So werden Menschen Veganer

So werden Menschen Veganer

Christopher A. Hirschler interviewte 32 Veganer und Veganerinnen, um deren Entwicklung zur veganen Lebensweise nachzuzeichnen, Faktoren der Aufrechterhaltung und die sozialen Konsequenzen dieser Entscheidung zu verstehen.

In aller Kürze lassen sich die Befunde folgendermaßen zusammen fassen:

1. Alle Veganer waren zuvor Mitglieder fleischessender Mainstream-Familien und aßen auch selber gerne Fleisch.

2. Die große Mehrheit der Interviewten lebte zunächst vegetarisch, bevorsie zu einer komplett vegane Lebensweise wechselten.

3. Bereits als sie noch Fleisch aßen oder Vegetarier waren, erlebten die später vegan lebenden Personen Empathie und Mitgefühl für Tiere, deren Implikationen sie aber im Hinblick auf den eigenen Konsum ausblendeten.

4. Die Konfrontation mit dem Leid der Tiere und der eigenen Mitverantwortung im Rahmen besonderer Ereignisse war für alle späteren Veganer ein bedeutsamer Wendepunkt zur veganen Lebensweise.

5. Selbst nach dem entstandenen Bewusstsein für die eigene Mitverantwortung kam es im Regelfall nicht zu einem sofortigen Verhaltenswandel, sondern zu einer Phase der Informationssuche und Auseinandersetzung, aus der sich graduell eine veganer Lebensweise entwickelte.

6. Ein maßgeblicher Aspekt für die Mehrheit der interviewten Veganer war es, die Möglichkeit einer veganen Lebensweise und deren praktische Umsetzbarkeit zunächst zu verstehen und zu erlernen.

7. Alle Interviewten stießen auf Ablehnung, gerade auch im Kreis ihrer Familie, als sie mit ihrer veganen Lebensweise begannen.

8. Teilweise verbargen die vegan lebenden Personen ihre vegane Lebensweise, z.B. am Arbeitsplatz, oder stellten sie ganz in den Hintergrund, um negative Reaktionen und Ablehnung zu vermeiden

9. Mit der Zeit wurden die Interviewten immer kompetenter und selbstbewusster bezüglich ihrer veganen Lebensweise. Sie erlebten die vegane Lebensweise im zeitlichen Verlauf als immer leichter.

10. Erst relativ spät, aber dann doch mehrheitlich, begann eine Phase der sozialen Umorientierung, in deren Verlauf sich zunehmend neue Freundschaften zu ebenfalls vegan lebenden Personen entwickelten und auchalte Freundschaften teilweise zerbrachen.

11. Die Interviewten bewerten ihre vegane Lebensweise als einen zentralen Teil ihrer Persönlichkeit und Identität, sehen aber keinen Bruch, sondern betrachten ihre vegane Lebensweise als logische und konsequente Fortsetzung ihrer bereits vorherig bestehenden Persönlichkeit und Einstellungen.

12. Die vegane Lebensweise wird, trotz aller gerade am Anfang auftretender Widrigkeiten, als ein Gewinn nicht nur für die Tiere, sondern auch für die eigene Person erlebt und solche uneingeschränkt positiv bewertet.

Was können wir daraus folgern, wenn wir zur Verbreitung der veganen Lebensweise beitragen möchten:

1. Die auch grafische und deutliche Darstellung der Grausamkeit der fleischessenden Gesellschaft gegenüber den Tieren ist wichtig. Schonung ist hier nicht angesagt.

2. Am ehesten dürften zunächst diejenigen Personen erreichbar sein, die bereits ein Mitgefühl für Tiere formulieren, auch wenn sie nach wie vor Fleisch essen und in fleischessende Sozialkontakte integriert sind.

3. Auf fleischessende Tierfreunde sollten wir so zugehen, dass wir ihr Mitgefühl für Tiere schätzen, ihnen aber dennoch das Ausmaß des Tierleides und ihre personale Verantwortung verdeutlichen.

4. Schrittweise Verhaltensänderungen sollten positiv verstärkt werden, ohne aber die Notwendigkeit weiterer Veränderungen im Sinne einer komplett veganen Lebensweise außer Augen zu verlieren.

5. Je mehr die vegane Lebensweise bekannt gemacht wird und desto mehr Informationen zu ihrer Praktikabilität zur Verfügung gestellt werden, desto schneller und leichter werden Menschen, die eigentlich schon die Einsicht entwickelt haben, umsteigen.Der typische schrittweise Weg mag insofern durchaus durch das Wachstum an Information und Angeboten vielfältig abgekürzt werden können.

6. Freundschaften unter Veganern festigen ihre vegane Lebensweise und sind als ein natürlicher Ausdruck des Wunsches nach Gemeinschaft mit Gleichgesinnten zu betrachten.

Quelle:

Hirschler, C. A. (2011) “What Pushed Me over the Edge Was a Deer Hunter”,Society and Animals, 19, 156-174

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