Vegan in der Schwangerschaft ohne weiteres möglich
Eine →neue Studie hat untersucht, welche Auswirkungen eine Schwangerschaft mit veganer Ernährung auf das Geburtsgewicht der Neugeborenen hat. Hierzu wurden die Geburtsgewichte von Neugeborenen mit Müttern, die sich vegan ernährten, mit den Geburtsgewichten von Neugeborenen verglichen, deren Kinder sich vegetarisch oder omnivor (Mischkost mit Fleisch) ernährten. Die Studie untersuchte außerdem Häufigkeit und Dauer des Stillens bei den verschiedenen Ernährungsgruppen.
Die Ziele der Studie waren, bestehende Differenzen im Geburtsgewicht zwischen den Ernährungsgruppen zu erfassen, die Häufigkeit eines geringen Geburtsgewicht ([lt]2500 g) zu erheben und zwischen den Ernährungsgruppen zu vergleichen, sowie die Häufigkeit und Dauer des Stillens zu erheben und ebenfalls zwischen den Ernährungsgruppen zu vergleichen.
Die Studie schloss 47 Neugeborene mit veganer Ernährung der Mutter, 199 Neugeborene mit vegetarischer Ernährung der Mütter und 350 Neugeborene mit omnivorer Ernährung der Mutter ein. Alle Mütter waren Sieben-Tages-Adventisten, eine christliche Religionsgemeinschaft, die für ihre Mitglieder eine gesunde Lebensweise verpflichtend macht. Der Anteil von Veganern und Vegetariern ist bei den Sieben-Tages-Adventisten daher erhöht. Sieben-Tages-Adventisten eignen sich gut für Untersuchungen zu den Auswirkungen der veganen, vegetarischen und omnivoren Ernährung, zumal die Vergleichbarkeit der verschiedenen Ernährungsgruppen im Hinblick auf ein ansonsten positives Gesundheitsverhalten hoch ist.
Ergebnisse der Studie
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Das durchschnittliche Geburtsgewicht der Kinder veganer Mütter betrug 3.54 kg. Keines der Neugeborenen veganer Mütter wies ein geringes Geburtsgewicht auf.
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Das durchschnittliche Geburtsgewicht der Kinder vegetarischer Mütter betrug 3.38 kg. 4,7% der Neugeborenen vegetarischer Mütter wiesen ein geringes Geburtsgewicht auf.
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Das durchschnittliche Geburtsgewicht der Kinder fleischessender Mütter betrug 3.32 kg. 7,1% der Neugeborenen fleischessender Mütter wiesen ein geringes Geburtsgewicht auf.
Diese Unterschiede im Geburtsgewicht zwischen den Ernährungsweisen verfehlten allerdings knapp die statistische Signifikanz. Auch die Anzahl der Kinder mit geringem Geburtsgewicht unterschied sich nicht signifikant zwischen den Ernährungsweisen.
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Die durchschnittliche Dauer des Stillens betrug bei den Kindern veganer Mütter 12.8 Monate und schwankte zwischen 2 bis 36 Monaten
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Die durchschnittliche Dauer des Stillens betrug bei den Kindern vegetarischer Mütter 8,6 Monate und schwankte zwischen 1 bis 30 Monaten
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Die durchschnittliche Dauer des Stillens betrug bei den Kindern fleischessender Mütter 6,6 Monate und schwankte zwischen 1 bis 49 Monaten
Die statistische Auswertung zeigte, dass vegane Mütter ihre Kinder signifikant länger stillten als vegetarische Mütter, die ihre Kinder wiederum signifikant länger stillten als fleischessende Mütter. Vegane Mütter weisen demnach ein besonders günstiges Stillverhalten auf.
In der Diskussion stellen die Autoren fest, dass Neugeborene von veganen Müttern das höchste Geburtsgewicht aufwiesen, kein Kind ein zu geringes Geburtsgewicht hatte und vegane Mütter ihre Kinder zudem am längsten stillten. Neugeborene veganer Mütter zeigten insofern günstigere Werte in allen erhobenen Parametern als die Kinder vegetarischer und fleischessender Mütter, auch wenn die statistische Signifikanz bezüglich des Geburtsgewichts verfehlt wurde, was vermutlich durch die geringe Anzahl Neugeborener mit veganen Müttern in der Studie bedingt wurde.
Die Autoren gelangen zu dem Schluss, dass diese Befunde mit vorherigen Befunden im wesentlichen vergleichbar seien. So zeigten vorherige Studien, dass Kinder vegetarischer Mütter ein höheres oder gleiches Geburtsgewicht aufwiesen wie Kinder fleischessender Mütter. In der „Farm Study“, die Kinder veganer Mütter untersuchte, betrug das durchschnittliche Geburtsgewicht 3.39 kg. Fünf Prozent der Kinder wiesen in der “Farm Study“ ein geringes Geburtsgewicht auf, wobei der nationale Durchschnitt in den USA 8,1% beträgt. Ebenfalls wurde in der „Farm Study“ ein ausgeprägtes Stillverhalten veganer Mütter festgestellt, wobei 95% der Kinder veganer Mütter gestillt wurden, während der nationale Durchschnitt bei 75% liegt.
Aus der aktuellen Untersuchung ergeben sich keine Bedenken gegen eine vegane Ernährung während der Schwangerschaft. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren zusätzlich auf Studien hin, die negative gesundheitliche Auswirkungen von mütterlichem Fleischkonsum auf die Gesundheit ihrer Kinder nahelegen. So sei mütterlicher Fleischkonsum während der Schwangerschaft u.a. assoziiert mit höheren Raten von Gehirntumoren, Allergien, Heuschnupfen und Exzemen.
Abschließend verweisen die Autoren auf die Notwendigkeit, bei einer veganen oder vegetarischen Schwangerschaft gut auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 und Eisen zu achten.
Insgesamt ergeben sich aus dieser neuer Studie - wie auch aus vorherigen Studien - gute Nachrichten für die vegane Lebensweise. Es besteht offenbar kein Grund, in der Schwangerschaft von einer veganen Ernährung Abstand zu nehmen. Im Gegenteil, gibt es die begründete Aussicht, dass durch eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft die Gesundheit von Kindern gefördert werden kann, was aber natürlich nur dann gilt, wenn eine ausreichende allseitige Nährstoffversorgung sicher gestellt wird.
Die gegenteiligen Behauptungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage und können als ein Beispiel für eine antiquierte und fortschrittsfeindliche Grundhaltung ignoriert werden. Vegan lebenden Schwangeren und Eltern ist es stattdessen zu raten, sich an den Empfehlungen der Academy of Nutrition and Dietetics zu orientieren, die feststellen, dass eine gute geplante vegane Ernährung eine geeignete Ernährung auch für Schwangerschaft und Kindheit sei. Deutschsprachig können auch →Seminare des Institut für alternative und nachhaltige Ernährung empfohlen werden, die sich konstruktiv mit der veganen Ernährung in der Schwangerschaft auseinandersetzen und Mütter explizit dabei unterstützen, sich gesund vegan für sich selbst und ihre Kinder zu ernähren. Früher oder später wird sich die DGE im Sinne einer Anpassung an die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten dieser Einschätzung anschließen müssen.