Wie Fleischesser ihren Fleischkonsum rechtfertigen
Fleischkonsum steht in der Kritik wegen der mit ihm verbundenen Tötung von Tieren und der Massentierhaltung, seinen negativen Auswirkungen auf die Umwelt, möglichen Gesundheitsschäden sowie wegen der Vergeudung dringend für die Welternährung benötigter pflanzlicher Nahrung durch die Nutztierhaltung.
Wie rechtfertigen aber Fleischesser ihren Fleischkonsum?
In der Forschungsliteratur zunehmend diskutiert werden die sogenannten 4N, gemäß derer Fleischkonsum natürlich, normal, notwendig und wohlschmeckend/angenehm (Englisch: nice) sei. In mehreren Einzelstudien, die soeben in einem Fachartikel im Journal Appetite, veröffentlicht wurden, konnte diese Theorie jetzt bestätigt werden:
Die Hauptbefunde sind, dass sich das Ausmaß der Bejahung der 4N zwischen Omnivoren (Fleischessern), Flexitariern und Vegetariern/Veganern unterscheidet, wobei Omnivoren die 4N am meisten und Vegetarier/Veganer die 4N am wenigsten bejahen. Besonders oft wird dabei die Annahme vertreten, dass Fleischkonsum notwendig sei, während seltener als Rechtfertigung auf die Annahme zurückgegriffen wird, dass Fleischkonsum natürlich sei.
Die Bejahung der 4N geht zusätzlich einher mit einer geringeren Fürsorge für Tiere, einer geringeren Bereitschaft, Tieren geistige Prozesse zuzusprechen und einer geringeren Bereitschaft, den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren. Die Bejahung der 4N korreliert ebenfalls mit speziesistischen Annahmen, gemäß derer das Leben von Tieren als a priori weniger wertvoll anzusehen sei. Außerdem erleben Fleischesser, die die 4N besonders stark bejahen, weniger Schuldgefühle wegen ihres Fleischkonsums als Fleischesser, die die 4N weniger stark bejahen.
Übrigens wurde in den Befragungen kein Unterschied zwischen Vegetariern und Veganern bezüglich der Bejahung der 4N gefunden. Dieser Befund überrascht jedoch nicht wirklich, weil ausschließlich nach Fleisch, nicht aber nach Milch oder Eiern gefragt wurde. Der Verzicht auf Fleisch verbindet Veganer und Vegetarier, so dass im Hinblick auf ihrer Einstellungen zu Fleisch zwischen vegetarisch und vegan lebenden Personen keine Unterschiede zu erwarten sind.
Es ist wichtig, die Argumente zu kennen, die einer Veränderung von Verhaltensmustern entgegenstehen können. Für eine weitere Delegitimierung des Fleischkonsums wird es wesentlich sein, das Bewusstsein in der Bevölkerung dafür zu schaffen, dass Fleischkonsum weder notwendig noch normal und natürlich ist. Während Fleisch zwar als wohlschmeckend (nice) erlebt werden mag, wird es darum gehen, deutlich zu machen, dass es ebenso leckere vegane Alternativen gibt und dass zudem eine geschmackliche Empfindung tiefer gehende ethische Überlegungen nicht außer Kraft setzen sollte.