Warum vegan in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindesalter?
Eltern nehmen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Geschmackspräferenzen und Essverhalten ihrer Kinder. Während dies allgemein akzeptiert wird, wird es aber bei Veganern kritisiert. Sie würden ihren Kindern ihr Essen aufzwingen. Tatsächlich beginnt die Herausbildung von Geschmackspräferenzen und Essverhalten bereits in einem Alter, indem die Ernährung noch vollständig von den Eltern oder den anderen Bezugspersonen bestimmt wird. Insofern steckt ein wahrer Kern in dem Vorwurf, nur dass er auf jeden zutrifft und sich vor allem gar nicht vermeiden lässt.
Unstrittig ist, dass eine gesunde vegane Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindesalter möglich ist. Während dies den weltweit größten ernährungswissenschaftlichen und kinderärztlichen Vereinigungen seit langem bekannt ist, hat dies vor Kurzem erstmals auch die konservative Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eingestanden. Zwar betont sie unnötigerweise mehr die Schwierigkeiten einer veganen Ernährung, als Hinweise für eine gesunde vegane Ernährung in diesen Entwicklungsstadien zu geben. Aber immerhin hat sie sich dazu durchgerungen, erstmals überhaupt Eltern Informationen an die Hand zu geben, wie sie ihre Kinder gesund vegan ernähren können.
Die Kritik, vegane Eltern würden durch vegane Ernährung ihren Kindern veganes Essen aufzwingen, ist insofern eigentlich keine spezifische Kritik gegen die vegane Ernährung von Kindern, sondern verweist nur schwach verdeckt auf eine Ablehnung der veganen Ernährung im Allgemeinen. Wäre es nicht so, müsste der gleiche Vorwurf gegen Eltern erfolgen, die ihre Kinder omnivor oder vegetarisch ernähren. Dies würde den Vorwurf dann schnell ad absurdum führen.
Gerade deshalb aber sollte die Kritik ernst genommen und auf sie angemessen reagiert werden. Es geht den Kritikern darum, den Veganismus zu schwächen, die einzig richtige Antwort kann daher nur sein, den Veganismus zu stärken und seine Kinder vegan zu ernähren.
Geschmackspräferenzen werden nach wissenschaftlichen Untersuchungen früh erlernt. Ein aktueller Übersichtsartikel im Fachjournal Appetite unter dem Titel „The role of food experience during early childhood in food pleasure pleasure“ macht dies noch einmal sehr deutlich. Bereits im Mutterleib werden erste Differenzierungen wahrgenommen, was sich nach Geburt über die Muttermilch verstärkt. Mit der ersten Zufütterung weiterer Nahrung nimmt die Bedeutsamkeit der ersten Essens- und Geschmackserfahrungen stark zu. Jetzt bilden sich Geschmackspräferenzen heraus, die oftmals ein Leben lang bestehen bleiben.
Fraglos können wir lebenslang lernen, aber tatsächlich werden wir weitaus stärker von unseren frühen Erfahrungen bestimmt als uns bewusst ist. Je mehr sich diese frühen Erfahrungen in Gewohnheiten verfestigen, desto schwerer wird es, sie abzulegen - und desto weniger Menschen tun dies. Die meisten bleiben bei ihren Gewohnheiten, und sei es aus Bequemlichkeit.
Das Heer der Übergewichtigen, der Zucker-, Weißmehl-, Fleisch- und Käsesüchtigen kann hiervon ein Lied singen. Womöglich wäre ihnen ihr Schicksal erspart geblieben, wenn ihre Eltern sich selbst oder wenigstens ihre Kinder anders ernährt hätten.
Kinder, die bereits im Kindesalter vegan leben, werden mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im Erwachsenenalter vegan lebenals Kinder, die mit Milch, Eiern und Fleisch ernährt wurden. Dies ist das eigentliche Ärgernis, was die Kritiker stört. Gesundheitliche Bedenken scheinen demgegenüber nur vorgeschoben, ansonsten müssten sich die Kritiker ja eher dazu berufen fühlen, veganen Eltern die gesunde vegane Ernährung ihrer Kinder zu erleichtern, anstatt ihnen das Schulessen zu streichen!
Vegane Eltern, die sich aus ethischen Gründen für den Veganismus entschieden haben, handeln folgerichtig und konsequent, wenn sie sich auch während Schwangerschaft und Stillzeit vegan ernähren und ihre Kinder zur veganen Ernährung anleiten. Indem sie so ihre Kinder in die auch spätere vegane Lebensweise natürlich und selbstverständlich hineinwachsen lassen, tun sie nicht nur ihren eigenen Kindern, sondern allen Kindern etwas Gutes. Schließlich ist eine omnivore Ernährung nicht nur mit Schäden für die Tierwelt, sondern ebenso mit Umweltschäden und damit Schäden für die Mitmenschen verbunden.
Vegane Eltern möchten demgegenüber, dass ihre Kinder eine Ernährung erlernen, die die natürlichen Ressourcen unseres Planetens schont, das Leben von Tieren respektiert und darüber hinaus aufgrund ihres sparsamen Umganges mit Ressourcen auch dazu beiträgt, Elend und Hunger in der Welt zu überwinden.
Es sind so in aller Kürze also vier Hauptgründe, die vegane Eltern dazu bringen, ihre Kinder ebenfalls vegan zu ernähren:
1.Veganer sind davon überzeugt, dass der Konsum von Tierprodukten moralisch nicht zu rechtfertigen ist. Sie wollen und können sich daher daran nicht beteiligen. Von Veganern zu verlangen, in Schwangerschaft und Stillzeit selbst Tierprodukte zu essen oder diese später ihren Kindern zu geben, kommt der Aufforderung gleich, ihre moralischen Werte über Bord zu werfen.
2.Veganer möchten ihre Kinder davor schützen, früh Geschmackspräferenzen für Tierprodukte zu erwerben, die sie dann erst später wieder mühsam verlernen müssen.
3. Veganer möchten ihren Kindern ein gutes Vorbild sein und diese Vorbildfunktion nicht dadurch schwächen, dass sie ihre eigenen moralischen Werte brechen. Dadurch würden sie ihren Kindern vermitteln, dass die moralischen Werte des Veganismus nicht zentral und auch nicht umsetzbar sind.
4. Veganer wollen das Vorurteil nicht auch noch bestätigen, dass eine vegane Ernährung angeblich nicht vollwertig und daher in bestimmten Phasen der menschlichen Entwicklung nicht möglich sei. Indem sie den längst erbrachten Beweisnoch einmal am praktischem Beispiel bekräftigen, dass eine gesunde vegane Ernährung in allen Phasen der menschlichen Entwicklung möglich ist, leisten sie einen wichtigen Beitrag für die Förderung der Ausbreitung der veganen Lebensweise.