kotrophologin Ulrike Gonder verdreht die Fakten zur veganen Ernährung
In einem TAZ-Artikel unter der Überschrift "Fleisch gehört dazu" wird der Ökotrophologin Ulrike Gonder breiter Raum gegeben, Argumente gegen die vegane Lebensweise vorzutragen. Dabei kennzeichnet sich der Artikel durch eine Sammlung glatter Falschbehauptungen bei konsequenter Ausblendung des Forschungsstandes zu den relevanten Fragestellungen.
Während die FAO mittlerweile die gefährlichen Auswirkungen der Tierhaltung und zwar auch der Weidewirtschaft auf die Umwelt umfassend dokumentiert hat, trägt Ulrike Gonder in der TAZ ernsthaft das Argument vor, eine Umstellung auf eine vegane Lebensweise würde dazu führen, dass wir in Prärieen und Steppen mehr Soja und Mais anbauen müssten und damit das ökologische Gleichgewicht noch stärker gefährdeten. Die Sachlage, dass 2/3 der landwirtschaftlich genutzten Fläche, einschließlich gerodeter Urwälder, für die Tierhaltung verwandt wird, bezeichnet die Autorin als nachhaltig und ökologisch notwendig. Denn diese Flächen könnten für Ackerbau nicht benutzt werden. Dass die FAO aufzeigt, dass die Weidehaltung sehr oft Flächen dauerhaft für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar macht und zur Entwaldung und Versteppung beiträgt, bleibt dabei unerwähnt.
Das Argument, bei veganer Lebensweise müssten wir mehr Soja und mehr Mais anbauen, zeugt von einer Unkenntnis, deren Ausmaß erschreckend ist. Es scheint sich bei Ulrike Gonder noch nicht herumgesprochen zu haben, dass mehr als 90% der weltweiten Sojaernte und mehr als 25% der weltweiten Getreideernte für die Fütterung von Nutztieren verwandt wird. Demgegenüber ist der vegane Sojakonsum auch deshalb ökologisch unbedenklich, weil er dazu beiträgt, durch den direkten Konsum von Soja, Soja einzusparen. Denn wenn wir Fleisch essen, essen wir indirekt weitaus mehr Soja, als wenn wir die Sojabohne direkt verzehren.
Doch für Nutztiere bauen wir nicht nur Mais und Soja an, sondern ebenfalls unzählige weitere Futterpflanzen, für die wir wertvollen landwirtschaftlichen Boden dem Ackerbau für die menschliche Ernährung entziehen. Dies jedoch erfahren die Leser und Leserinnen von Ulrike Gonder nicht.
Aber auch die umfassenden wissenschaftlichen Studien (siehe hier, hier, hier und hier) zu den ökologischen Auswirkungen der veganen Lebensweise scheinen Ulrike Gonder komplett unbekannt zu sein, es sei denn, man würde davon ausgehen, dass sie sie wissentlich verschweigt. Der Forschungsstand zeigt eindeutig, dass eine vegane Lebensweise bei weitem klimaneutraler ist als eine vegetarische Lebensweise und noch stärker als eine Ernährung mit einer Mischkost mit Fleisch.
Wie Ulrike Gonder die ökologischen Auswirkungen einer veganen und fleischbasierten Ernährungsweise vergleichen und bewerten kann, ohne auch nur im geringsten auf den diesbezüglich mittlerweile umfangreich vorliegenden Forschungsstand einzugehen, bleibt ein Rätsel.
Völlig ökologisch überbewertet werden von Ulrike Gonder übrigens Weideflächen, die tatsächlich im Vergleich zu Naturflächen weniger klimaprotektiv sind und sich zudem durch eine erheblich reduzierte Artenvielfalt kennzeichnen.
Das Pädoyer für die Bio-Tierhaltung ist ebenso uninformiert. Denn hier zeigen wissenschaftliche Studien, dass die Bio-Haltung, u.a. auch aufgrund des größeren Flächengebrauches, nicht weniger umweltbelastend ist als die Massentierhaltung. Bio ist also bei der Tierhaltung keine Lösung (siehe Argumentation und Belege hier).
Die Problematik des Welthungers und seiner Förderung durch Fleischkonsum wird ebenfalls fehlerhaft dargestellt. So geht Ulrike Gonder mit keinem Wort auf die Sachlage ein, dass der Aufkauf von Soja und Mais für die Nutztierernährung die Preise in den dritte Welt Ländern steigen lässt, so dass sich viele Menschen dort nicht mehr die benötigte pflanzliche Nahrung leisten können.
Ebenso wenig erwähnt Ulrike Gonder die höheren Kosten und Umweltschäden durch die Kühlungsnotwendigkeit für die meisten Tierprodukte, sowie - damit zusammenhängend - ihre im Vergleich zu pflanzlicher Nahrung entsprechend schlechtere Lagerbarkeit, Transportierbarkeit und Verteilbarkeit.
Offenbar hat Ulrike Gondel die Argumente für eine positive Auswirkung der veganen Ernährung auf die weltweite Ernährungssicherheit (siehe hier) bisher nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Tierschutzargumenten begegnet Ulrike Gonder mit dem Standardreflex und Stammtischargument von Fleischessern "Veganer töten Pflanzen", wobei sie das eindeutig belegte und unmittelbar miterlebensfähige Leid der Tiere wegdiskutiert, indem sie in rhetorischer Frage Gefühle bei Pflanzen unterstellt. Doch selbst wenn dies der Fall wäre, müsste man vegan leben, da Tiere, bevor wir ihnen Milch und Fleisch nehmen können, sehr viele Pflanzen essen, aus denen sie sehr viel weniger tierische Nahrung erzeugen.Wenn das Pflanzen-Argument ernst genommen werden soll und ernst gemeint sein sollte (was freilich zu bezweifeln ist), gäbe es zur veganen Lebensweise umso weniger eine verantwortbare Alternative (siehe auch Zusammenfassung der Argumente hier).
Letztlich deutlich wird aus dem Artikel, dass es Ulrike Gonder an Mitgefühl für Tiere mangelt, weshalb sie auf das Leid in den Schlachthöfen nicht eingeht, was konventionell wie Bio gehaltene Tiere gleichmaßen betrifft (siehe hier). Auch die ständige Schwängerung der Kühe, die Wegnahme ihres Nachwuchses und die Zermusung von konventionellen und Bio-Küken sind Ulrike Gonder in ihrem Plädoyer für den Fleischkonsum keine Erwähnung wert. Die Betroffenen, nämlich die Quellen des Fleisches, spielen für Ulrike Gonder lesbar keine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob Fleischkonsum verantwortbar ist.
Abschließend verdreht Ulrike Gondel bei den gesundheitlichen Aspekten die tatsächlichen Verhältnisse:
Während immer mehr Studien den besonders guten Gesundheitszustand von Veganern belegen (siehe hier, hier, hier und hier), erklärt sie die vegane Ernährung zur Defiziternährung, wobei sie sich selektiv am Vitamin B12 festbeißt, obwohl dies einfach substituierbar ist und im Durchschnitt Fleischesser mehr Nährstoffmängel aufweisen als Veganer (siehe hier).
Auch die Fehlbehauptung einer Nicht-Eignung der veganen Ernährung für Schwangere und Kinder darf natürlich in so einem Artikel nicht fehlen, ungeachtet der Position der weltweit größten Vereinigung von studierten Ernährungsexperten(siehe hier und hier), die auf die Angemessenheit einer gut geplanten veganen Ernährung für alle Stadien unseres Lebenszyklus, einschließlich Schwangerschaft und Kindesalter, hinweist.
In der Gesamtbewertung ist der Beitrag von Ulrike Gonder so oberflächig, Fakten ausblendend, uninformiert und einseitig, dass er das Niveau unterschreitet, was auch für einen Zeitungsartikel, zumal in einem Medium, wie der TAZ, zu fordern ist. Mit der Veröffentlichung dieses Unsinnes hat die TAZ niemandem einen Gefallen getan, weder sich selbst, ihren Lesern und Leserinnen noch Ulrike Gonder, die sich für ihren Artikel in dem Moment schämen dürfte, wenn sie beginnt, sich ernsthaft mit den Fakten auseinanderzusetzen. Derzeit - dies zeigt der Artikel - hat diese Auseinandersetzung für sie noch nicht begonnen.