Wir brauchen mehr Ungehorsam

Wir brauchen mehr Ungehorsam

Welt in der Klimakatastrophe

Hitzewelle, Dürrewellen, Waldbrände unvorstellbaren Ausmaßes, vertrocknete Gewässer. Rekordtemperaturen überall - in Pakistan mussten die Menschen bereits bei 50 Grad schmoren. Es wird immer klarer, dass wir auf dem Weg sind, dass sich die Worst-Case-Szenarien des Klimawandels erfüllen. Dabei steht nach neusten Studien mit der Umstellung auf eine vegane Lebensweise ein wirksames Instrument zur Verfügung, um einen Großteil des Klimawandels noch aufschieben zu können. Die Politik greift dies Instrument aber nicht auf, sondern treibt die Menschheit in eine brutale Klimaapartheid. Hiergegen kann nur noch ziviler Widerstand helfen.

Kurzzeitblick blendet Konsequenzen aus

Die Klimakatastrophe hat begonnen und wir sehen täglich ihre Folgen. Was aber machen Gesellschaft und Politik? Sie sorgen sich um das Gas und sie meinen, es gäbe genug Zeit, um Maßnahmen gegen den Klimawandel weiter aufschieben zu können.

Was wir hier - in geschichtsträchtiger Aktion - psychologisch sehen, ist dieTendenz des Menschen - und anderer Tiere - , sich an Kurzzeitkonsequenzen zu orientieren. Im Unterschied zu anderen Tieren, kann der Mensch aber als Langzeitkonsequenz die Welt zerstören und das macht die aktuelle Situation brandgefährlich.

Es geht um schnelle Belohnung oder Beseitigung kurzzeitiger Belastungen. Dafür werden negative Langzeitkonsequenzen in Kauf genommen, selbst wenn diese uns alle ins Grab bringen.

Wir erleben jeden Tag den sich verschärfenden Klimawandel live. Aber, solange wir noch am Strand liegen können und Hunger nicht in unsere Breiten einzieht, ist unsere Hauptsorge weiterhin das Gas im Winter und der Preis des nächsten Kurzurlaubes.

Dabei gibt es gute, hoffnungsfrohe, exzellente, rettende Nachrichten:

  • Eine neue Studie zeigt, dass ein schneller Ausstieg aus der Nutztierhaltung allein die Treibhausgaswerte für 30 Jahre stabilisieren und 68 Prozent der menschlichen CO2-Emissionen in diesem Jahrhundert ausgleichen könnte. Es gibt keinen anderen Faktor, der in solch rapider Geschwindigkeit wirken würde. Allein der Ausstieg aus der Nutztierhaltung in sich würde uns helfen, einen großen Teil des Klimawandels aufzuhalten bzw. Zeit zu gewinnen, um auch auf allen anderen Ebenen dem treibhaustreibenden Charakter unserer Lebensweise ein Ende zu bereiten.
  • Aber hier gehört auch der Befund einer weiteren Studie, dass es ohne eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte um 75 % in den wohlhabenden Ländern nicht möglich sein wird, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels aufzuhalten. Eine solche Reduktion würde übrigens die Wirtschaftlichkeit der Nutztierhaltung zum Einsturz bringen und damit der weltweiten Durchsetzung der veganen Lebensweise alle Tore öffnen. Schon heute lebt ein erheblicher Anteil der Nutztierhaltungs-Branche in den westlichen Industrieländern zu einem guten Teil von staatlichen Subventionen. Die Zerstörung unserer Umwelt bezahlt die Allgemeinheit, damit sie Milch- und Fleischprodukte konsumieren oder diese wegwerfen kann.

Während der Klimawandel uns sein Gesicht zeigt, zeigt uns die Wissenschaft einen Ausweg. Was aber macht die Politik, was machen die Grünen mit dieser guten Nachricht?

  • Gar nichts.

Sie reaktivieren die Kohle - nur übergangsweise heißt es - oder die Kernkraft, nur für kurze Zeit. Dabei hat Kernkraft einen enormen Bedarf an Kühlwasser, das aus den Flüssen stammt. Wir sehen es an der Oder, wie viel unsere Flüsse und Gewässer noch verkraften können. Immerhin, sie sprechen über unsere Duschzeiten! Aber an der Nutztierhaltung ändern sie nichts.

Wir erleben, wie die natürlichen Lebensressourcen unseres Planeten systematisch weiter zerstört werden und dies zur gleichen Zeit, wo die Folgen immer klarer werden. Es gibt eine Lösung, die aber konsequent ausgeblendet wird, stattdessen arbeiten sich Politiker:innen an Nebensächlichkeiten und Vertröstungen ab.

Es erinnert an den Tanz auf der Titanic - Normalprogramm bis zum Untergang.

Klima-Apartheid beginnt

Wir sehen aber noch etwas anders, dessen Zusammenhang zum Klimawandel vielleicht nicht jedem sofort klar ist:

Die Abschottungspolitik Europas verstärkt sich rasant.

Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock erklärte bei ihrem Griechenland-Besuch, dass die systematischen, anhaltenden und schweren Menschenrechtsverletzungen gegen Geflüchtete dort nur Einzelfälle seien.

Sie betonte zudem, dass sie sich mit der griechischen Regierung völlig einig sei.

Die Unteilbarkeit der Menschenrechte, die sie in ihren Reden herausstellt, für Baerbock endet diese Unteilbarkeit an den europäischen Außengrenzen.

Warum ich dies an dieser Stelle schreibe, wo es um den Klimawandel geht?

Der Klimawandel wird nach allen Szenarien riesige Fluchtbewegungen auslösen. Es werden Menschen in einer Anzahl fliehen, die alles übersteigen wird, was wir derzeit erleben.

  • Wie aber werden die wohlhabenden Staaten auf diese Massenflucht reagieren, wo sie bereits jetzt - ohne Not - Menschen sterben, zurücktreiben, verfolgen oder Milizen ausliefern lassen?
  • Wie werden sie dereinst reagieren, wenn hunderte Millionen Menschen auf der Flucht sein werden, wenn sie doch bereits jetzt selbst den Tod kleiner Kinder als Kollateralschaden ihrer Abschreckungspolitik in Kauf nehmen?

Ich denke, wir können die brutale Abschottungspolitik Europas nur als eine Vorbereitung auf eine noch brutalere Abschottung verstehen. Der Klimawandel wird nicht begrenzt, schließlich wird er nur noch gemanagt werden können und die Folgen heißen Apartheid. Sie hat bereits begonnen.

Die verfehlte Klimapolitik wird in Konsequenz zu einer Brutalisierung unserer Gesellschaften gegenüber Menschen führen, wie wir sie in dieser Brutalität derzeit nur im Umgang mit Tieren kennen.

Europa wird die hunderten Millionen Menschen nicht hereinlassen, sondern sie an seinen Außengrenzen sterben lassen, oder ihnen gar - im Sinne der Verteidigung seiner Grenzen - den Gnadenschuss geben. Wenn es zu den prognostizierten Massenfluchten kommt, könnten wir Massaker erleben.

"There is no plan B",  sagte Greta Thunberg. Ich glaube, Sie hat recht und unrecht zugleich. Es gibt keinen ausformulierten oder beschlossenen Plan, aber es gibt einen Plan, der sich immer mehr über die Ereignisse entwickelt. Er ist noch implizit, aber wird zunehmend explizit und er heißt "Apartheid".

Die Zeit läuft ab

Es ist nicht fünf vor 12, es ist bereits nach 12.

Der Klimawandel ist unaufhaltsam. Er kann aber noch deutlich entschleunigt, verzögert und gemildert werden. Er könnte, wenn wir wollten.

Das Instrumentarium ist bekannt:

  • Ausstieg aus der Nutztierhaltung und die Etablierung der veganen Ernährung.

Die Industriestaaten, die die allergrößte Verantwortung für den Klimawandel tragen, müssen mit gutem Beispiel vorangehen und den anderen Staaten die Umstellung finanzieren - nicht als Unterstützung, sondern als Wiedergutmachung.

Die Nutztierhaltungs-Industrie hat diese Welt bereits in ein Schlachthaus verwandelt. Mit dem maßgeblich durch sie erzeugten Klimawandel drohen die letzten Reste der Fassade der Menschlichkeit, die es noch gibt, einzureißen.

Die Politik und die Mehrheit der Bevölkerungen steuern sehenden Auges in die Katastrophe. Oder sie sehen nicht, weil sie nicht sehen wollen, sondern den Kopf in den Sand stecken.

Wie aber soll eine Wende gelingen, wenn selbst die, die mit Klimapolitik antraten und die Wahlen gewannen, den Kurs unverändert in Richtung Katastrophe halten?

Das Paradoxe ist, dass wir eigentlich kurz vor der Lösung der größten Probleme stehen. Denn die Entwicklung von immer mehr und besseren pflanzlichen Alternativen und von kultiviertem Fleisch, Fisch und Milch wird dazu führen, dass am Ende die Argumente für die Fortsetzung der Tierausbeutung wegfallen.

Aber die Zeit ist nicht mehr da für eine evolutionäre Entwicklung. Wir können keine weiteren 10 Jahre warten. Wir können gar nicht mehr warten - die Hitzewellen lassen grüßen - wir müssen den Kurs sofort ändern oder wir enden in der Katastrophe.

Es gibt jedoch keinen Grund für Illusionen:

  • Die Politik ist zu einem Kurswechsel nicht bereit.

Hinter der Politik stehen keine magischen Kräfte, keine übermenschlichen Gebilde, sondern einzelnen Menschen. Diese denken an heute und morgen, vielleicht an die nächsten Wahlen, an eigene Ämter und Karriere, an übermorgen denken sie nicht oder sie schieben den Seiten schnell beiseite, wenn er aufkommt. Wie wäre es sonst zu erklären, was sie unterlassen?

Ungehorsam werden!

Das Instrumentarium steht bereit, jetzt muss es nur noch genutzt werden. Freiwillig tut die Politik dies aber nicht, sie muss gezwungen werden.

In Anbetracht der bereits begonnenen Katastrophe können wir nur noch auf den Widerstand derjenigen Bevölkerungsteile zählen und ihn organisieren, die nicht bereit sind, diese Katastrophe hinzunehmen. Wir müssen mit denen gemeinsam handeln, die nicht in einer Klima-Apartheid leben wollen und für die die Menschenrechte tatsächlich unteilbar sind.

Wir brauchen einen außerparlamentarischen Protest, der nicht nur demonstriert, sondern tatsächlichen und vereinten zivilen Widerstand leistet gegen diejenigen, die uns in den brutalen Abgrund führen.

Was wir von den 68ern, der Anti-Atombewegung und der Friedensbewegung kannten, muss reaktiviert und übertroffen werden, damit die Menschheit diesen Kampf gegen den eigenen Untergang oder eine brutale Klima-Apartheid gewinnen kann.

Wir brauchen mehr Ungehorsam, jetzt und sofort. Ansätze hierfür sind mit Extinction Rebellion und der "letzten Generation" vorhanden, aber sie genügen noch nicht, wenn wir das Schlimmste verhindern wollen.

Es ist an der Zeit, dass die vegane Bewegung mehr tut, als sich an neuen veganen Produkten oder Cafe´s zu erfreuen. Leider haben wir nicht mehr die Zeit, abzuwarten, bis sich die vegane Sache quasi ganz natürlich über Jahrzehnte durchsetzen wird. Die vegane Bewegung muss daher Teil des zivilen Widerstandes werden und ihn mit organiseren.

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