Schlachten ohne ausreichende Betäubung in Niedersachsen bleibt folgenlos
In der Theorie sollen Tiere bei der Schlachtung keine oder keine nicht notwendigen Schmerzen erleiden. In der Praxis herrscht aber eine andere Wirklichkeit. Immer wieder treten Fehler bei der Anwendung der Betäubungsapparaturen auf und auch Schnitte zum Ausbluten werden falsch gesetzt, so dass schwer verletzteTiere gegebenenfalls erneut zu Bewusstsein kommen können.
Bei allen Schlachtungen sind Amtstierärzte anwesend. Doch diese schauen oft kaum hin. Ein ausreichender Schutz der Tiere vor Leid und Schmerzen wird durch sie nicht gewährleistet. Dies wird auch deutlich aus den Schilderungen einer angehenden Tierärztin über ihr Praktikum im Schlachthof, die durch die Albert Schweizer Stiftung veröffentlicht wurden. Demnach werden Verstöße nicht oder kaum zur Kenntnis genommen, Maßnahmen oder gar Sanktionen erfolgen nahezu nie.
Der NDR berichtet nun über das Ergebnis einer Umfrage, gemäß derer die Amtstierärzte in Niedersachsen nahezu nie Sanktionen verhängen, sondern höchstens ermahnen und belehren. So scheinen die niedersächsischen Veterinärbehörden bei insgesamt 90 Millionen Schlachtungen im vergangenen Jahr lediglich 5 Bußgelder verhängt zu haben.
Eine regelmäßige Statistik über Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in Schlachthäusern fehlt komplett. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hält eine solche Statistik für angesichts der mit ihr verbundenen Aufwandes nicht vertretbar.
Die geringe Priorität, die dem Tierschutz in Schlachthöfen und durch die Politik zugewiesen wird, ist nicht verwunderlich. Tiere können für ihre Rechte nicht einstehen, sie können nicht klagen und sie sind keine Wähler. Die Mehrheit der Menschen wiederum möchte gar nicht genau wissen, was so alles in den Schlachthöfen geschieht, um sich nicht mit der eigenen Verantwortung aufgrund ihres Fleischkonsums auseinandersetzen zu müssen.
So wichtig es auch ist, für die Einhaltung der Tierschutzgesetze und für deren Ausbau einzutreten, so ist es eine Illusion zu glauben, dass ein schmerzfreies Töten von Tieren selbst bei optimalem Vorgehen in jedem Einzelfall gewährleistet werden könnte. Selbst bei korrekter Anwendung von Betäubungsmethoden - von der wir oft noch weit entfernt sind - wird es immer einen, wenn auch geringen, Prozentsatz an Tieren geben, bei denen die Betäubung nicht hinreichend greift und die daher unter Schmerzen sterben.
In Anbetracht der enormen Anzahl der getöteten Tiere wird die absolute Anzahl dieser bei Bewusstsein geschlachteten Tiere, trotz ihres geringen Prozentsatzes, dennoch hoch sein. Die Qualen ohne wirksame Betäubung geschlachteter Tiere nehmen Fleischesser als Kollateralschaden implizit in Kauf, blenden diesen aber aus.
Es besteht keine Notwendigkeit, Tiere zu halten, auszubeuten und zu töten, damit wir leben können. Die einzige tatsächlich wirksame Möglichkeit zur Ausschaltung der menschenverursachten Tierqual ist die vegane Lebensweise. Da die Gesellschaft aber höchstens sehr langfristig bereit sein wird, eine vegane Lebensweise anzunehmen, ist es bis dahin dennoch notwendig, alles zu tun, was möglich ist, um wenigstens so vielen Tieren wie möglich Leid zu ersparen. Dass das niedersächsische Landwirtschaftsministerium (ebenso wie die anderen Länderministerium) hierfür nicht einmal den Aufwand einer Statistik verwenden möchte, spricht Bände über die Verachtung, die unsere Gesellschaft gegenüber den durch uns genutzten Tieren praktiziert.