Welche politische Grundeinstellungen führen zur Ablehnung des Veganismus
In einer neuen Studie, die vor Kurzem im European Journal of Social Psychology erschienen ist, wurden 1326 Menschen in Neuseeland zu ihren Einstellungen gegenüber Menschen, die vegetarisch oder vegan leben, sowie zu ihren politischen Grundeinstellungen befragt. Erfreuliches Ergebnis ist, dass überwiegend positive Einstellungen zur vegetarische und veganen Ernährung vertreten wurden.
Weniger erfreulich ist, dass Veganer kritischer bewertet wurden als Vegetarier. Zudem waren die Einstellungen von Männern zu Vegetariern und Veganern negativer als von Frauen.
Was sind aber die politischen Grundeinstellungen, die dazu führen, dass Veganer oder Vegetarier positiv oder negativ bewertet werden?
Die Studie untersuchte hier zwei bereits in der Forschung gut etablierte Konzepte, nämlich den Einfluss von rechtsgerichtetem Autoritarismus und sozialer Dominanzorientierung.
- Rechtsgerichtete Autoritarismus bezieht auf die Einschränkung der individuellen Freiheit durch Vorschriften, rigide Normen und Zwangsmaßnahmen. Dieses Streben steht vor dem Hintergrund eines ausgeprägten Strebens nach Sicherheit, weshalb mögliche oder vermeintliche Bedrohungen auf Kosten der individuellen Freiheit beseitigt werden sollen.
- Soziale Dominanzorientierung bezieht sich auf die Bejahung der Aufrechterhaltung oder Reetablierung von strikten Macht- und Einfluss-Hierarchien, wobei alle diejenigen, die hiervon abweichen als Dissidenten und Bedrohung wahrgenommen werden.
Rechtsgerichteter Autoritarismus und soziale Dominanzorientierung sind statistisch eng assoziiert mit Konservatismus als einer auf das Festhalten an bestehenden Strukturen und Traditionen ausgerichteten politischen Ideologie assoziiert. Komservatismus wiederum geht nach psychologischen Untersuchungen einher mit einer reduzierten Offenheit für neue Erfahrungen, was grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, beispielsweise dem Übergang zum Veganismus, entgegensteht.
Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass rechtsgerichteter Autoritarismus und soziale Dominanzorientierung mit negativen Einstellungen zu Minderheiten verschiedenster Art einhergehen, einschließlich ethnische Minderheiten, Flüchtlingen oder Homosexueller. Zudem haben vorherige Studien bereits einen Zusammenhang zwischen rechtsgerichtetem Autoritarismus und sozialer Dominanzorientierung mit Vorurteilen gegenüber Vegetariern nachgewiesen (siehe vorherige Artikel Studie zeigt, warum rechtsgerichtete Ideologie zu Tierausbeutung führt, Wer hat Vorurteile gegen Veganer?).
In der aktuellen Studie wurden diese Zusammenhänge erneut untersucht, wobei aber eine Unterscheidung zwischen Einstellungen zu Vegetariern und Veganern erfolgte.
Überprüft wurde dabei die Erwartung, dass Einstellungen zu Veganern negativer seien als zu Vegetariern und dass rechtsgerichteter Autoritarismus und soziale Dominanzorientierung mit zu diesen negativen Einstellungen führten.+
Eine weitere Hypothese der Autoren war, dass rechtsgerichteter Autoritarismus und soziale Dominanzorientierung ihrerseits bedingt würden durch die Wahrnehmung der Welt als gefährlicher Ort (dangerous world view) und die Ansicht, die Welt sei wie ein Jungle, indem jeder gegen jedem kämpfe (competitive jungle worldview). Die spezifischen Erwartungen waren hier, dass Personen, die die Welt als besonders gefährlichen Ort erleben, eher eine Neigung entwickeln, sich in rechtsgerichteten Autoritarismus als (vermeintliche) Möglichkeit, Sicherheit herzustellen, zu flüchten. Personen, die den Kampf aller gegen aller betonen (im Gegensatz zu Positionen, die auf Kooperation, Hilfsbereitschaft und Altruismus setzen), sollten demgegenüber mit einer stärkeren sozialen Dominanzorientierung reagieren, die der Bedrohung der eigenen Position durch Macht-Hierarchien Einhalt gebieten soll.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen tatsächlich auf, dass die Wahrnehmung der Welt als gefährlicher Ort und die Sichtweise der Welt als Kampf aller gegen alle mit negativeren Einstellungen zu Vegetariern und Veganern einhergehen.
Diese Effekte lassen sich aber gemäß der vorliegenden Analysen statistisch wiederum dadurch erklären, dass die Neigung zum dangerous world view in Übereinstimmungen mit den Untersuchungshypothesen zu erhöhtem rechtsorientiertem Autoritarismus und die Neigung zum competitive junge world view zu erhöhter sozialer Dominanzorientierung führt. Rechtsgerichteter Autoritarismus und soziale Dominanzorientierung bedingen dann ihrerseits gemäß der Analysen der Autoren negativere Einstellungen zu Vegetariern und Veganern.
Die in der Studie berichteten negativeren Einstellungen zu Veganern als zu Vegetariern lassen sich damit begründen, dass der Veganismus besonders stark von der gesellschaftlichen Mehrheitsgruppe abweicht und damit Veganer insbesondere durch Personen, die rechtsgerichtetem Autoritarismus anhängen und eine hohe soziale Dominanzorientierung aufweisen, als Bedrohung der Sicherheit und der etablierten Machthierarchie wahrgenommen werden.
Auch die negativeren Einstellungen von Männern im Vergleich zu Frauen zu Vegetarismus und Veganismus lassen sich mit diesem Modell erklären, da soziale Domianzorientierung und rechtsgerichteter Autoritarismus bei Männern im Durchschnitt stärker vorkommen als bei Frauen.
Resümee
Es liegt mittlerweile eine recht umfangreiche Befundbasis vor, die klar aufzeigt, dass rechtsgerichtetes politisches Denken der vegetarischen und veganen Lebensweise feindlich gegenübersteht. Rechtsgerichtetes Denken verweist insofern auf Einstellungen, die mit der veganen Lebensweise nicht kompatibel sind. Der derzeit zu beobachtende Rechtswende in den USA und in Europa ist insofern auch für die vegane Bewegung als ein hochgradig bedrohliches Phänomen zu bewerten.