nutztierhaltung allein für ca. 51% des Treibhauseffektes verantwortlich ist und somit DER dominante Einzelfaktor des menschenverursachten Klimawandels ist.
Die regelmäßige Mit-Herausgabe des Fleischatlas durch den BUND weist hier auf einen Einstellungswandel bei den Umweltverbänden hin, die sich –nicht nur der BUND, sondern beispielsweise auch Greenpeace – in letzter Zeit verstärkt bemühen, den für den Schutz der Umwelt zentralen Faktor der Ernährung angemessener zu berücksichtigen. Entsprechend werden nunmehr durch die Umweltverbände auch die enormen positiven Auswirkungen der veganen Ernährungsweise auf die Umwelt anerkannt. Dies korrespondiert mit einer zunehmenden wissenschaftlichen Datenlage, die übereinstimmend zeigt, dass die vegane Ernährung am wenigstens die Umwelt belastet und zwar sowohl im Hinblick auf die Emissionen von Treibhausgasen als auch im Hinblick auf Landverbrauch, Schutz von Meeren und Gewässern, Förderung der Artenvielfalt und die Freisetzung von Umweltgiften (siehe auch hier Artikel bei vegan.eu).
Wer vegan lebt, beeinträchtigt bei weitem weniger die Umwelt als jemand, der eine omnivore Kost mit Fleisch konsumiert, wobei aber auch Vegetarier im Vergleich zu Veganern eine ungünstige Umweltbilanz aufweisen. Der Rückgriff auf Produkte des Bio-Handels kann hieran nichts ändern, weil die protektiven Auswirkungen eines Verzichts auf Tierprodukte sehr viel größer sind als die protektiven Auswirkung der biologischen Landwirtschaft. Würden sehr viele, würden gar alle Menschen vegan leben, befänden wir uns in einer Welt mit einer intakten Umwelt, ohne Hungerund mit weniger Tier- und Menschenleid. Von so einer Welt sind wir gegenwärtig aber noch weit entfernt.
Im Fleischatlas wird eine vegane Ernährung nicht einmal als aus Umweltgründen dringend gebotene Form der Ernährung propagiert. Diesen Schluss müssen vielmehr die Leserinnen und Leser selbst ziehen. Dennoch überschreitet bereits allein die Präsentation der wissenschaftlich abgesicherten und durch zahlreiche Studien gedeckten Informationen im Fleischatlas die Toleranzgrenze der niedersächsischen CDU. Einem Artikel der TAZ entnehmen wir jedenfalls, dass CDU entschieden gegen die Verwendung des Fleischatlas in den niedersächsischen Schulen protestiert.
So behauptet der ehemalige CDU-Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen, der „Fleischatlas“ präsentiere „irre Ideen“ und sei schlicht „Menschenverdummung“. Fraktionsvize Oesterhelweg behaart auf seinem Unglauben bezüglich des hohen Wasserverbrauchsfür die Rindfleischerzeugung, den er sich nicht vorstellen könne. Dabei betrachtet die CDU in Niedersachsen offenbar das Vorstellungsvermögen ihres Fraktionsvize im Landtag als Maßstab für die Bewertung der Objektivität und Publizierbarkeit von Fakten zu den Folgen des Fleischkonsums. Darüber hinaus der Fraktionsvize aber auch, dass durch den Fleischatlas Kinder von Landwirten einem verstärkten Mobbing ausgesetzt werde könnten. Er kenne Kinder, die wegen der Tierhaltung ihrer Eltern von Mitschülern so gemobbt worden seien, dass sie die Schule gewechselt hätten. Befürchtet wird also seitens der CDU eine Diskreditierung von Landwirten und beklagt wird eine Darstellung nicht seriös ermittelter Fakten.
In Wirklichkeit können sich aber die Herausgeber des Fleischatlas auf eine breite wissenschaftliche Datenbasis stützen, während die Kritiker von CDU und Agrarindustrie lediglich unhinterfragte Glaubenssätze formulieren frei nach dem Motto „Was nicht sein darf, kann nicht sein“.
Die CDU entlarvt sich damit erneut als eine Lobbyorganisation für die Interessen der Agrar- und Tierausbeutungsindustrie, so wie sie überhaupt als eine Lobbyorganisation für Industrie und Konzerne fungiert, mit Ausnahme derjenigen Wirtschaftszweige, die sich ernsthaft um eine nachhaltige, sozial- und ökologisch verträgliche Produktionsweise bemühen. Die CDU handelt damit vergleichbar wie die Republikaner in den USA, die aktuell versuchen, gegen die offiziellen Ernährungsempfehlungen vorzugehen, da in diesen eine Reduktion des Fleischkonsums auch aus Gründen der ökologischen Nachhaltigkeit gefordert wird. Die CDU positioniert sich damit gegen den durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Befunde unterstützten gesellschaftlichen Trend, für eine Umstellung der Ernährung auf eine pflanzenbasierte Kost zu werben. Anstatt auf ressourcenschonende und gesundheitsförderliche pflanzliche Kost setzt die CDU auf die weitere Überflutung der Konsumenten mit den Produkten der Massentierhaltung. Die dadurch entstehenden Schäden für die Umwelt, die Gesundheit, die weltweite Ernährungssicherheit und das Tierwohl scheint die CDU in Kauf zu nehmen. Sie setzt damit auf kurzfristige Gewinninteressen durch Aufrechterhaltung längst als schädigend erkannter alter Strukturen und stellt sich dem gesellschaftlichen Wandel entgegen. Die CDU definiert sich damit gleichzeitig als Gegnerin der veganen Lebensweise. Das Gerede von der Privatheit der Ernährung ist dabei substanzlos, da Ernährung selbstverständlich in eine gesellschaftliche Struktur eingebunden ist und Folgen für die Gesamtgesellschaft bedingt. Die CDU kann und will die Ernährung nicht aus ihrer gesellschaftlichen Einordnung herausnehmen, sondern will ein Produktions- und Konsumverhalten fördern, welches der ökologisch, gesundheitlich, sozial und tierrechtlich begründeten Zielstrebung einer pflanzenbasierten Kosten unvereinbar gegenüber steht.
Während die CDU im Hinblick auf den Fleischatlas gegen eine befürchtete Indoktrination von Kindern polemisiert, zeigt sie selbst gegenüber der Agrar- und Tierausbeutungsindustrie keinerlei Berührungsängste.So war der CDU-Politiker Friedrich-Otto Ripke bis 2013 Staatssekretär im niedersächsischen Landwirtschaftsministeriumund fungiert seither als Präsident des Verbandes der Geflügelwirtschaft, die verantwortlich ist für Massentierhaltung, millionenfaches Tierleid und Umweltzerstörung. Von einer Unabhängigkeit der Meinungsbildung kann unter diesen Umständen wohl keine Rede sein.
Das Verhalten der CDU in Niedersachsen weist erneut auf den tatsächlich hochpolitischen Charakter des Veganismus hin. Der Veganismus erschöpft sich nicht darin, dass Menschen auf Tierprodukte verzichten und sich mit gesunder Ernährung und grünen Smoothies beschäftigen. Vielmehr steht die vegane Idee den Interessen derjenigen entgegen, die zum Zwecke der kurzfristigen Profitmaximierung bereit sind, unsere Umwelt zu zerstören, sowie Menschen und Tiere auszubeuten. Diejenigen, die sich auf Seiten der Ausbeutungsindustrien positionieren, erkennen die Gefahr und wenden sich daher gegen die vegane Lebensweise. Erst in einer Gesellschaft, die Solidarität und Miteinander in den Vordergrund stellt, wird es der veganen Lebensweise gelingen können, ein Teil des Mainstream zu sein.