Fleischesser reden sich ihren Fleischkonsum schön
In einer Serie von fünf psychologischen Experimenten (siehe detaillierter Bericht bei Vegetarier.eu) ist soeben aufgezeigt worden, dass Fleischessern grundsätzlich bewusst ist, dass es ein Problem ist, Fleisch zu essen.
Anstatt ihr Verhalten zu ändern, reagieren Fleischesser aber meistens mit Strategien der Leugnung, Verdrängung und Rechtfertigung. Diese Strategien können bis hin zu der Fehlbehauptung gehen, selber vegetarisch zu leben. Deshalb führt die direkte Abfrage einer vegetarischen Lebensweise immer zu höheren Vegetarier-Raten, als wenn konsumierte Lebensmittel abgefragt werden; ein Phänomen, was in vielen Studien immer wieder beobachtet wurde.
Weitere Leugnungs-, Rechtfertigungs- und Verdrängunsstrategien bestehen darin, Informationen zur Thematik auszublenden, das Fleisch vom lebenden Tier zu trennen, das Tierleid zu leugnen, die Unterschiede zwischen Mensch und Tier zu betonen (siehe hier Interview mit Prof. Dr. Bernhard Taureck zur Irrelevanz dieses Argumentes), Fleischkonsum mit positiven Merkmalen zu verbinden, wie Gesundheit oder Genuss, sowie Fleischkonsum als alternativlos darzustellen (z.B.: "vegan führt zu Mangelerscheinnungen" etc.).
Die Studie zeigt interessanterweise, dass diese Verzerrungsprozesse zunehmen, wenn Fleischesser mit Vegetariern konfrontiert werden.
Als Handlungsimplikation für die Förderung des Fleischverzichts ergibt sich die gesellschaftliche und individuelle Bewusstmachung und Widerlegung der Verzerrungsprozesse, mit denen Fleischesser einen Konsum fortsetzen, den sie in Wirklichkeit selbst für falsch halten.
Im Ergebnis ergibt sich aus Fleischverzicht nicht nur eine Befreiung der betroffenen Tiere von Leid, sondern ebenfalls eine Befreiung der Fleischesser von einem selbst abgelehnten Verhalten.
Deutlich wird, dass Fleischesser oft Energie und argumentative Mühe aufwenden, um eigenes Unrechterleben zu reduzieren, anstatt das für falsch erkannte Verhalten zu ändern. Dies belegt den Suchtcharakter des Fleischkonsums.
Allerdings wurden in der aktuellen Studie ausschließlich die Verzerrungsprozesse, die es Fleischessern erleichtern, ihren Fleischkonsum fortzusetzen, untersucht. Interessant wäre eine Ausdehnung dieses Ansatzes auf vegetarisch lebende Personen in ihrer Auseinandersetzung mit der veganen Ernährung. Zu vermuten ist, dass sehr ähnliche Prozesse der Leugnung, Verdrängung und Rechtfertigung auch bei ovo lacto Vegetariern wirksam werden, um den Widerspruch zwischen ihrem Bewusstsein des durch die Nutztierhaltung erzeugten Leides und ihrem Festhalten am Konsum von Tierprodukten für sie innerlich erträglicher zu machen.