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Bei Tierausbeutern kaufen? Ein Dilemma für Veganer

Bei Tierausbeutern kaufen? Ein Dilemma für Veganer

Der weltweit größte Hersteller vonpflanzlichen Alternativen zu Milchprodukten, die Alpro GmbH, die auch Provamel vertreibt, ist mittlerweile Teil des Dean Foods Konzern, der Kuhmilchprodukte verkauft und direkt mit der Massentierhaltung verbunden ist. Zudem sah sich Dean Foods in der Vergangenheit Vorwürfen der exzessiven Misshandlung von Tieren ausgesetzt, die sogar noch über das im Rahmen der Massentierhaltung Erlaubte hinausgingen.

Alpro Produkte, wie Sojamilch oder verschiedene Sojajoghurtsorten,finden sich in jedem Bio-Markt und sind auch in konventionellen Lebensmittelmärkten zunehmend vorhanden. Sie erfreuen sich offensichtlich auch bei vegan lebenden Menschen großer Beliebtheit und ihr Konsum macht gleichzeitig nicht vegan lebenden Menschen deutlich, dass es eine gutschmeckende Alternative zu Milchprodukten gibt.

Wie sollten Veganer mit Produkten umgehen, die von Firmen hergestellt werden, die direkt oder indirekt von der Tierausbeutung profitieren?

Die einfachste Antwort ist die des Boykottes. Vegan lebende Menschen sollten demnach Produkte boykottieren, die von Tierausbeutungsfirmen hergestellt oder vertrieben werden. Denn nur so können Veganer sicher stellen, dass sie nicht zu vermehrten Einnahmen der entsprechenden Firmen beitragen.

So korrekt und naheliegend der Boykottaufruf auch ist, so ist die Situation in Wirklichkeit komplexer:

- Die Lebensmittelkonzerne sind weltweit zentralisiert. Werden Firmenbeteiligungen mit berücksichtigt, teilen sich wenige große Anbieter den Markt. Das Problem betrifft also sicherlich nicht nur Alpro, sondern es betrifft, wenn alle Besitzverhältnisse mit berücksichtigt werden, einen großen Teil der veganen Lebensmittel. Nicht nur konventionelle Produkte, sondern auch Bio-Produkte (siehe Alpro) sind betroffen.

-Selbst wenn vegan lebende Menschen es schaffen würden, sich gänzlich des Konsums von Produkten zu enthalten, deren Firmen Verbindungen zur Massentierhaltung aufweisen, ergäben sich dennoch durchaus vergleichbare Probleme bei den verbleibenden Produkten. So beteiligen sich nicht nur Vertreter der industriellen Massentierhaltung, sondern ebenfalls eine große Anzahl der in den Verbänden des biologischen Landbaus zusammengeschlossenen Öko-Bauern an der Tierausbeutung. Tatsächlich täuscht das Bild der „glücklichen „Öko-Nutztiere“ und diese sind ebenfalls starken Einschränkungen und Leidensprozessen ausgesetzt, wobei ihr Leben ebenso wie das der Tiere der Massentierhaltung allein für den menschlichen Konsum instrumentalisiert und final geopfert wird.

- Es machen nicht nur die Produzenten, sondern auch die Händler Gewinne mit den durch sie vertriebenen Produkten. Indem vegan lebende Menschen in Geschäften kaufen, die auch nicht-vegane Produkte verkaufen, tragen sie ebenfalls zu deren Gewinnen und insofern mittelbar zur Tierausbeutung bei. Ein alleiniges Einkaufen bei rein veganen Geschäften, die ihrerseits in strikter Lesart dann auch nur Geschäftsbeziehungen zu rein vegan operierenden anderen Firmen unterhalten dürften, liegt außerhalb des Möglichen.

- Im Interesse einer Ausbreitung des Veganismus liegt die Ausweitung des veganen Waren-Sortimentes, um die vegane Lebensweise bekannter zu machen, Einstieg und Aufrechterhaltung in das vegane Leben weiter zu vereinfachen und dadurch mehr Menschen für die vegane Lebensweise zu gewinnen. Während einerseits sicherlich das Angebot durch Kaufanreize mit zur Nachfrage beiträgt, gilt umgekehrt ebenfalls, dass je stärker vegane Produkte nachgefragt werden, desto mehr für Produzenten und Handel eine Motivation entstehen wird, weitere vegane Produkte bereit zu stellen. Die große Mehrzahl der Firmen handelt ausschließlich auf der Basis ökonomischer Gesichtspunkte, nicht auf der Grundlage ethischer Überlegungen. Wenn Firmen feststellen, dass mit veganen Alternativprodukten gute Gewinne zu erzielen sind, werden sie diese anbieten. Ebenso werden Firmen ihre Tierprodukte sogar aus dem Sortiment nehmen, sofern sie feststellen sollten, dass die veganen Produkte vorgezogen werden.

- Der beste Beitrag für die Abschaffung der Tierausbeutung ist die weitere Verbreitung der veganen Lebensweise, so dass grundsätzlich eine Erweiterung des veganen Warensortimentes wie auch ein stärkeres Aufgreifen veganer Produkte durch ansonsten nicht vegan operierende Firmen eigentlich zu begrüßen ist.

Was ergibt sich aus diesen Erwägungen als Schlussfolgerung?

- Boykottaufrufe gegen vegane Produkte aufgrund der sonstigen Unternehmenspolitik der Anbieter bzw. der Besitzverhältnisse von Firmen bedingen das Risiko einer Verminderung der Attraktivität veganer Produkte und könnten sich so verzögernd auswirken auf den angestrebten Prozess der Verdrängung von Tierprodukten durch vegane Alternativen. Eine solche Entwicklung würde jedoch der angestrebten Ausweitung des Veganismus und den Interessen der durch den Fleisch- und Milchkonsum betroffenen Tiere zuwider laufen.

- Es ist sicherlich für vegan lebende Menschen sinnvoll und erstrebenswert, soweit als möglich bei solchen Firmen ihre Waren zu beziehen, die eine Gesamtunternehmenspolitik betreiben, die der veganen Lebensweise entspricht (z.B. Produkte aus bio-veganem Landbau). Bei den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen wird aber ein kompletter Ausschluss von Produkten, die direkt oder indirekt mit der Tierausbeutungsindustrie zusammen hängen, nicht möglich sein. Würde eine solche Forderung apodiktisch erhoben, entstünde die Gefahr, dass dadurch ansonsten aufgeschlossene und interessierte Menschen von dem Wechsel zu einer veganen Lebensweise abgeschreckt werden würden.

Die hier aufgeworfenen Fragen und Antworten können sicherlich kontrovers betrachtet werden und es wird wohl keine allgemeine Einigkeit erzielbar sein, wie Veganer sich gegenüber veganen Produkten von Firmen, die Tierausbeutung betreiben oder - wie im Fall Alpro - mit Firmen zusammen hängen, die dies tun, verhalten sollten.

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