Darum müssen Veganer für Flüchtlinge einstehen
Veganismus erschöpft sich nicht darin, keine Tiere zu essen und keine Tierhäute zu tragen, sondern es geht der veganen Lebensphilosophie um eine besserer, leidärmere und gerechtere Welt. Der Schutz des Lebens und die Befreiung von Nutzung und Ausbeutung stehen im Mittelpunkt des Veganismus und betreffen Menschen wie Tiere. Mithilfe der veganen Lebensweise stellen sich Menschen bewusst an die Seite der Schwachen und treten für eine Neugestaltung der menschlichen Lebensweise auf der Basis von Mitgefühl und Gerechtigkeit ein. Aus dieser Grundausrichtung des Veganismus folgt, dass Veganer – wenn sie diesen Namen zu Recht tragen – notwendigerweise auf der Seite der Flüchtlinge stehen müssen, gegen die sich die Staaten Westeuropa derzeit in Kaltherzigkeit abschotten.
Die Staaten der Europäischen Union haben um ihre Staatsgebiete eine Todeszone gezogen, um zu verhindern, dass Flüchtlinge lebendig Westeuropa erreichen (siehe Artikel zu dieser Thematik in unserem Schwesterportal Menschenrechte.eu). Obwohl sie durch die Beteiligung an Krieg und Waffenhandel die maßgebliche Ursache für die aktuell zunehmende Fluchtbewegung geschaffen haben, sehen sie ihre Verantwortung vorwiegend darin, die Fliehenden von ihren Staatsgebieten fernzuhalten. Sie bauen Zäune und Mauern und schauen im wesentlichen zu, wie Tausende Menschen jedes Jahr im Mittelmeer ertrinken. Die große Mehrheit von ihnen sind Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Südsudan oder Somalia, die fraglos aufgrund der in ihren Ländern eskalierenden Kriege oder staatlicher Verfolgungsmaßnahmen einen Schutzanspruch haben. Damit sie diesen nicht zur Geltung bringen können, unternehmen die Staaten der Europäischen Union alles in ihrer Macht stehende, um zu verhindern, dass die fliehenden Menschen ihre Grenzen passieren – auch um den Preis unzähliger Tote.
Das Mittelmeer ist so längst zu einem Massengrab geworden und das tägliche Sterben kann nur als ein Massaker bezeichnet werden. Je mehr Menschen aber durch Krieg und Verfolgung zur Flucht gezwungen werden, desto stärker perfektionieren die Staaten Westeuropas ihr Abwehrsystem und desto mehr werden Menschen mit sachlich unzutreffenden Parolen vom „massenhaften Asylmissbrauch“ gegen Flüchtlinge aufgehetzt. Die brennenden Asylbewerberheime werden dann ihrerseits in Kumpanei mit den Tätern als Argumentation für eine weitere Verschärfung der Abschottungspolitik genutzt.
Wer vegan lebt, möchte Leben bewahren und Leid mindern und stellt sich so an die Seite aller Verfolgten und Bedrängten. Die Politik der Flüchtlingsabwehr ist eine tiefgreifend inhumane Maßnahme, die die schlechtesten möglichen Eigenschaften des Menschen im Sinne von Kaltherzigkeit und Egoismus kultiviert und die positiven Verhaltenspotentiale von Mitgefühl und Hilfsbereitschaft zurückdrängt.
Eine eigene Umfrage bei den Mitgliedern unserer Gleichklang-Community hat gezeigt, dass Personen, die über ihr eigenes Liebesleben frustriert sind, eher dazu neigen, Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen und für eine harte Umgangsart mit ihnen einzutreten als Personen, die ihre Liebeserfahrungen positiv bewerten. Möglicherweise trifft dies auch für die (zum Glück wenigen) Veganer zu, die sich bei Facebook und Co derzeit als Fremdenfeinde outen und in Anbetracht des Leides der Flüchtlingen nicht diesen zu Hilfe eilen, sondern nach mehr Abschottung und Abschiebung rufen (ein Beispielprofil, welches pro-vegane Informationen mit fremdenfeindlicher Agitation verbindet, findet sich hier - die Verfasserin reagierte auf eine Interviewanfrage nicht). Solche "Veganer" erweisen dem Veganismus einen Bärendienst, indem sie - wohl aufgrund eigener Probleme - seine Basis von Mitgefühl und Solidarität verdecken und die vegane Lebensweise stattdessen genauso wie die omnivore Lebensweise als Ausdruck von Egoismus erscheinen lassen. Wer gegen Flüchtlinge hetzt, hat vorallem ein Problem mit sich selbst und vom Veganismus sicherlich nichts verstanden.
Die vegane Lebensphilosophie will Schutz- und Solidaritätsräume über die Artgrenzen hinaus ausdehnen, anerkennt dabei aber selbstverständlich im uneingeschränkten Sinne die Gültigkeit der Menschenrechte. Wer vegan lebt, möchte nicht mehr Schutz- und Lebensrechte für Tiere und weniger für Menschen, sondern mehr Schutz- und Lebensrechte für Menschen und Tiere. Mit Fremdenfeindlichkeit ist vegan unvereinbar. Der Platz aller Veganer ist an der Seite der Flüchtlinge und vor den Asylbewerberheimen, um diese vor Angriffen zu schützen.