DGE-Präsident Heseker wirft veganen Eltern Malträtierung ihrer Kinder vor

DGE-Präsident Heseker wirft veganen Eltern Malträtierung ihrer Kinder vor

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) wird demnächst erstmals Ernährungsempfehlungen für sich vegan ernährende Personen veröffentlichen. Dies ist ein positiver Schritt. Ein neues Interview mit dem DGE-Präsidenten Prof. Heseker weist jedoch - abgesehen von der Veröffentlichung der Ernährungsempfehlungen - auf keine Annäherung der vegankritischen Position der DGE an die positiven Stellungnahmen der weltweit führenden ernährungswissenschaftlichen Vereinigungen, wie der Academy of Nutrition and Dietetics, hin. Im Gegenteil geht Heseker in dem Interview weit über jeden wissenschaftlichen Forschungsstand hinaus und ergreift ideologisch Partei für Veganphobie und Veganhass, indem er veganen Eltern - so wörtlich - eine „Malträtierung“ ihrer Kinder unterstellt.

 

Mit seinen Äußerungen trägt Heseker trägt dazu bei, bereits jetzt weit verbreitete Vorurteile und Diskriminierung gegenüber vegan lebenden Menschen und Familien zu verstärken.Der DGE-Vorsitzende diffamiert dabei eine Gruppe von Menschen, die tatsächlich in besonders hohem Ausmaß sozial, ökologisch und tierschutzbezogen denken und durch ihr Handeln zu einer Reduktion der durch die Produktion tierischer Lebensmitteln bedingten ökologischen und tierschutzbezogenen Verheerungen beitragen möchten.

 

Die weltweit größte Vereinigung akademisch ausgebildeter Ernährungsexperten, die Academy of Nutrition and Diatetics , gelangt nach Durchsicht des Forschungsstandes zu der Schlussfolgerung, dass eine gut geplante vegane Ernährung für alle Alters-und Entwicklungsstufen des Menschen geeignet sei, einschließlich Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit. Pathologische Entwicklungsauffälligkeiten veganer Kinder sind demnach bei angemessener veganer Ernährung nicht zu verzeichnen.

 

Dem stimmt ebenfalls die Vereinigung der kanadischen Kinderärzte (Canadian Paediatric Society) zu, die ihre Position folgendermaßen zusammenfasst: "Well-planned vegetarian and vegan diets with appropriate attention to specific nutrient components can provide a healthy alternative lifestyle at all stages of fetal, infant, child and adolescent growth ... Appropriate education of the family and follow-up over time are essential. There are many useful tools and excellent guides to assist families and professionals."

 

Auf gleicher Linie liegt letztlich auch die American Academy of Pediatrics in einem eigenen Kapitel zur vegetarischen Ernährung schreibt:

 

"Well planned vegan and other types of vegetarian diets are appropriate for all stages of the life cycle including pregnancy, lactation, infancy, childhood and adolescence. Vegetarian diets in general have lower levels of saturated fat, cholesterol and higher levels of complex carbohydrates, fiber, magnesium, Vitamin C and E, carotenoids and phytochemicals..."

 

Selbstverständlich mag Heseker zu einer anderen Sichtweise gelangen. Er setzt sich aber mit diesen Bewertungen weltweit führender Fachverbände nicht einmal im Ansatz auseinander, sondern verschweigt sie. So erscheint die vegane Kinderernährung den Lesern und Leserinnen von Heseker als gefährlich und extrem, ohne das Heseker sie darüber informiert hätte, dass zahlreiche Ernährungswissenschaftler und Kinderärzte dies anders sehen. Anstatt unabhängig zu informieren, fordert Heseker, Eltern sollten ihre Kinder nicht mit veganer Ernährung malträtieren. Er beruft sich dabei auf angebliche Beobachtungen anonym bleibender Kinderärzte, die eine geringere Körpergröße und ein geringeres Gewicht veganer Knider festgestellt haben sollen. Er generalisiert seine Warnung vor der veganen Ernährung auf dieser Basis sogleich auf alle Schwangeren, Stillenden und sogar Jugendliche. Wissenschaftliche Befunde, die keinerlei pathologische Auffälligkeiten und sogar ein höheres Geburtsgewicht bei Kindern nach veganer Schwangerschaft feststellten, lässt Heseker in seiner Argumentation außen vor.

 

Der Satz „Eltern sollten ihre Kinder nicht mit veganer Ernährung malträtieren“ ist abgrundlos und skandalös. Er entstammt keiner unvoreingenommenen wissenschaftlichen Analyse, sondern verweist auf tiefgreifende Vorurteile bei demjenigen, der ihn geäußert hat. Heseker glaubt offenbar tatsächlich, dass die vegane Ernährung etwas Fürchterliches, ja Schreckliches sei, unter der Kinder leiden würden. Diese Einschätzung entspricht keinen Tatsachen, sondern seiner Phantasie.

 

Das Wort malträtieren bedeutet peiniken, piesacken, quälen und foltern.Heseker erhebt damit gegen vegane Eltern den mit am schwersten Vorwurf, der überhaupt gegen Eltern erhoben werden kann.

 

Heseker hält es nicht für notwendig, seine Behauptungen durch Verweis auf auch nur eine einzige Studie zu belegen. Auch das Gespräch mit den durch ihn nunmehr im gesamten deutschsprachigen Raum denunzierten Betroffenen hat er zu keinem Zeitpunkt gesucht. Offensichtlich kennt Heseker weder vegane Eltern noch vegane Kinder und geht jenseits von jeder Realität davon aus, dass es sich bei veganen Kinder um Folteropfer handele.

 

Sollten diese Aussagen von Heseker in der Bevölkerung breit rezipiert werden, könnten sie dazu geeignet sein, das Leben von veganen Eltern und ihren Kindern erheblich zu erschweren und damit ihre seelische Gesundheit zu gefährden.

 

Die Aussagestruktur von Heseker ist klassich denunziatorisch und ähnelt Aussagen von Rassisten, Antisemiten und Fremdenfeinden, nur dass das Objekt des Hasses diesmal Menschen sind, die sich und ihre Familien vegan ernähren. Heseker sagt mit seinem Ausbruch mehr über sich selbst aus als über die vegane Ernährung, nur scheint er es nicht zu bemerken. Vorallem teilt Heseker so der Öffentlichkeit mit, dass er als Vorsitzender der DGE und damit wohl auch die DGE insgesamt nicht in der Lage sind, sich ohne Vorurteile, unabhängig und objektiv mit der veganen Ernährung auseinanderzusetzen. Wäre es anders, müsste Heseker keine Emotionen schüren, die fraglos entstehen, wenn von der Malträtierung von Kindern durch ihre Eltern gesprochen wird.

 

Um einen angloamerikanischen Terminus zu verwenden, handelt es sich bei dem Satz von Heseker um „hate Speech“, die geeignet ist, eine ganze Gruppe von Menschen auszusondern, von der Gesellschaft zu entfremden, zu enthumanisieren und zu diskrimieren. Glaubt Heseker etwa, dass die Öffentlichkeit milde mit Menschen umgehen wird, die ihre Kinder malträtieren?

 

Auffallend ist neben der radikalen Sprache die extreme Einseitigkeit Hesekers, die bis hin zur kompletten Ausblendung der gegenteiligen Positionen der weltweit größten ernährungswissenschaftlichen Vereinigung sowie wissenschaftlicher Studien geht, die eben keine Gefährdung von vegan aufwachsenden Kindern feststellen konnten. Locker diskutiert Heseker auch zahlreiche wissenschaftliche Befunde zu gesundheitlichen Vorteilen der veganen Ernährung als Ausdruck eines insgesamt vorteilhafteren Gesundheitsverhaltens weg, übersieht dabei aber, dass dann, wenn seine Warnungen berechtigt wären, Veganer nicht seltener, sondern häufiger unter Erkrankungen leiden müssten. Auch übersieht er, dass in einer Reihe von Studien Unterschiede im Gesundheitsverhalten kontrolliert wurden, auch wenn es sicherlich richtig ist, dass bei solchen Studien immer Unwägbarkeiten verbleiben.

 

Heseker bietet aber keine Methodenkritik, sondern verzichtet bei seiner Verdammung der veganen Kinderernährung gleich ganz auf Studien und greift stattdessen zum Mittel der reinen Behauptung. Studien, die Vorteile einer veganen Ernährung aufzeigen, werden von Heseker in Zweifel gezogen, wenn es aber um vermeintliche Nachteile einer vegane Ernährung gilt, sind ihm selbst wissenschaftlich komplett undokumentierte Anekdoten Beleg genug. Hier zeigt sich ein doppelter Maßstab, dessen Anwendung offenbar durch zugrundeliegende Vorurteile motiviert wird.

 

An die Stelle wissenschaftlicher Evidenz setzt Heseker angebliche Berichte von Kinderärzten über geringere Größe und Gewicht veganer Kinder, bei denen weder alle Fakten ausreichend gesichert sind noch die minimale Voraussetzung gewährleistet ist, dass nämlich festgestellt worden wäre, dass die entsprechenden Kinder tatsächlich vegan ernährt worden wären. Immerhin wurden in der Vergangenheit Berichte veröffentlicht, die eine vegane Ernährung mit einer extrem restriktiven Ernährung, die pflanzliche Nahrungsmittel ausschließt, verwechselten – z.B. Ernährung mit Reiskeksen. Auch die DGE verwechselt in ihrer derzeit noch gültigen Stellungnahme nach wie vor Ernährungsformen, die pflanzliche Lebensmittel ausschließen oder gar tierische Lebensmittel, wie Fisch, zulassen, mit der veganen Ernährung. Zudem äußert sich Heseker nicht dazu, inwiefern die angeblichen Unterschiede in Gewicht und Körpergröße krankhaft gewesen sein sollen, ebensowenig wie er sich zur grassierenden Adipositas bei fleischessenden Kindern äußert. Dabei könnten nach wissenschaftlichen Befunden gerade übergewichtige Kinder von einer veganen Ernährung sehr profitieren.

 

Indem Heseker bei seiner Verdammung der veganen Ernährung auf anekdotische Behauptungen statt auf empirische Evidenz setzt, gelingt es ihm mühelos, vegane Eltern zu diskreditieren. Die faktische Basis und Tragfähigkeit der durch Heseker erhobenen pauschalen Vorwürfe gegen vegane Eltern ist jedoch in Wirklichkeit nicht fundierter als die Argumentationsbasis von Personen und Gruppierungen, die beispielsweise statt Veganhass Judenhass oder Ausländerhass verbreiten. Hesekers Argumentation ist mit Rassisten gemein die extreme Einseitigkeit und die Fokussierung auf die Abwertung der kritisierten Personengruppe. Wie sonst wäre es erklärbar, dass Heseker blind ist für mögliche Vorteile einer veganen Ernährung und entsprechende Studien pauschal abklassifiziert, ohne sich mit ihnen im Detail auseinanderzusetzen, während er nach jedem auch noch so unwissenschaftlichem Bericht über mögliche Nachteile einer veganen Ernährung wie nach einem Strohhalm greift?

 

Wer malträtiert wird, leidet. Heseker hat sich nicht die Mühe gemacht, durch eine objektive Untersuchung festzustellen, ob vegane Kinder an seelischen oder körperlichen Schäden leiden. Er hat keinen Kontakt aufgenommen, obwohl vegane Familien doch heute leicht erreichtbar sind, beispielsweise über die Internetseite Tofufamily. Es genügt Heseker, Schäden unter Berufung auf wissenschaftlich völlig inadequate anonyme Stellen zu behaupten. Er nimmt es damit in Kauf, dass zahlreiche Eltern öffentlichkeitswirksam faktisch zu Rabeneltern oder gar Verbrechern erklärt werden. Wer würde es nicht als moralisch verwerflichund verbrecherisch bewerten, wenn Eltern ihre Kinder malträtieren? Wer seine Kinder malträtiert, ist offensichtlich gestört oder handelt kriminell. Eben dies werden zahlreiche Menschen, die die Worte des als Wissenschaftler auftretenden Vorsitzenden der DGE lesen, über vegane Eltern denken und sich ihnen entsprechend gegenüber verhalten.

 

Wenn Eltern ihre Kinder maträtieren, endet das elterliche Erziehuhngsrecht und staatliches Eingreifen wird notwendig. Wenn Eltern ihre Kinder malträtieren, muss ihnen letztlich das Sorgerecht entzogen werden – dies ist die unerwähnte Implikation der durch Heseker im Mantel der Wissenschaftlichkeit verbreiteten Position. Bei vegan.eu haben wir bereits vorher, wenn wir über die Thematik berichteten, Hasszuschriften bzw. Facebook-Kommentare erhalten, die vegane Eltern in Bausch und Bogen verdammten und ihnen das Jugendamt und den Entzug des Sorgerechts an den Hals wünschten. Die Interview-Äußerungen von Heseker dürften dazu beitragen, diesen Stimmen weiteres Gewicht zu verleihen und veganen Eltern und ihren Kinder das Leben zu erschweren – bis hin zur Förderung staatlichen Repressionsmaßnahmen unter Berufung auf die DGE-Position. Sicher ist zudem davon auszugehen, dass die Aussagen von Heseker dazu geeignet sind, das ohnehin geringe Vertrauen von veganen Eltern und überhaupt aller Veganer in die DGE und ihre Empfehlungen weiter zu erschüttern.

 

In Anbetracht der sich andeutenden Veröffentlichung von Ernährungsempfehlungen für Veganer hatten wir bei vegan.eu in einem vorherigen Artikel unserer Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die DGE schrittweise ihre Ablehnung einer veganen Ernährung aufgeben und sich damit den weltweit führenden Fachverbänden annähern werden würde.

 

Zwar bleibt es zu begrüßen, dass demnächst offenbar Ernährungsempfehlungen für Veganer durch die DGE veröffentlicht werden werden, aber die extremen Äußerungen von Heseker sprechen nicht für eine Annäherung und ergebnisoffene Diskussion, sondern für eine mit den wissenschaftlichen Befunden selbst bei einseitiger Auslegung nicht vereinbare weitere veganfeindliche Radikalisierung der DGE.

 

Die DGE ist offenbar unter der Führung von Heseker bereit, das Risiko der Verbreitung von Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber vegan lebenden Familien in Kauf zu nehmen. Anders ist die skandalöse Behauptung des DGE-Vorsitzenden, dass vegane Eltern ihre Kinder malträtieren würden, jedenfalls kaum zu verstehen. Während Fleisch- und Tierproduktekonsum weiterhin unsere Umwelt großflächig beschädigen, Kindern in der dritten Welt das Essen wegnehmen und milliardenfaches Tierleid verursachen, verbleibt die DGE unter Heseker vorerst im ewiggestrigen Sumpf.

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