Anzeige

Der Preis des Fleischhungers: Wie Industrie und Politik den Amazonas opfern

Der Preis des Fleischhungers: Wie Industrie und Politik den Amazonas opfern

Enthüllungen um JBS: Das Versagen entwaldungsfreier Versprechen

Die neuesten Enthüllungen über den Fleischgiganten JBS sind alarmierend:

  • Ausgerechnet der weltgrößte Fleischproduzent aus Brasilien, der öffentlich den Schutz des Amazonas-Regenwalds versprach, steht offenbar kurz davor, diese Versprechen erneut zu brechen. Eine Guardian-Investigation vom April 2025 zeigt, dass JBS sein ausgerufenes Ziel einer entwaldungsfreien Rinder-Lieferkette bis Ende dieses Jahres verfehlen wird. Zahlreiche Rancher in den Amazonashochburgen Pará und Rondônia sagen offen, dass JBS alle Rinder seines Zulieferernetzwerks nicht kontrollieren kann und wohl auch nicht will. Illegale „Rinderwäsche“-Praktiken, bei denen Rinder von abgeholzten Flächen über Umwege in die legale Lieferkette gelangen, sowie unsichere Landtitel machen eine vollständige Rückverfolgung nahezu unmöglich.

JBS weist die Vorwürfe zwar zurück, doch selbst der Gouverneur von Pará räumt ein, dass erhebliche Widerstände und logistische Hürden bestehen. Beef-Produktion ist der Haupttreiber der Entwaldung im Amazonas – und die aktuellen Enthüllungen um JBS illustrieren ein systemisches Problem: Trotz grüner Beteuerungen der Industrie frisst der globale Fleischhunger weiter den Regenwald auf.

Dabei sind wir längst am Ende der Strecke des noch Zumutbaren in der systematischen Zerstörung des Amazonas angelangt:

  • Laut einer umfassenden Studie aus dem Jahr 2024, veröffentlicht in Nature, bewegt sich der Amazonas gefährlich nah an einem ökologischen Kipppunkt. Bereits 17–20 % des Waldes sind verloren, und bei einem Verlust von 20–25 % könnte das Ökosystem seine Fähigkeit verlieren, sich selbst zu regenerieren. Statt wie bisher als Kohlenstoffsenke zu fungieren, würde der Regenwald dann zunehmend selbst CO₂ freisetzen – mit dramatischen Folgen für das globale Klima. Die Studie nennt als entscheidende Einflussfaktoren unter anderem eine maximale globale Erwärmung von 1,5 °C, einen jährlichen Niederschlag von mindestens 1800 mm, eine nicht übermäßige Trockenzeit von höchstens fünf Monaten, geringe saisonale Schwankungen sowie einen Entwaldungsgrad von höchstens 20 %. Einige dieser Schwellenwerte sind in bestimmten Regionen bereits überschritten oder stehen kurz davor. Besonders der südöstliche Teil des Amazonas hat sich in Teilen bereits zu einer Kohlenstoffquelle entwickelt – ein klares Zeichen dafür, dass die ökologischen Belastungsgrenzen lokal überschritten sind. Um den Kipppunkt noch abzuwenden, müsste die Entwaldung deutlich unter 10 % gesenkt und gezielte Wiederaufforstung betrieben werden. Die Studie unterstreicht die Dringlichkeit internationaler Maßnahmen, um CO₂-Emissionen zu reduzieren und die Zerstörung des Regenwaldes zu stoppen.

Statt eine Umkehr einzuleiten, geht die Zerstörung  weiter – die Diskussion zwischen den politischen Kontrahenten dreht sich de facto nur noch darum, wie schnell diese Zerstörung fortschreiten soll, obwohl eigentlich kein einziger Baum im Amazonas mehr gefällt werden dürfte. Das Weltklima und die dramatisch abnehmende Artenvielfalt fordern einen sofortigen Stopp jeder Abholzung und gezielte Aufforstung. In der Realität jedoch verliert der Amazonas Tag für Tag weitere Bäume – damit unzählige Tiere ihren Lebensraum und die Menschheit die Hoffnung, dass der Klimawandel noch spürbar gemildert werden kann.

Gliederung

Globale Lieferketten: Fleischkonsum heizt die Entwaldung an

Die Zerstörung des Amazonas ist längst nicht nur ein brasilianisches Problem, sondern eng mit globalen Lieferketten verknüpft.

So werden enorme Waldflächen für den Anbau von Soja gerodet, jedoch nicht zur Versorgung von Veganern – im Gegenteil: Über 90 % der weltweiten Sojaernte landet als Tierfutter in den Trögen von Rindern, Schweinen und Hühnern. Eine Greenpeace-Untersuchung bestätigte, dass trotz eines Sojamoratoriums in Brasilien innerhalb eines Jahrzehnts rund 400 Quadratmeilen Regenwald für neue Sojafelder verloren gingen. Sentient Media berichtet, dass Soja von diesen Risikofarmen regelmäßig nach Europa und Großbritannien exportiert wird, um dort Vieh zu füttern – Europas Fleischkonsum ist also direkt mit Amazoniens Abholzung verknüpft.

Vor allem jedoch ist es die extensive Rinderhaltung, die weite Teile des Amazonasgebiets verschlingt. Sie gilt als größter Einzelverursacher der Entwaldung weltweit. Rund 90 % der globalen Waldvernichtung gehen auf das Konto der Landwirtschaft, insbesondere für Weideland und Tierfutter. In Brasilien grasen auf mehr als 80 % der zerstörten Flächen heute Rinder für die Fleischproduktion. Die Rinderherden im Amazonas bedienen dabei nicht nur den brasilianischen Markt – sie sind Teil einer weltweiten Fleischlieferkette. Unternehmen wie JBS schlachten tausende Rinder pro Tag und exportieren das Fleisch rund um den Globus. Europäische Supermärkte, US-Fast-Food-Ketten und der wachsende Fleischbedarf Chinas – all das schafft einen Absatzmarkt, der die Abholzung weiter antreibt. Derweil bleibt Brasilien der weltweit führende Exporteur von Rindfleisch und deckt etwa 25 % des globalen Exportmarktes ab – nicht nur für Rinder, sondern auch für den Amazonas eine Katastrophe.

zurück

Politische Dynamiken: Bolsonaro, Lula und die Agrarlobby

Die Abholzung des Amazonas ist auch das Ergebnis politischer Entscheidungen und Machtkämpfe. In Brasilien spricht man von der Lobby der „Bibel, Kugeln und Rinder“ – ein Bündnis aus Evangelikalen, Waffennarren und Agrarindustriellen (bancada BBB) – das über Jahre enormen Einfluss auf die Politik gewonnen hat.

Unter Präsident Jair Bolsonaro, einem rechtspopulistischen Agrarlobby-Freund, erlebte der Regenwald eine beispiellose Zerstörungswelle. Bolsonaro schwächte Umweltbehörden, legalisierte illegale Landnahmen und ermutigte Goldgräber und Viehbarone, die „Hüter“ des Waldes – Indigene und Umweltaktivisten – an den Rand zu drängen. Die Folge: innerhalb von Bolsonaros Amtszeit stieg die jährliche Abholzungsrate um rund 50 % gegenüber dem Niveau der Vorjahre. Über drei Millionen Hektar Wald fielen zwischen 2019 und 2022 der Kettensäge zum Opfer. Wissenschaftler warnten 2021 schockiert, dass bereits einige Teile des Amazonas so stark degradiert sind, dass sie nun mehr CO₂ ausstoßen als sie speichern – ein verheerendes Signal, dass der Kipppunkt des Ökosystems näher rückt.

Die strukturelle Eskalation unter Bolsonaro wirkt bis heute fort. Zwar wurde der Rechtspopulist Ende 2022 abgewählt, doch seine Anhänger und die von ihm ermutigten Netzwerke bleiben aktiv. Illegaler Holzeinschlag, Landraub und Brandrodungen gehen weiter, oft unter dem Radar. Viele der im Bolsonaro-Jahrzehnt erteilten Landtitel auf vormals geschütztem Gebiet wurden nicht zurückgenommen. Und im brasilianischen Kongress dominiert weiterhin die Agrarlobby – Bolsonaros Partei und Verbündete kontrollieren genug Sitze, um strenge Naturschutzgesetze zu blockieren.

Der neue Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, ein Linkspolitiker, hat zwar einen Kurswechsel angekündigt und erste Erfolge erzielt: 2023 sank die Entwaldungsrate in Brasilien im Vergleich zum Vorjahr deutlich, teilweise um über ein Drittel. Lula versprach auf der Weltklimakonferenz, die Zerstörung des Waldes bis 2030 auf Null zu senken. Zudem soll die nächste Klimakonferenz COP30 2025 in Belém (Bundesstaat Pará) – mitten in Amazonien – stattfinden, was internationalen Druck auf Brasilien erzeugt, Ergebnisse zu liefern.

Doch Lulas progressive Regierung steht vor gewaltigen Hürden:

Jeder Versuch, Agrarsubventionen umzuschichten, illegale Farmen zu schließen oder Umweltauflagen zu verschärfen, stößt auf erbitterten Widerstand der Fleischlobby im Parlament und in den Bundesstaaten. Derweil sind wir weit entfernt von null Abholzung – vielmehr schreitet die Entwaldung im Dienste des weltweiten Fleischkonsums Tag für Tag weiter voran. Die leichte Verlangsamung bewahrt den Amazonas nicht davor, seine Kipppunkte zu erreichen. Der globale Hunger auf Fleisch setzt der Rationalität enge Grenzen – und der erklärte politische Wille wird letztlich in sein Gegenteil verkehrt.

zurück

Systemblockade: Warum Fortschritt an der Fleischindustrie scheitert

Warum können selbst progressive Regierungen kaum etwas ändern?

Zum einen ist die Wirtschaft – vom Großgrundbesitzer bis zur Logistikfirma – in vielen Regionen Amazoniens vollständig vom Geschäftsmodell Entwaldung plus Rinderhaltung abhängig. Zum anderen instrumentalisieren rechtskonservative Kräfte das Thema für eine Kulturkampf-Rhetorik:

  • Sie stellen Umweltauflagen als Diktat aus dem Ausland dar, als Angriff auf Brasiliens Souveränität und die „ehrlichen Arbeiter auf dem Land“. So werden Rancher vor Ort ermutigt, selbst moderate Maßnahmen zu boykottieren. Eine Farmer-Funktionärin in Pará klagte, Fleischkonzerne wie JBS würden nur wegen ausländischer Kritik nun Transparenz von den Viehzüchtern verlangen, aber die Kosten auf die lokalen Produzenten abwälzen – man „tue so, als könne hier gar nichts Illegales mehr passieren, nur um ‹den Engländern etwas vorzumachen“.

Diese Stimmung erschwert jeden Fortschritt. Zudem sitzt Brasilien in der Zwickmühle zwischen Entwicklungszielen und Klimaschutz:

  • Millionen Brasilianer leben in Armut und Landwirtschaft ist ein wichtiges Standbein. Selbst Lula, der international als Klimaheld auftritt, scheut nicht davor zurück, gelegentlich zweifelhafte Infrastrukturprojekte zu unterstützen – etwa den Ausbau einer Fernstraße durchs Amazonasgebiet, die weitere Abholzung nach sich ziehen könnte.

Das zeigt:

  • Ohne systemische Lösungen wird es nicht gehen. Es bräuchte strikte Landnutzungsplanung, Alternativen für Landbesitzer und vor allem eine Abkehr von der ewigen Expansion der Viehwirtschaft.

Genau hier liegt die Verantwortung der wohlhabenden Staaten, die nicht nur ihrerseits über ihre Industrie in die brasilianische Fleischwirtschaft investieren, sondern deren Konsument:innen Fleisch aus Brasilien direkt oder indirekt konsumieren – etwa über die Verfütterung von dort angebautem Soja. Der brasilianische Urwald ist die Lunge unseres Planeten und ein globales Klimaschutzelement. Doch wer kann ernsthaft erwarten, dass Brasilien allein die Rechnung zahlt und vollständig auf dessen Nutzung verzichtet – obwohl genau das ökologisch geboten wäre? Die reichen Länder sind beim Raubbau vorangegangen, die ärmeren Länder streben nun nach einem vergleichbaren Wohlstand für ihre Bevölkerungen. In Deutschland beispielsweise sind bereits über 95 % der ursprünglichen Waldfläche vernichtet. Es gibt also keinerlei moralische Legitimation für die Industriestaaten, mit dem Finger auf Brasilien zu zeigen. Die einzig denkbare Lösung bestünde darin, den Amazonas als weltweites Naturerbe anzuerkennen und Brasilien die vollständigen Ausfälle für den Verzicht auf dessen Nutzung zu ersetzen. Das wäre ökologisch sinnvoll und sozial gerecht – doch leider jenseits der aktuellen Realität, in der die Industriestaaten ihre Klimaschulden auf andere abwälzen und keinerlei ernsthafte Anstrengungen unternehmen, für die Verwüstungen zu zahlen, die sie selbst durch ihr jahrzehntelanges Vorbild angerichtet haben.

zurück

Rinderherden auf verbrannter Erde: Tierhaltung als Entwaldungs-Motor

Die Fakten sind eindeutig:

  • Die kommerzielle Viehwirtschaft ist der dominierende Treiber der Waldvernichtung im Amazonas. Bereits 2009 deckte der Greenpeace-Report „Slaughtering the Amazon“ detailliert auf, wie Rinderzucht den Regenwald zerschneidet – von der illegalen Rodung bis zum Export der Kuhhäute an internationale Marken.

Seitdem hat sich an der Praxis wenig geändert. Aus sattem Urwald werden karge Weideflächen: Zunächst fällen Chainsaw-Teams die wertvollsten Hartholzbäume, dann werden im Trockenmonat August große Flächen in Brand gesetzt. Übrig bleibt eine schwarz verkohlte Landschaft, die man abkühlen lässt, bevor erstes Gras angesät wird. Binnen weniger Monate ziehen die ersten Rinder über das ehemals artenreiche Land. Im dichten Rauch der Brandrodungen sieht man manchmal schon das weiße Schimmern der Viehherden auf den frisch entwaldeten Flächen – ein Bild, das zum Symbol der Ökozid-Spirale geworden ist.

Warum ist die Rinderhaltung derart verheerend für den Wald?

  • Zum einen benötigt sie enorme Flächen. Und im Amazonas sind die Böden so nährstoffarm, dass pro Tier große Landstücke nötig sind. Oft wird nur 1 Rind pro Hektar gehalten.
  • Zum anderen ist das Profitstreben: Wald zu roden und in Weide zu verwandeln, steigert den Landwert erheblich. Land grabbing – also das Besetzen öffentlichen Regenwalds, Abholzen und anschließende Legalisieren – ist ein lukratives Geschäft.

Die Rinder dienen dabei oft als „Instruments“, um Besitz zu markieren und Rechtstitel zu erschleichen: Ein abgebranntes Stück Urwald wird eingezäunt, mit ein paar Dutzend Rindern beweidet und später als „Fazenda“ offiziell registriert oder verkauft. Diese Form der Viehhaltung dient nicht primär der Fleischproduktion, sondern vielmehr der Sicherung illegaler Landansprüche. Laut Amnesty International ist die extensive Rinderzucht in vielen Fällen der Hauptgrund für illegale Landnahmen in indigenen Gebieten und Schutzreservaten im Amazonas. Damit trägt sie maßgeblich zur Entwaldung bei – ohne dabei wesentlich zur Ernährungssicherung beizutragen. Vielmehr wird Land spekulativ in Wert gesetzt, während Tiere als Mittel zur Legitimation von Eigentum dienen.

Doch auch die reguläre Fleischproduktion expandiert stetig in den Regenwald. Brasilien ist heute größter Rindfleisch-Exporteur der Welt. Allein JBS schlachtet in Amazonien rund 19.000 Rinder pro Tag. In den Bundesstaaten wie Mato Grosso oder Pará, wo JBS Dutzende Schlachthöfe betreibt, hat man inzwischen mehr Rinder als Menschen. Cattle Laundering – die erwähnte „Rinderwäsche“ – verschleiert den genauen Ursprung vieler Tiere: Kälber werden oft auf illegal entwaldeten Flächen geboren, dann an andere Farmen weiterverkauft. Später tauchen sie als „saubere“ Tiere in der Lieferkette auf, wenn sie zum Mästen oder Schlachten an offizielle, registrierte Betriebe gehen. Dieses Schema ist verbreitet, und die Fleischunternehmen konnten sich lange damit herausreden, sie hätten ja nur von legal registrierten Farmen gekauft. Ein JBS-Manager wird zitiert: „JBS könnte seine eigenen Ziele nur erreichen, wenn es sich komplett aus dem Amazonas zurückzieht“ – ein Eingeständnis, dass die Branche die Kontrolle über die komplexen Zulieferer-Netzwerke kaum hat.

Zwar wächst der Druck, doch dieser übersieht den zentralen Wirkmechanismus, an dem Veränderung ansetzen müsste.

Zivilgesellschaft und Kunden fordern entwaldungsfreies Fleisch. JBS und Co. investieren daher in Satellitenüberwachung und Blockchain-Datenbanken, um Farmen zu überprüfen. In Pará startet man ein Programm zur elektronischen Rindererfassung – jedes Tier mit Chip –, unterstützt vom Bezos Earth Fund. Doch abgesehen davon, dass diese teuren technischen Lösungen nicht greifen, wollen sich die zentralen Akteur:innen die entscheidende Grundfrage nicht stellen: Ist eine nicht-vegane Ernährung auf Basis von Fleisch und anderen Tierprodukten überhaupt in der Lage, den Amazonas zu retten und den Klimakollaps zu verhindern?

Anstatt diese grundlegende Frage zu stellen und eine ehrliche Antwort zu suchen, werden lediglich Forderungen formuliert und beschwichtigende Maßnahmen ergriffen – Maßnahmen, die den Eindruck erwecken, etwas zu tun, während der Amazonas Tag für Tag weiter zerstört wird.

Alle wollen das Ende der Entwaldung des Regenwaldes – doch der Konsum, der dieser Entwaldung zugrunde liegt, soll unverändert bleiben. Genau das ist das Dilemma des nicht-veganen Umweltschutzes:

  • Er blendet nicht nur das Leid der Tiere aus, sondern verfehlt damit auch seit Jahrzehnten unaufhörlich das eigentliche Ziel des Umweltschutzes.

zurück

Kipppunkt Amazonas: Das ökologisch-soziale Risiko

Immer klarer zeichnet sich ab:

Die Antwort auf die Grundfrage nach der Verantwortbarkeit einer nicht-veganen Lebensweise lautet: nein. Wissenschaftler warnen, dass die Amazonasregion kurz vor dem Kipppunkt steht. Ohne eine dramatische Kurskorrektur wird Brasilien seine ohnehin bei weitem nicht ausreichenden Klimaziele nicht erreichen – und mit dem Verlust des Amazonas ist ein weiterer massiver Rückgang der Biodiversität unausweichlich. Wir sind im Begriff, eine Welt aus Stein und Wüsten zu formen, und einer der zentralen Antriebe dafür ist unser Fleischkonsum. Um die Klima- und Biodiversitätskrise zu bewältigen, führt daher kein Weg an einem grundlegenden Wandel unseres Ernährungssystems vorbei.

zurück

Vorteile einer pflanzlichen Ernährung

Effizienz und Ernährungssicherheit

Eine pflanzliche (vegane) Ernährungsweise nutzt landwirtschaftliche Ressourcen wesentlich effizienter zur Nahrungsversorgung der Menschheit.

Wissenschaftler der Universität Minnesota haben berechnet, dass durch den Verzicht auf tierische Produkte die gesamte heutige Weltbevölkerung plus vier Milliarden zusätzliche Menschen mit jeweils 2700 Kalorien pro Tag ernährt werden könnte – ohne dass dafür die landwirtschaftliche Produktion erhöht werden müsste​. Der Grund: Gegenwärtig werden rund 36 % der weltweit angebauten Kalorien an Nutztiere verfüttert, doch nur etwa 12 % dieser Kalorien gelangen in Form von Fleisch, Milch und Eiern zurück in die menschliche Ernährung – der Rest geht unterwegs verloren​.

Wenn alle derzeit angebauten pflanzlichen Nahrungsmittel direkt für Menschen genutzt würden (anstatt als Viehfutter oder für Biosprit zu verschwinden), ließe sich die verfügbare Kalorienmenge um ca. 70 % steigern – genug, um vier Milliarden zusätzliche Menschen zu ernähren​. Selbst ein prognostizierter Bevölkerungsanstieg um 2–3 Milliarden Menschen bis 2050 könnte so ohne Erweiterung der Anbauflächen und ohne weitere Naturzerstörung bewältigt werden​.

Heutzutage müsste niemand auf der Welt hungern, denn pflanzliche Lebensmittel wären grundsätzlich im Überfluss vorhanden. Der anhaltende Welthunger hängt auch damit zusammen, dass über ein Drittel der globalen Ernte als Viehfutter vergeudet wird​, anstatt direkt Menschen zu ernähren. Eine weltweite Umstellung auf pflanzliche Kost würde enorme Nahrungsmittelmengen freisetzen und so die Ernährungssicherheit selbst bei wachsender Weltbevölkerung deutlich verbessern​.

zurück

Umweltwirkungen

Ohne Zweifel ist eine vegane Ernährung ökologisch äußerst vorteilhaft. Sie entlastet Klima und Umwelt in vielfältiger Hinsicht und spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise​:

  • Treibhausgas-Emissionen: Die Produktion tierischer Lebensmittel verursacht unverhältnismäßig viele Klimagase. So waren im Jahr 2010 57 % der ernährungsbedingten Treibhausgas-Emissionen auf tierische Produkte zurückzuführen, aber nur 29 % auf pflanzliche – tierische Nahrung stieß also etwa doppelt so viel CO₂ & Co. aus wie pflanzliche, obwohl sie mengenmäßig nur einen kleinen Teil der verzehrten Kalorien lieferte​. Eine globale Umstellung auf rein pflanzliche Kost würde den Ausstoß an Treibhausgasen durch die Ernährung nach Schätzungen um ~70 % reduzieren. Die Klimawirkung einer veganen Lebensweise ist damit deutlich geringer, was sie zu einem zentralen Hebel des Klimaschutzes macht.

  • Landverbrauch und Artenvielfalt: Die Nutztierhaltung beansprucht enorme Flächen. Obwohl Tierprodukte nur ca. 18 % der Kalorien liefern, belegen sie 83 % der globalen Agrarfläche​. Durch den Wegfall von Viehzucht und Futtermittelanbau könnten rund 80 % dieser landwirtschaftlichen Flächen eingespart und der Natur zurückgegeben werden, ohne weniger Nahrung produzieren zu müssen. Dies würde die Zerstörung von Wäldern und anderen Ökosystemen drastisch verringern und Lebensräume für wildlebende Tiere erhalten. In der Folge könnte sich die bedrohte Artenvielfalt erholen und viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten hätten wieder mehr Raum zum Überleben​. Eine vegane Ernährung fördert nachweislich die Biodiversität, da sie Entwaldung, Überweidung und Lebensraumverlust durch Landwirtschaft deutlich reduziert​.

Angesichts der enormen Land- und Ressourcenverschwendung durch die Tierindustrie rückt eine Frage ins Zentrum:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine rein pflanzliche Ernährung in mehrfacher Hinsicht positiv wirkt. Sie ist ein Schlüsselfaktor für den Klima- und Umweltschutz, da sie gewaltige Mengen an Treibhausgasen einspart und natürlichen Lebensraum bewahrt. Gleichzeitig verbessert sie die globale Ernährungseffizienz und -sicherheit – ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Hunger – und bringt erhebliche Gesundheitsvorteile für den Menschen. All diese Aspekte machen deutlich, dass eine vegane Ernährungsweise zentral ist, um die Klima- und Biodiversitätskrise zu bewältigen, die Ernährungssicherheit der wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen und die Gesundheit zu fördern.

zurück

Politische Frontlinien: Rechtspopulismus gegen pflanzliche Lösungen

In vielen Ländern haben konservative und extrem rechte Parteien den Veganismus zum Feindbild erklärt. Fleischkonsum wird als identitätsstiftend verklärt, pflanzenbasierte Alternativen gelten als Ausdruck linker Umerziehung.

So verbreitete Donald Trump die Lüge, dass Kamala Harris den US-Amerikaner:innen Rindfleisch und Burger verbieten wolle. In Wirklichkeit haben die Demokraten nicht einmal ansatzweise eine vegane oder vegetarische Ernährung in ihr Programm aufgenommen. Für Trump und seine Unterstützer:innen jedoch ist schon die bloße Überlegung, den Rindfleischkonsum zu reduzieren, ein Sakrileg – ein Angriff auf eine Identität, die sich ausdrücklich auch über Fleischkonsum definiert.

Die rechtspopulistische Verachtung für Umwelt- und Tierschutz durch Donald Trump und seine Unterstützer:innen zeigt sich auch in aktuellen Maßnahmen: So hat Trump Tausende Hektar öffentlicher Flächen in Nevada und New Mexico für Öl- und Gasbohrungen sowie den Bergbau freigegeben – indem er zuvor von der Biden-Regierung eingeführte Schutzmaßnahmen gezielt wieder außer Kraft setzte..Die AfD in Deutschland forderte gar eine gesetzliche Warnung vor veganer Ernährung bei Kindern, obwohl wissenschaftlich belegt ist, dass eine ausgewogene pflanzliche Ernährung in allen Lebensphasen möglich und gesund ist. Ähnliche Angriffe gibt es auch in Brasilien, den USA oder Italien.Deutscher Bundestag

Diese sogenannte Fleischideologie speist sich nicht nur aus wirtschaftlichen Interessen, sondern aus einer bewussten Abgrenzung gegen alles, was als „grün“, „woke“ oder „internationalistisch“ wahrgenommen wird. Dabei wird ignoriert, dass pflanzliche Ernährung nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch sozialen Ausgleich schafft – etwa durch geringere Gesundheitskosten und bessere Ernährungssicherheit.

Studien zeigen zudem, dass konservative Ideologien häufig mit einem höheren Fleischkonsum und geringerer Empathie gegenüber Tieren einhergehen. Personen mit hoher sozialer Dominanzorientierung (SDO) rechtfertigen Fleischkonsum häufiger und zeigen geringeres Mitgefühl für Tiere. In den USA hat die Regierung unter Donald Trump Tierschutzmaßnahmen geschwächt, etwa durch höhere Schlachtgeschwindigkeiten und reduzierte Inspektionen. Zudem hat Trump regelmäßig umwelt- oder fleischkritische Programme polemisch als Bedrohung traditioneller Lebensweise dargestellt.

Auch CDU/CSU-Vertreter in Deutschland haben sich wiederholt gegen staatlich geförderte Reduktionsstrategien für Fleisch ausgesprochen – etwa im Kontext der „Veggie-Day“-Debatte. Parteien mit autoritärem oder konservativem Weltbild zeigen überproportional häufig geringe Zustimmung zur pflanzenbasierter Ernährung.

Diese politischen Strömungen betonen Hierarchien und verteidigen soziale und kulturelle Dominanzverhältnisse. Die Ablehnung veganer Lebensweisen wird dabei nicht nur kulturell, sondern bewusst politisch genutzt – als Mittel zur Abgrenzung gegenüber gesellschaftlichem Wandel.

Der Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus, aber auch der gemäßigte Konservatismus, stehen damit der Lösung der uns existenziell bedrohenden Umweltprobleme entgegen – indem sie die wirksamste Alternative, die vegane Lebensweise, angreifen und diskreditieren.

zurück

Veganismus ist alternativlos

Angesichts all dieser Erkenntnisse drängt sich die Schlussfolgerung auf: Freiwilligkeit allein wird nicht reichen, um den Teufelskreis von Fleischindustrie und Regenwaldvernichtung zu durchbrechen.

Obwohl das Bewusstsein für vegane Alternativen wächst, bleibt der tatsächliche Wandel zu langsam. In Deutschland etwa liegt der Veganeranteil weiterhin bei nur etwa 2 % – ein Wert, der sich seit Jahren kaum verändert hat. Weltweit ist der Trend ähnlich: Steigende Nachfrage in Nischen, aber stagnierende Gesamtzahlen beim Fleischverzehr.

Was fehlt, sind klare politische Rahmenbedingungen: Subventionsumschichtungen, Förderprogramme für pflanzenbasierte Landwirtschaft, Bildungsmaßnahmen, Importregeln und transparente Kennzeichnung. Gleichzeitig braucht es zivilgesellschaftlichen Druck und die Entscheidung jedes Einzelnen:

Eine vegane Ernährung ist kein radikaler Verzicht, sondern eine notwendige Antwort auf ein ökologisch und moralisch nicht mehr tragbares System.

Der Amazonas, die Lunge des Planeten, wird weiter brennen, solange die industrielle Tierhaltung expandiert – sei es mit oder ohne Bolsonaro. Die Klimaziele bleiben Illusion, wenn tierische Produkte weiter Priorität genießen. Die Zukunft entscheidet sich also nicht nur auf Konferenzen wie der COP30, sondern auch auf unseren Tellern. Und dort liegt die vielleicht größte Macht, die wir haben.

zurück

Newsletter-Anmeldung

Bleibe auf dem Laufenden. Mit diesem Service senden wir Dir regelmäßig vegane Neuigkeiten zu. Trage hier Deine Email-Adresse ein!

Loading

Kommentare sind deaktiviert

Newsletter-Anmeldung

Bleibe auf dem Laufenden. Mit diesem Service senden wir Dir regelmäßig vegane Neuigkeiten zu. Trage hier Deine Email-Adresse ein!

Loading